Johanna (Hannchen) Margaretha Sieveking Johanna (Hannchen) Margaretha Sieveking geb. Reimarus
(20.11.1760 in Hamburg - 12.06.1832 in Hamburg)
Mittelpunkt des gesellschaftlichen Treffpunktes auf dem Sievekingschen Landsitz in Neumühlen
Neuer Wall 149 (Wohnadresse)
Elbchaussee 25 (Wohnadresse)
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof Grab Nr. AC S 26, 1-10 und Althamburgischer Gedächtnisfriedhof: Grabplatte „Herausragende Frauen“
Was könnte eine Frau, die ein großes Haus führte, besser beschreiben als die Stimmen ihrer Zeitgenossen? Der Archäologe, Altphilologe und Schriftsteller Karl August Böttiger schwärmte über Hannchen Sieveking: „Durch körperliche und geistige Reize die Königin unter ihren Gespielinnen und durch ihre unerkünstelte Bescheidenheit selbst von denen geliebt, die sie verdunkelte ...“[1] Ähnlich enthusiastisch äußerte sich Jacobi 1803 in einem Brief an Jean Paul: „Ich kann Dir nichts von diesem Weibe sagen, weil Worte nur allgemeines ausdrücken und in dieser Johanna alles Persönlichkeit ist. Ein sinnvolleres, verständigeres, tätigeres und stilleres, treueres, festeres und holdseligeres Wesen ist mir in meinem Leben noch nicht vorgekommen.“[1]
Und Piter Poel, der Mitbesitzer und -bewohner des Neumühlener Landsitzes: „... sie war schmächtigen Körpers, doch von gefälliger Größe; den übrigens gut geformten Gesichtszügen fehlte es zwar an Regelmäßigkeit, aber Güte, Weiblichkeit und Hingebung, die aus den Augen strahlten und harmonisch sich in der Haltung und allen Bewegungen ihres Körpers ausdrückten, verbreiteten eine unbeschreibliche Anmut über ihr ganzes Wesen.“[2]
Im Folgenden stilisiert er sie gar zur „personifizierten Charitas mit aller Grazie und Lebendigkeit des jugendlichen Alters. Hat je die Natur das Wort ‚hilfreich’ in leserlichen Zügen einem Wesen aufgeprägt, so ist es dieses gewesen. Mitten unter den Sorgen eines Hausstandes, der sich bald durch den Zufluß von Fremden während der Revolution in einem Umfange erweiterte, wie man ihn nicht leicht bei Privatpersonen findet, und doch mit verhältnismäßig geringer Dienerschaft bestritten werden mußte, sah man sie doch stets mit dem Wohl und Weh anderer beschäftigt; wer, von Unglück befallen, sich ihr nahte, fand, wie fern er ihr auch sein mochte, immer liebevolle Aufnahme.
Sie wußte stets Mittel zu finden, ihm Erleichterung zu verschaffen, und das ohne alles Aufsehen, ohne Anstrengung, ohne eigentliches Pflichtgefühl, sondern aus Bedürfnis, aus dem Instinkt des Wohltuns, aus reiner Liebe.“[2] „Sie war die einzige“, so der schwedische Diplomat Gustav von Brinkmann 1801, „die mich in meiner schweren Krankheit auch nicht durch eine Frage belästigte, während alle Freunde mich durch den Ungestüm ihrer wohlmeinenden Besorgnisse in Verzweiflung brachten.“[1]
