Erna Halbe Erna Halbe, geb. Demuth in zweiter Ehe verheiratete Rehberg, in dritter Ehe verheiratete Lang
(30.6.1892 Hamburg – 1983 Frankfurt a. M.)
Politikerin, Gründungsmitglied der Hamburger Linksradikalen, einzige Frau in der Exekutive des Arbeiter- und Soldatenrates.
Ehemaliges Verwaltungsgebäude der Oberschulbehörde Dammtorstraße 25 (Wirkungsstätte)
Siehe zu ihr unter: Erna Halbe
Ein besonderer „Hingucker“ ist in der Dammtorstraße das ehemalige Verwaltungsgebäude der Oberschulbehörde. Mit seinem Erker und dem Zwillingsgiebel hebt es sich von den anderen Gebäuden in dieser Straße ab.
Die Oberschulbehörde hatte erst seit einigen Jahren in diesem Gebäude ihre Räume bezogen, als 1918 die Novemberrevolution ausbrach und die Revolutionäre des Arbeiter- und Soldatenrats eine Kommission für das Unterrichts- und Bildungswesen mit Sitz in der Oberschulbehörde schufen. Erna Halbe, einziges weibliches Mitglied der Exekutive des Arbeiter- und Soldatenrats, wurde in die Kommission gewählt, deren Aufgabe es war, die Arbeit der Verwaltungsbehörden zu kontrollieren. Doch die meisten Kommissionsmitglieder hatten wenig Kenntnis von Verwaltungsabläufen. Und so gelang es der Oberschulbehörde, sich weitgehend den vom Arbeiter- und Soldatenrat geforderten Reformen zu entziehen. Dazu wandte sie folgende Taktik an: Forderungen des Arbeiter- und Soldatenrates, die der Behörde nicht wichtig erschienen und die das bestehende Schulsystem in seinen „Grundfesten“ nicht antasteten, wurden befolgt, tiefgreifende Veränderungen dagegen verzögert, hinausgeschoben oder nicht bearbeitet.
Erna Halbe äußerte sich in späteren Jahren zu den damaligen Handlungsmöglichkeiten des Arbeiter- und Soldatenrates: „Der Exekutive des Arbeiterrates gehörten achtzehn Betriebsdelegierte und jeweils drei Vertreter der SPD, USPD, der Linksradikalen und des Gewerkschaftskartells an. Ich war die einzige Frau. Wir arbeiteten eng mit dem Soldatenrat zusammen. Unser Präsidium und deren sogenannter ‚Siebener Ausschuß‘ bildeten den Arbeiter- und Soldatenrat von Groß-Hamburg. Vorsitzender war Heinrich Laufenberg, der zu uns Linksradikalen gehörte. (...) Wir haben zwar die Bürgerschaft abgesetzt, aber letztlich mußten wir deren Verwaltungstätigkeit zulassen. Wir mußten ja dafür sorgen, daß alles weiter lief. Das Hauptproblem war die Nahrungsmittelversorgung. (...) Wir haben Tag und Nacht gesessen und beraten, was machen wir (...). Wir hofften auf eine richtige Revolution. Alles sollte anders, gerechter werden. (...) Ich habe vor allem sozialpolitische Fragen beantwortet. (...) Der große Rätekongreß in Berlin am 18. Dezember 1918 hat durch seinen Beschluß, im Januar 1919 Wahlen für die Nationalversammlung einzuberufen, letztlich die Arbeiter- und Soldatenräte entmachtet. Die Sozialdemokraten, die auf dem Kongreß die Mehrheit hatten, wollten, daß wieder Ordnung herrscht. (...).“ [1]
Den Weg zur Politik hatte Erna Halbe, geborene Demuth über ihr Elternhaus gefunden. Ihr Vater, ein Kürschner, und ihre beiden älteren Brüder gehörten der SPD an, und so trat Erna Demuth 1910 ebenfalls dieser Partei bei. 1913 heiratete die Kindergärtnerin den Handlungsgehilfen Max Hermann Friedrich Halbe, der auch SPD-Mitglied war. Drei Jahre später, Erna Halbe war nun Hausfrau und Mutter einer zweijährigen Tochter, wurde sie aus der Partei ausgeschlossen, weil sie sich gegen die Bewilligung der Kriegskredite ausgesprochen hatte Sofort schloss sie sich den Hamburger Linksradikalen an und gehörte zu deren Gründungsmitgliedern. Zusammen mit anderen Gesinnungsgenossinnen und -genossen druckte und verteilte Erna Halbe Antikriegs-Flugblätter. 1917 wurde sie deshalb wegen „staatsgefährdender Tätigkeit“ und 1918 wegen „Landesverrats“ verhaftet und zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit Beginn der Novemberrevolution im Jahre 1918 wurde Erna Halbe, deren Mann im selben Jahr als Soldat getötet worden war, aus der Haft entlassen. Sofort beteiligte sie sich an der Revolution, trat 1919 der KPD bei und wurde 1921 hauptamtliche Frauensekretärin der KPD und Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft. (1921-1922)
1919 hatte sie August Arthur Rehberg geheiratet.
1922 übernahm sie die politische Leitung des KDP-Bezirkes Magdeburg, wurde 1924 Reichsfrauenleiterin der KPD und 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Sie trat der SAP bei und begab sich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in die Illegalität. Sie emigrierte 1934 in die Tschechoslowakei, 1937 nach Frankreich und 1940 in die USA..1941 heiratete sie Joseph Lang (1902-1973), Buchhändler in Frankfurt/M., Leiter des Bund-Verlages und Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP). Er befand sich ab 1935 im Exil in Prag und Paris.
1950 kehrte Erna Lang nach Deutschland zurück und war von nun an für die SPD politisch tätig. Sie wurde Leiterin der SPD-Ortsgruppe Sachsenhausen-West und arbeitete bis 1954 als Angestellte beim IRRC (International Rescue and Relief Committee) in Frankfurt am Main. Ihr Ehemann wurde 1957 Zweiter Vorsitzender der SPD in Frankfurt/M.
Text: Rita Bake