Maria Catharina Textor Maria Catharina Textor, verh. Telemann
(1697–1775)
zweite Frau Georg Philipp Telemanns
Rathausmarkt
Auf dem heutigen Rathausmarkt, dort wo bis 1840 die Gelehrtenschule des Johanneum stand, spielte sich in der Kantorenwohnung in einem unscheinbaren Fachwerkbau ein Ehedrama ab, das bald zum Stadtgespräch wurde. Denn hier lebte der prominente Musikdirektor und Komponist Georg Philipp Telemann (1681–1767) mit seiner zweiten Ehefrau Maria Catharina Textor und den Kindern. Seine erste Frau, die „Cammer Jungfer“ Amalie Louise Eberlin (1681–1711) war im Kindbett gestorben. 1712 war Telemann staatlicher Musikdirektor in Frankfurt am Main geworden und hatte zwei Jahre später als 33-jähriger Witwer und Vater einer Tochter die sechzehn Jahre jüngere Maria Catharina Textor geheiratet. Die junge Frau entstammte dem gehobenen Bürgertum und war die Tochter des „Andreas Textor, Bürger und Ratskornschreiber in Frankfurt am Main, ehemaliger Auditeur im kurpfälzischen Jungheimischen Dragonerregiment, und Anna Clara geb. Clauer“. (Wolf Hobohm (Hrsg.): „...aus diesem Ursprunge“. Dokumente, Materialien, Kommentare zur Familiengeschichte Georg Philipp Telemanns. In: Magdeburger Telemann-Studien XI. Magdeburg 1988.)
Maria Catharina Textor und Georg Philipp Telemann bekamen neun Kinder. Doch die Ehe schien nicht glücklich zu sein. So beschwerte sich Georg Philipp Telemann 1740 in seiner Lebensbeschreibung darüber, dass ihm seine Ehefrau eine attraktive Berufschance verpatzt und ihn zunächst in Frankfurt gehalten hatte, weil sie in ihrer Heimatstadt bleiben wollte: „Indeß wußte eine winselnde Ehegattin nebst der Beredsamkeit meiner Verwandten und Bekannten, mich durch Scheingründe auf andere Gedanken zu bringen, und gab daher manchen Anlaß zu glauben, daß ich jetzt die Hauptthorheit bezahlet hätte, die ein jeder der Welt schuldig ist: in dem ich wieder nach Frankfurt ging.“ Sieben Jahre nach der Heirat mit Maria Catharina Textor verließ das Paar schließlich doch Frankfurt, denn Telemann hatte in Hamburg eine attraktive Stelle als städtischer Musikdirektor erhalten.
Auf dramatische Szenen einer Ehe deutete 1724 eine Satire im „Patrioten“ und ein Marionettenspiel hin, das zur Oper „Don Quixotte im Mohren-Gebürge“ aufgeführt werden sollte – aber verboten wurde. Hier wurde Maria Catharina Untreue unterstellt, weil sie ihrem Mann „die Farbe nicht hielt“. Aber auch Georg Philipp schien kein Musterbeispiel ehelicher Tugend gewesen zu sein. So wurde er im Gewand eines gwissen Kilian vorgeführt, „(...) als wie ein alter Hirsch“ in der Zeit der Brunst „mit seiner Heerde Hindinn an der Seit“.
Das Paar trennte sich. Auch auch nach dem Ende der Ehe hörte der Streit zwischen den beiden nicht auf. Wie auch heute oft leider üblich, verweigerte der Ex-Gatte die Unterhaltszahlung. Der Blick in die „Historische Beschreibung der Witwen-Cassa beym Hamburgischen Johanneo“ – eine Witwenkasse, die 1735 gegründet wurde – belegt das: „Es hat zwar H.Telemann diesen Articul mit unterschrieben, weil er aber in Uneinigkeit mit seiner Frau gelebet, auch nachgehends a thoro et mensa von ihr geschieden worden, so hat er die beliebte Zulage niemahl entrichtet, und deswegen auch seine künftige Witwe und Kinder von den beneficiis ausgeschlossen worden.“ (Zit. nach: Joachim Kremer: Das norddeutsche Kantorat im 18. Jahrhundert. Untersuchungen am Beispiel Hamburgs. Kieler Schriften zur Musikwissenschaft Bd. XLIII. Kassel, Basel etc. 1995.)
In einem Brief vom 1.9.1736 an Johann Reinhold Hollander, einem Handelsherrn in Riga, gab Telemann einen Hinweis auf die, seiner Meinung nach, vorhandene Verschwendungssucht seiner Ehefrau und auf seinen Schuldenberg. „Mein Zustand steht anitzt noch ziemlich zu ertragen. Die Frau ist von mir weg und die Verschwendung aus. Kann ich der Schulden mich von Zeit zu Zeit entschlagen, so kehrt das Paradies von neuem in mein Haus (...) Sie belaufen sich annoch auf etwa 1400 Rthl.“
Wohin Maria Catharina nach ihrer Scheidung zog, ist ungeklärt. Vielleicht lebte sie noch einige Jahre in der Nachbarschaft ihres Mannes und betreute ihre Kinder, ehe sie zu ihrer Familie nach Frankfurt zurückkehrte. Gewiss ist nur, dass sie dort am 7.6.1775 im Dominikanerkloster begraben wurde.
Text: Dr. Birgit Kiupel