Der norwegische Naturphilosoph Henrik Steffens, der den Herbst 1807 bei Sievekings zubrachte, huldigte seiner Gastgeberin: „Nie habe ich eine Frau gekannt, die mich so ganz beherrschte, deren stets milde Gegenwart dennoch eine unwiderstehliche Gewalt über mich ausübte.“[1] Der dänische Diplomat und Schriftsteller Johann Georg Rist charakterisierte, die junge und alte Frau gleichermaßen erfassend: „Die ehrwürdige, milde, ganz im Wohlthun lebende, nur sich selbst vergessene, alles übrige klug und mit männlichem Ernst bedenkende Mutter Sieveking! Sie war damals an der Spitze eines großen Hauses, einer blühenden Familie, wenngleich jünger und rüstiger, doch nicht anders als sie nun ist ein Engel von Sanftmut, Selbstverleugnung, hilfreicher Thätigkeit, Bescheidenheit und unschuldiger, durch keine krausen Verhältnisse zu störender Einfalt.“ Nach ihrem Tode trauert er: „Es ist eine Öde geblieben, wo so herrliches Leben, so rege Teilnahme, so unerschütterliches Rechts- und Wahrheitssinn war, und solche Treue, so reiche Erfahrung, so unerschöpfliche Liebe.“[3]
Caspar Voght, der wohl engste Freund, schrieb in seinen Lebenserinnerungen: „Der Geist des edlen Vaters ruhte auf ihr, war in ihr. Hohe Herzensgüte lag in ihren Zügen; der Ton ihrer Stimme drang ins Herz des Leidenden, den ihre Blicke an sich zu ziehen schienen. Ihr Leben war Liebe, ihre Liebe war Tat. Mit dieser Liebe hing sie an mir und meiner Geliebten“,[1] und ein Jahr vor seinem Tode, 1838, als er seinen Abschiedsbrief verfasste, bekannte er seinem Patenkind, Hannchens Sohn Karl: „Sie hat mich am besten verstanden und am dauerndsten und am reinsten geliebt.“[1] Auch wenn der Ton Wilhelm von Humboldts im Ganzen zurückhaltender ist, spricht auch aus ihm Verehrung und Anerkennung: „Frau Sieveking hat ein anziehendes und vielversprechendes Äußere, und man findet in ihr das überaus seltene Talent, einer sehr großen Haushaltung im genauesten Verstande treu und aufmerksam vorzustehen, und sich doch darum ganz und gar nicht der Gesellschaft zu entziehen. Dabei ist sei durchaus anspruchslos und bescheiden. Es ist schlechterdings unmöglich, angenehmer, als in ihrem Hause zu sein, in dem sich aller Überfluß des Reichtums mit der mit der ganzen natürlichen Einfachheit des Mittelstandes verbindet.“[1]
Und auch Hannchen Sievekings eigene Wort bestätigen dieses übereinstimmende Bild der Zeitgenossen, als sie am Ende ihres Lebens sich und ihr Wirken in einem Brief an ihre Kinder darstellt: „Ich fühle, daß ich alt werde und erschrecke nicht, denn ich bin mir keines Unrechts bewusst; nichts, was an meiner Ruhe nagt. Ich vertraue auf Gott und danke ihm für so viel Gutes, was mir geworden ist und mein Alter freundlich macht. Das Schicksal und die Unvollkommenheiten des Lebens lehrten mich, kleine Plackereien zu ertragen. So werde ich denn das Leben voll Dank und Liebe verlassen. Gott segne Euch in Euren Kindern und gebe und erhalte Euch Freunde wie ich sie hatte und noch habe; dann veraltet und verkümmert das Herz nicht. Die nicht mehr sind, leben in uns fort, denn nichts vergeht ohne Spur, und die göttliche fühlen wir.“[4]
Wer war diese hervorragende Frau, der so viele bedeutende Männer ein Denkmal setzten?
Hannchen, wie sie allgemein genannt wurde, war eine geborene Reimarus, Tochter aus einer der ersten Familien der Stadt. Ihr Vater war der Arzt und Gelehrte Johann Albert Heinrich Reimarus, die Mutter Anna Maria Thorbecke. Hannchen heiratete einen der kenntnisreichsten, welterfahrensten und erfolgreichsten Hamburger Kaufleute der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Georg Heinrich Sieveking. Die Familien Reimarus und Sieveking bildeten um sich herum zwei bedeutende gesellschaftliche Kreise der Stadt.
