Eva König Eva König, geb. Hahn
(22.3.1736 Heidelberg – 10.1.1778 Wolfenbüttel)
verheiratet in zweiter Ehe mit Gotthold Ephraim Lessing
Fabrikantin
Neuer Wall (Wohnadresse)
Namensgeberin für: Eva-König-Bogen
Geboren wurde Eva Hahn in einem dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshaus in der Heidelberger Hauptstraße 169. Ihr Vater Heinrich Caspar Hahn war Tuchhändler, ihre Mutter Eva Catharina Hahn, geb. Gaub, Tochter eines Hutmachers. Das Ehepaar bekam sieben Kinder, von denen zwei nur kurz lebten. Heinrich Caspar Hahn starb, als seine Tochter Eva zwei Jahre alt war. Aus dieser Erfahrung heraus schrieb sie Lessing zum Tod seines Vaters: „Sie haben ein Glück gehabt, das wenig Menschen zu Theil wird: Ihren Vater so lange zu behalten, bis es nach dem Lauf der Natur fast nicht mehr möglich ist. Ich Unglückliche! Habe den meinigen gar nicht gekannt. Ich muß nun hiervon abbrechen.“ (30.9.1770).[1]
Eva Hahn erfuhr eine gute Erziehung und Bildung. Trotz des frühen Todes des Vaters blieb die Familie in vermögenden Verhältnissen. Im Alter von achtzehn Jahren lernte Eva Hahn auf der Hochzeitsfeier ihrer drei Jahre älteren Schwester ihren ersten Mann Engelbert König (21./22.10.1728 Lüttringhausen – 20.12.1769 Venedig) kennen. Er war in Hamburg Samt- und Seidenhändler und besaß in Wien eine Samt- und eine Tapetenfabrik. Das Paar wohnte in Hamburg zuerst in der Nähe der Börse, später am Neuen Wall, und bekam zwischen 1757 und 1768 sieben Kinder. Drei von ihnen starben bald nach der Geburt. Das Paar führte ein gastfreundliches Haus, in das es regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, Dichter und Schauspielerinnen und Schauspieler einlud, so auch Lessing. Zwischen ihm und dem Hausherrn entwickelte sich eine enge Freundschaft. Als Engelbert König unerwartet während einer Geschäftsreise in Venedig an einer Darmerkrankung mit Darmverschluss starb, kümmerte sich Lessing um Eva König. In geschäftlichen Dingen vermochte er ihr jedoch nicht zu helfen. Eva König übernahm die Geschäfte ihres Mannes, reiste auf Messen, führte die Seiden- und Tapetenlager und leitete die Wiener Samt- und Tapetenmanufaktur. Damit war sie eine der wenigen Manufakturbesitzerinnen des 18. Jahrhunderts. Die Manufaktur war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit 64 Gesellen, Seidenwinderinnen und Lehrjungen und mit 36 Stühlen und 15 Maschinen die zweitgrößte Seidenmanufaktur Österreichs. Eva König legte allen unternehmerischen Geist daran, die Manufaktur noch weiter auszubauen.
Lessing und Eva König verliebten sich ineinander. Doch wegen der vielen Geschäfte, die Eva König in Wien tätigen musste, sahen sich die beiden Liebenden nur sehr selten. Ebenso wegen der Geschäfte musste Eva König ihre Kinder oft sehr lange in fremde Obhut geben.
1771, als sie sich während einer Rückreise von Wien nach Hamburg bei Lessing in Braunschweig aufhielt, machte er ihr einen Heiratsantrag. Allerdings nahmen sie sich vor, noch vor der Hochzeit, ihre finanziell ungesicherten Verhältnisse zu bereinigen. So versuchte Eva bei ihrem letzten Wienaufenthalt, der drei Jahre dauerte und in denen sie weder ihre Kinder noch ihren Geliebten sah, die gewinnbringenden Seiden- und Tapetenmanufakturen zu verkaufen, was auch gelang. In diesen drei Jahren hielt das Liebespaar den Kontakt zueinander über Briefe aufrecht. Allerdings vergingen oft Monate, bis Lessing einen Brief von Eva König erwiderte.
