Wilhelmine Schröder-Devrient Wilhelmine Schröder-Devrient, geb. Schröder
(6.12.1804 Hamburg – 26.1.1860 Coburg)
Sopranistin
Dammtorstraße, Stadttheater (Wirkungsstätte)
Wilhelmine Schröder-Devrient war die erste große Sängerin-Schauspielerin überhaupt. In ihr schien sich das Erbe ihrer Eltern, des Baritons Friedrich Schröder und der berühmten Tragödin Sophie Schröder, in wunderbarer Weise zu vereinigen. Indem sie auf die Darstellung einer Rolle ebenso viel Gewicht legte wie auf den Gesang, inspirierte sie Komponisten zu ganz neuen Gestaltungen. Wagner erkannte das in seiner ihr gewidmeten Schrift „Über Schauspieler und Sänger“ dankbar an.
Bereits als Kind stand Wilhelmine in Hamburg im Schauspiel und im Ballett auf der Bühne. Doch 1821 debütierte sie zur Überraschung aller am Theater am Kärntnertor in Wien als Pamina in Mozarts „Zauberflöte“als Sängerin.
Als ein Jahr später Carl Maria von Weber seinen „Freischütz“ dirigierte, öffnete sie ihm mit ihrer Darstellung der Agathe Augen und Ohren für seine eigene Komposition: Sie hatte mehr in diese Rolle hineingelegt, als er darin vermutet hatte. Im selben Jahr verhalf sie Beethovens „Fidelio“, in dem 1805 und 1806 mit mäßigem Erfolg Anna Milder-Hauptmann die Partie der Leonore gesungen hatte, zum Durchbruch. Beethoven hatte sich zunächst dagegen gesträubt, dass „ein Kind“ die Leonore in der Festoper anlässlich des Namenstages der Kaiserin singen sollte. Der schon taube Komponist konnte die Stimme der Sängerin nicht mehr hören, aber er sah sie, und am Ende sollen seine finsteren Augen ihr zugelächelt haben, und, ihr freundlich dankend die Wange klopfend, soll er ihr versprochen haben, eine neue Oper für sie zu komponieren. Richard Wagner, dem sie erstmals 1835 begegnete, schrieb ihr, dass ihre Verkörperung der Leonore in ihm das entscheidende Gefühl geweckt habe, dass er zum Opernkomponisten berufen sei. Wilhelmine Schröder-Devrients Leonore, die Rolle der treuen und mutigen Gattin des sich gegen Tyrannenherrrschaft auflehnenden Florestan (Wahrheit wagt ich kühn zu sagen – und die Ketten sind mein Lohn), ist in die Geschichte der Gesangskunst eingegangen. 1833 gastierte sie in dieser Rolle in Hamburg.
Von 1822 bis 1847 gehörte die Sängerin zum Ensemble der Dresdner Hofoper, wo sie 1823 den Schauspieler Karl August Devrient heiratete. Vier Kinder wurden dem Paar bis zu seiner Ehescheidung im Jahre 1828 geboren. In den 1830-er Jahren gastierte Wilhelmine Schröder-Devrient in Berlin, Paris und London. In Dresden war sie maßgeblich an der Überleitung der Ära Webers zu Wagner beteiligt. Sie sang die Partie des Adriano im „Rienzi“, die Senta im „Fliegenden Holländer“ und die Venus im „Tannhäuser“. 1847 gab sie in Dresden ihre Abschiedsvorstellung in der Titelpartie von Glucks „Iphigénie en Aulide“, ebenfalls eine ihrer Glanzrollen.
In zweiter Ehe war die Sopranistin von 1847 bis 1848 mit dem sächsischen Offizier Herrn von Döring, verheiratet, einem Mann, der sie um Gesundheit, Vermögen und künstlerischen Ruf brachte. Wegen ihrer Beteiligung am Dresdner Maiaufstand von 1849 wurde sie aus Sachsen ausgewiesen, durfte aber später nach Dresden zurückkehren. 1850 heiratete sie den livländischen Baron Heinrich von Bock, konnte das ruhige Landleben auf Trikaten dauerhaft aber nicht ertragen und ging immer wieder nach Deutschland. Wilhelmine Schröder-Devrient starb 1860 überraschend während eines Besuchs bei ihrer Schwester Auguste, die als Schauspielerin am Hoftheater in Coburg wirkte. Sie wurde auf dem Trinitatis-Friedhof in Dresden beigesetzt.
Text: Brita Reimers