Doch zunächst zu Hannchens Jugend. Nach dem sehr frühen Tod der Mutter am 17. Januar 1762 nahm sich Elise Reimarus, die Schwester von Johann Albert Heinrich Reimarus, der Nichte an. Als der Vater Sophie Hennings, die Schwester des Aufklärers August Hennings, heiratete, entfaltete sich im Hause eine reichhaltige Gastlichkeit. Hier traf sich alles, was von geistiger und literarischer Bedeutung in der Stadt war oder dorthin kam. So verkehrten hier auch die Kaufleute Caspar Voght und Georg Heinrich Sieveking, die seit dem Tod von Voghts Vater im Jahre 1781 dessen Firma gemeinsam führten. Am 02. Oktober 1782, nach zweimonatiger Verlobungszeit, wurde die Hochzeit gefeiert.
Das Paar wohnte zunächst in Harvestehude, denn wenn möglich, zog man damals aus der Enge der Stadt ins Freie. In Harvestehude wurden die ersten beiden Kinder Johannes (1785) und Karl (1787) geboren. Bald jedoch musste die kleine Familie das nur gemietete Haus verlassen, sie zog an den Neuen Wall 149, wo auch das Kontor untergebracht war. Ein Garten vor dem Dammtor ermöglichte jetzt, der Stadt zu entfliehen. Hier wurde am 14. Juli 1790, dem ersten Jahrestag der Erstürmung der Bastille, die berühmte Revolutionsfeier abgehalten, die Hamburg den Ruf der liberalen Oase einbrachte.
Im Jahre 1793 erwarb man gemeinsam mit zwei Freunden, dem Kaufmann Conrad Johann Matthiessen und dem Schriftsteller und Herausgeber des „Altonaischen Merkur“, Piter Poel; ein Landhaus in Neumühlen, ein schlichtes Anwesen, auf dem Hang gelegen, mit einem herrlichen Blick über die Elbe. Für die Ausgestaltung von Haus und Garten holte man sich den aus Frankreich stammenden Baumeister und Gartenarchitekten Joseph Ramée. Während Matthiessen nach drei Jahren, bei seiner Vermählung, aus der Gemeinschaft ausschied, lebten die Familien Sieveking und Poel in Eintracht miteinander weiter, die Frauen führten in wöchentlichem Wechsel den Haushalt: „Friederike und ich leben sehr innig zusammen; wir haben herausgefunden, daß wir in dieser kleinen Republik die Gewalt haben, und da wir nur das Gute wollen, behält das Gute die Oberhand“,[1] schrieb Hannchen 1794 an Voght.
Der Landsitz in Neumühlen entwickelte sich zu einem geselligen Mittelpunkt der Stadt, und das war in erster Linie Hannchen Sieveking zu verdanken. Sie war sicherlich keine intellektuelle Frau wie ihre Stiefmutter Sophie Reimarus, und wohl zu recht hatte Elise Reimarus über die Nichte geurteilt: „Sie ist neunzehnjährig, nicht sehr für die Philosophie, recht liebenswürdig und beliebt: Wenn sie doch nur einen guten Mann kriegte.“[4] Hannchens Talente lagen ganz offensichtlich mehr im Bereich der Herzensbildung als der Bildung, dort aber, wie die vielen Stimmen von Zeitzeugen belegen, in ganz ungewöhnlichem Maße.
Bei den Geselligkeiten auf dem Landsitz in Neumühlen ging es viel lebhafter und mannigfaltiger als am „Theetisch“ im Hause Reimarus zu. Es war im Handelshaus, dem Sieveking zu Weltruf verholfen hatte – Voght war 1793 ausgeschieden, weil seiner geistigen Unabhängigkeit jedes Geschäft zuwider war – üblich geworden, alle Fremden, die in Geschäften kamen, für den nächsten Sonntag nach Neumühlen einzuladen. Dazu gesellten sich Freunde aus der Stadt und durchreisende Schriftsteller und Gelehrte, später auch unzählige Emigranten. Oft wurde am Sonntag der Tisch für 80 und mehr Personen gedeckt. Karl August Böttiger berichtet, wie zwanglos und herzlich es dabei zuging: „Die Tafel ist gut und fein und reichlich, aber nicht übermäßig besetzt. ... Jeder nimmt sich oder läßt sich geben, von welcher Schüssel er will ... Jeder steht vom Tische auf, geht zu einem Andern, zu Mehreren, zu Allen, wie es ihm einfällt, und so lange es ihm gefällt. ... Er geht dann in den Garten, ...besieht Kupferstiche, Gemälde, durchblättert Bücher ... Kur, jeder ist frei für sich und hat keine andre Verbindlichkeit, als andre ebenso frei zu lassen, wie er selbst ist.“[1] Hier in Neumühlen wurden Klopstocks Geburtstage begangen, Hochzeiten und Taufen von Mitgliedern aus dem weiteren Familienkreis gefeiert. Im Sommer weilten häufig Logiergäste in dem geräumigen Haus.