Am 10. August 1771 schrieb Eva König aus Hamburg an den in Wolfenbüttel weilenden Lessing: „Mein lieber Freund! (...). Machen Sie, daß Sie bald kommen, sonst kommt eine ganze Ladung Frauenzimmer, um Sie abzuholen. Ich denke, dies ist die härteste Drohung, die ich Ihnen machen kann. Denn eben lege ich Ihre Sinngedichte aus den Händen, und bin in meiner längst gehegten Meinung – Sie seyen ein Erzweiberfeind, nun völlig bestärket. Ist es aber nicht recht gottlos, daß Sie uns bei allen Gelegenheiten so herunter machen! Sie müssen an verzweifelt böse Weiber gerathen sein. Ist dieses, so verzeihe ich Ihnen, sonst aber müssen Sie wahrhaftig! für alle die Bosheit, so Sie an uns ausüben, noch gestrafet werden. Das Mädchen, das Sie sich wünschen, sollen Sie wenigstens nie finden. Aber nun im Ernste. Wenn kommen Sie denn? Sie müssen es mir wirklich schreiben. Ich verspreche Ihnen nicht entgegen zu kommen, wenn Sie es nicht haben wollen, und es auch keinem Menschen zu sagen. Ich wollte es nur wissen, um mich auf den gewissen Tag recht freuen zu können – Ob Sie bei mir logiren wollen, stelle ich in Ihren Willen. Sie können Ursache haben, warum Sie es nicht tun wollen. Ich habe keine, die mich abhält, es zu wünschen. (...) Leben Sie recht wohl! Ich bin Dero aufrichtigste Freundin E.C. König.“[2]
Die Historikerin Eva Horvath charakterisierte den Briefwechsel zwischen Lessing und Eva König in ihrem Aufsatz über die drei Frauen Meta Klopstock, Eva König und Elise Reimarus, die sie in Beziehung zueinander setzte: „Hinter dem scheinbar sachlichen, fast nüchternen und gefaßten Ton der Briefe verbergen sich unermeßliche Sehnsucht, Liebe und gegenseitiger Respekt. Unverborgen ist dagegen die fast den ganzen Briefwechsel beherrschende gegenseitige Sorge wegen der häufig angegriffenen Gesundheit der Partner. Bedrückend sind die Berichte über die verschiedenen Unternehmungen, um die finanziellen Sorgen zu lösen. In den gewandt formulierten Briefen Evas widerspiegeln sich die Gedanken einer reifen, verantwortungsbewußten und an praktischen Dingen orientierten Frau. Ihr ist die Schwärmerei der Meta Moller völlig fremd. Güte, Wärme und Zurückhaltung bestimmen ihren Charakter. Trotzdem kommt in den spärlichen Worten ihre Zuneigung und Liebe Lessing gegenüber stets zum Ausdruck.“[3]
Lessing hielt das Getrenntsein nicht aus. Er verfiel immer mehr in eine schon lange währende Melancholie, bekam Schreibblockaden und ging noch lustloser seiner Arbeit als Bibliothekar in Wolfenbüttel nach. 1775 setzte er sich kurzentschlossen in eine Postkutsche und reiste zu Eva König nach Wien. Ein Jahr später heirateten sie endlich. Die Hochzeit fand in York im Haus ihres Freundes Johannes Schuback (1732-1817) statt. Danach zog das Paar mit dreien von Eva Königs Kindern aus erster Ehe nach Wolfenbüttel, wo es eine glückliche Ehe führte, die durch den Tod Eva Königs jäh beendet wurde. Sie starb am 10. Januar 1778 am Kindbettfieber, nachdem sie am 25. Dezember 1777 mittels einer Zangengeburt einen Sohn geboren hatte. Das Kind lebte nur einen Tag.
Nach dem Tod seiner Frau schrieb Lessing an Elise Reimarus: „Ich muß ein einziges Jahr, das ich mit einer vernünftigen Frau gelebt habe, theuer bezahlen (…). Wie oft möchte ich es verwünschen, daß ich auch einmal so glücklich seyn wollen, als andere Menschen!“ (Brief vom 9.8.1778)[4]
Text: Rita Bake