Molly Cramer
(25.6.1852 Hamburg - 18.1.1936 Hamburg)
Schwester: Helene Cramer
Malerin
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Historische Grabsteine)
Karlstraße 18 (Wohnadresse)
Erst nach dem Tod ihres Vaters, des vermögenden Kaufmanns Cesar Cramer, konnten sich die beiden Schwestern Helene und Molly Cramer ihren Lebenstraum erfüllen und ihre Ausbildung als Malerinnen beginnen, denn der Vater war stets gegen diesen Beruf gewesen. So begannen die Schwestern 1883, ein Jahr nach dem Tod des Vaters, mit ihrer Ausbildung. Damals war Helene bereits 39 und Molly 31 Jahre alt.
Da in der damaligen Zeit eine Berufsausübung für bürgerliche Frauen noch als Ausnahme galt, und künstlerisch veranlagte Frauen des Bürgertums ihr Können meist nur dilettantisch ausübten, nicht aber als Beruf, waren die Schwestern Molly und Helene Cramer eine Ausnahme. Sie „wollten ihre Kunst nicht dilettantisch betreiben, sie wollten leisten, was sich erreichen lässt, und mit großer Energie sind sie an ihre Studien gegangen und haben ihre Kunst immer von diesem Gesichtspunkt betrachtet“, schrieb die Frauenrechtlerin und Schriftleiterin der Zeitschrift Frau und Gegenwart, Frieda Radel im Hamburgischen Correspondenten vom 13. September 1904.
Helene lernte in Hamburg bei Carl Oesterley - ein in Hamburgs gutbürgerlichen Kreisen geschätzter Landschaftsmaler - und bei Carl Rodeck, der bekannt war für seine Darstellungen von Hafen und Stadt. Molly begann ihre künstlerische Ausbildung bei dem bekannten Zeichner Alt-Hamburger Szenen, Theobald Riefesell und den Malern Hinrich Wrage und Carl Rodeck.
Ab 1886 begann Helene Cramer ihre Bilder in ganz Deutschland und im Ausland auszustellen. Ihre Schwester tat dies deutschlandweit ab 1888.
Daneben bildeten sich die Schwestern weiter: Helene setzte ihre Studien 1887 in Den Haag bei Marguerite Roosenboom fort, die damals die bedeutendste holländische Blumenmalerin war. Um 1890 ging Helene mit ihrer Schwester Molly nach Antwerpen und lernte bei Eugène Joors Blumenstillleben unter Einfluss der alten holländischen Schule.
Dieses Thema verfolgten die Schwestern konsequent weiter. Damit trafen sie den Geschmack des damaligen Direktors der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark. 1895 erwarb er sogar für die von ihm begründete „Sammlung von Bildern aus Hamburg“, die die Entfaltung einer modernen Hamburgischen Kunst befördern sollte, für die Hamburger Kunsthalle je ein Blumenstillleben von Helene und Molly Cramer. Dazu schrieb er an die ‚Commission für die Verwaltung der Kunsthalle’: „Der Ankauf der Blumenstücke von Frl. Molly und Helene Cramer durch die Kunsthalle hat mich so herzlich gefreut (...). Einmal war es mir eine Genugthuung für die beiden Damen, die es mit der Kunst so ernst nehmen, wie wenige, die sich auf ein Gebiet, das dem Talente der Frau vor Allem zusagt, weise beschränkt haben, die jetzt in Deutschland die ersten in ihrem Fache sind, und die in Hamburg ihrem Werthe nach nicht anerkannt werden“ [1].
Helene Cramer zeigte in ihren späteren Werken auch impressionistische Tendenzen. Auch Molly beschäftigte sich mit dem Impressionismus und erweiterte ihr Können auch auf Landschafts- und Portraitmalerei.
1892/93 wurden die Schwestern Mitglieder im Verein der Berliner Künstlerinnen. Zwei Jahre später begannen sie in ihrem Elternhaus auf der Uhlenhorst, Karlstraße 18 gesellige Kulturabende und Diskussionsrunden zu veranstalten.
1895 fuhren die Schwestern mit Arthur Illies und Ernst Eitner zur Großen Kunstausstellung nach Paris. Danach folgten mehrere Auslandsaufenthalte in Paris und London.
Molly und Helene Cramer konnten es sich finanziell leisten, Ernst Eitner zu fördern und ihm auch die gemeinsame Reise zur Kunstausstellung nach Paris zu ermöglichen. Daneben wurden die Schwestern ab 1897 zu Gönnerinnen des „Hamburgischen Künstlerclubs von 1897“, in dem u.a. Arthur Illies und Ernst Eitner Mitglied waren und der ein Zusammenschluss der damaligen jungen Künstler Hamburgs war. Eine Mitgliedschaft lehnten die Schwestern jedoch ab, beteiligten sich aber mit ihren Werken an den Ausstellungen des Künstlerclubs. Mitglied wurden sie hingegen im Jahre 1900 in der Münchener Künstlergenossenschaft.
Der Hamburger Kunstverein verloste 1895 Molly Cramers Pastell „Austernschalen“ und 1903 ihr Bild „Primeln“. Helenes Bild „Rosen“ wurde 1900 im Hamburger Kunstverein verlost, und ihr Werk „Primeln“ kam 1911 in die Weihnachtsverlosung des Hamburger Kunstvereins.
Molly Cramer schenkte 1916 der Hamburger Kunsthalle 500 Mark, so dass damit der Ankauf eines Aquarells von Max Slevogt ermöglicht wurde.
„Das künstlerische Ziel von Helene und Molly Cramer war ‘nicht etwa niedliche Damenmalerei’. Alfred Lichtwarks Vision eines heimatverbundenen Naturalismus’ als Grundlage einer neuen Kunst und ihr ungewöhnliches, emanzipiertes Selbstbewusstsein haben die Schwestern zu einer - heute vollkommen vergessenen - Ausnahme innerhalb der Hamburger Kunstgeschichte werden lassen (...)“ [1].
Vier Jahre nach dem Tod ihrer Schwester Helene trat Molly 1920 der Hamburgischen Künstlerschaft bei. Sie überlebte ihre Schwester Helene um 20 Jahre.
Text: Rita Bake