Auch wenn immer wieder von dem unausgeglichenen und aufbrausenden Temperament Sievekings zu lesen ist, unter dem Hannchen zu leiden hatte, so dass Josef Nyary am 17.03.1977 im „Hamburger Abendblatt“ meinte, urteilen zu können, „für die Braut wurde es keine leichte Ehe“, soll hier festgehalten werden, dass Hannchen selbst es offenbar anders sah. In einem Brief an ihren Mann schrieb sie: „Ich kann’s Dir nicht oft genug wiederholen, daß es mich unendlich freut, daß ich wirklich das Vermögen habe, Dich glücklich zu machen, daß ich das wirklich kann. Gewollt hab ich’s gewiß immer, aber ich habe oft daran gezweifelt, weil ich an mir selbst zweifelte.
Glaubst Du nicht auch, daß wir auch auf die Länge glücklich sein werden, daß wir uns nur noch immer fester aneinander ketten werden? Wenn ich das so nachdenke, so deucht es mich zuviel verlangt, zuviel vorgestellt, und dann fange ich an, für die Zukunft zu zittern. Was haben wir für so viele Menschen voraus, die so ein hartes Schicksal haben? und die vielleicht besser sind als wir? Ich schäme mich oft meiner Undankbarkeit, aber das Herz ist mir so schwer, daß ich nicht imstande bin, die Grillen los zu werden. Just eben zu der Zeit, wenn ich am lebhaftesten fühle, am deutlichsten einsehe, wie ohne alles Verdienst mein Schicksal so gütig ist, dann sehe ich’s auch am deutlichsten, daß so vieles über uns verhängt ist, und daß unser Leben nicht immer so schlichtweg fortdauern kann.“[1]
Hannchen sollte mit ihren Ängsten Recht behalten. Am 25. Januar 1799, drei Tage vor seinem 48. Geburtstag, starb Georg Heinrich Sieveking nach einem schweren Brustkrampf. Nach 16-jähriger Ehe stand Hannchen Sieveking mit 38 Jahren und fünf Kindern, von denen das Älteste 13 Jahre, das Jüngste noch kein Jahr alt war, allein da.
Sie führte das Handelshaus zunächst zusammen mit den Teilhabern Bertheau und Schlüter weiter und erhielt auch der Familie und den Freunden den Landsitz in Neumühlen. Bedingt durch die Kontinentalsperre wurden die wirtschaftlichen Schwierigkeiten jedoch so groß, dass das Handelshaus 1811 Konkurs anmelden musste.
„Über Sievekings trauert die ganze Stadt“,4 schrieb Henriette Harder, die Tochter des Senators Johann G. Graepel, an ihre Stiefschwester. 1810 hatte Hannchen bereits ein Schicksalsschlag getroffen, als die einzige Tochter, Sophie, achtzehnjährig an einer Lungenentzündung starb. Zu ähnlicher Selbstverleugnung wie ihre Mutter geneigt, war die Kränkelnde in einer stürmischen Nacht auf Notrufe von der Elbe zu Nachbarn gelaufen, um Hilfe zu holen.
