Anna Lühring
(3.8.1796 Bremen – 25.8.1866 Hamburg)
Lützower Jäger, Heldenmädchen
Horner Landstraße (Wohnadresse)
Namensgeberin für: Anna-Lühring-Weg (seit 1929)
Ihr Grabstein liegt auf dem ehemaligen Hammer Friedhof, Horner Weg 9. Grablage: Lützower Jäger „Heldenmädchen“
Geboren wurde Anna Lühring als fünftes Kind eines Bremer Zimmermeisters. In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1814 verließ sie in Kleidern ihres Bruders ihr Elternhaus in der Bremer Brautstraße, um zu den Lützower Jägern zu gelangen, die vorher durch Bremen gezogen waren. Sie trat unter dem Namen Eduard Kruse als freiwilliger Jäger in das Lützower Korps ein und zog mit ihm in den Krieg. Die Motive zu diesem Schritt sind nicht eindeutig zu ermitteln. Vielleicht waren es verklärte Vorstellungen vom Heldenruhm, die damals stark verbreitet waren, oder die Sehnsucht nach Abenteuer und Freiheit. Ihr Vater glaubte an ein Liebesverhältnis zu einem Soldaten, das seine Tochter dazu veranlasst habe, sich als Mann verkleidet in das Lützower Jägerkorps einzuschleichen.
Niemand merkte, dass „Eduard Kruse“ eine junge Frau war. Anna Lühring gab sich mutig und züchtig, nahm an der Belagerung Jülichs teil, zog mit nach Frankreich. Durch einen Brief des Vaters an das Korps wurde die Identität des Jägers Kruse entdeckt. Inständige Bitten Anna Lührings und ihr vorbildlicher Lebenswandel waren ausschlaggebend, sie in der Kompanie zu belassen. Allerdings wurden ihre Kameraden nicht in das Geheimnis um den Soldaten Kruse eingeweiht, nur der Hauptmann und der Kompaniechef wussten Bescheid.
Nach dem Einmarsch des Korps in Frankreich und der Verkündung des Kriegsendes am 8. April 1814 kehrten die Lützower zurück nach Berlin und das Korps löste sich auf. Anna Lühring wurde von Wilhelm von Preußen empfangen und von der Fürstin Radziwill ausgezeichnet und beschenkt.
Doch Vater Lühring wollte seine Tochter nicht zurückhaben, grollte mit ihr, hatte sie sich in seinen Augen doch zu unanständig verhalten. Der Hofrat und Schriftsteller Karl Gottlob Heun intervenierte beim Bremer Senator Johann Smidt. Daraufhin versprach der Bremer Senat, Anna Lühring gebührend zu ehren. Dadurch wurde auch Vater Lühring umgestimmt. Anna Lühring kehrte 1815 in triumphaler Begleitung nach Bremen zurück. Neben dem Wagen ritten ehemalige Lützower Jäger, an den Straßenrändern standen jubelnde Menschen.
Doch schon bald wurde es still um Anna Lühring. 1820 ging sie nach Hamburg, arbeitete dort in einem Geschäft für weibliche Industrieartikel, heiratete 1823 den Kellner Lucks und wurde 1832 Witwe. Sie lebte an der Horner Landstraße in äußerst bescheidenen Verhältnissen, versuchte sich mit Näharbeiten über Wasser zu halten, erhielt gelegentlich private Spenden und später ab 1860, nachdem sich ehemalige Lützower Jäger für sie eingesetzt hatten, eine kleine Pension von ihrer Mutterstadt Bremen.
Nach ihrem Tod wurde sie auf dem Kirchhof zu Hamm in Hamburg beigesetzt. 43 Jahre nach ihrem Tod erhielt die Grabstätte einen neuen Grabstein. Man erinnerte sich an Anna Lühring immer dann, wenn patriotische Gesinnung gefragt war – so im Ersten Weltkrieg, als auch die weibliche Bevölkerung zu vaterländischen Taten aufgerufen wurde.
Text: Rita Bake