Voller Bewunderung berichtete Piter Poel, mit welcher Haltung und Souveränität Hannchen Sieveking den Unglücksfällen begegnete. „Trotz vollkommener Weiblichkeit besitzt sie einen männlichen Geist, der ungetrübt durch Vorurteil und Illusionen, die Verhältnisse klar durchschaut; und männlich, wie ihr Verstand, ist auch ihr Mut, wenn große Unglücksfälle ihr schwere Opfer auferlegen. Ich habe sie in dem Augenblicke gesehen, in welchem ihr angekündigt wurde, daß ihr Handelshaus seine Zahlungen einstellen müsse. ... da erklärte die Sieveking sogleich mit der größten Fassung, daß sie alles unbedingt in die Hände der ratenden Freunde lege, die ihr ganzes Vertrauen, wie das des Publikums besäßen; nur bat sie, soweit es auf eine rechtliche Weise geschehen könne, Rücksicht auf die nicht vermögenden Freunde zu nehmen, die ihre Gelder dem Hause anvertraut hätten. Für sie selbst war ihr Entschluß augenblicklich gefasst; sie gab Haus und Garten mit allen Kostbarkeiten auf und kehrte zurück in die väterliche Wohnung, um wieder, wie sie sagte, in die Verhältnisse einzutreten, in denen sie sich als 20jähriges Mädchen so glücklich gefühlt; ihre Knaben würden sich schon wie so viele andere ohne Vermögen, vielleicht sogar zu ihrem Besten, durchschlagen; für die Tochter hatte sie nicht mehr zu sorgen, die war bereits im Frühjahr vorher gestorben.“[2]
Hannchens Vater starb im Jahre 1814, die Mutter, die lange bettlägerig gewesen und von Hannchen aufopfernd gepflegt worden war, am 30. September 1817. Nach dem Tod der Eltern verdiente Hannchen ihren Unterhalt, indem sie einige Zimmer vermietete, zumeist an junge Kaufleute aus bekannten Familien. An einem Abend in der Woche lud sie zum Teetisch ein, zu dem sich auch die alten Freunde einstellten. Und auch Caspar Voght mietete sich machmal im Winter bei ihr ein. Er, der u.a. wegen seiner unmöglichen Liebe zu der Freundin Hannchens, Magdalena Pauli, auf jahrelange Reisen gegangen war und mit dem Hannchen einen vielseitigen und regen Briefwechsel geführt und den postillon d’amour für ihn gemacht hatte, war endgültig auf seinen Landsitz nach Flottbek zurückgekehrt. Hier, wo inzwischen auch Piter Poel mit seiner Familie lebte und Magdalena Pauli sich oft aufhielt, war Hannchen häufig zu Gast.
Als sie am 12. Juni 1832 nach halbjährigem Krankenlager starb, ließ man auf ihren Grabstein auf dem Nikolaifriedhof vor dem Dammtor die Inschrift meißeln: „Die Liebe stirbt nicht!“
Die Gastlichkeit des Hauses Sieveking ist ein schönes Beispiel dafür, dass Handel und Geld Kunst und Wissenschaften nicht vertreiben müssen, sondern im Gegenteil gerade ermöglichen können. Hamburg, so urteilte der Dichter Jens Immanuel Baggesen, sei nicht der Tempel der Musen, sondern lediglich ihre Herberge, und die Grazien wohnten nicht, sie logierten nur daselbst. Hamburg sei eine bloße Handelsstadt, sie könne zwar große Seelen hervorbringen, sie aber niemals bilden. Indes: „derselbe Geist, der die Liebhaber der Musen von dieser Stadt verscheucht, bringt sie auf eine gewisse Weise auch wieder zu ihr zurück.
Der Handel hat, in Absicht auf Wissenschaften, eine gewisse Schwerkraft, die ebenso sehr an sich zieht als von sich stößt. Hamburg ist, zufolge dieses Gesetzes der Bewegung, ein Platz, auf dem sich Europas Gelehrte begegnen; und sozusagen das allgemeine Wirtshaus der Musen geworden. Von dieser Seite angesehen, ist es vielleicht, nächst Rom und Paris, die interessanteste Stadt in Europa.“[1]
Text: Brita Reimers