Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Hamburger Damen Radfahrverein

Hamburgs Fahrradwege
Ballindamm (symbolisch für alle Radwege)


3769 Ellimans Universal Embrocation Slough 1897
Radfahrerin in „Bloomers“ in einer Werbung aus dem Jahre 1897

Als das Fahrradfahren gegen Ende des 19. Jahrhunderts en vogue wurde, bescherte es den Menschen ein ganz neues Bewegungsgefühl und eine größere Mobilität und Unabhängigkeit von öffentlichen Transportmitteln. Den Frauen – in erster Linie denen des Bürgertums, denn das Fahrrad war ein kostspieliger Luxusartikel – brachte es eine bis dahin nicht gekannte Stärkung der Individualität. Der Schriftsteller Emile Zola kleidete dies neue Lebensgefühl in Worte: „Man denke nur, wie unsere jungen Bürgertöchter nach dem alten Rezept erzogen werden; mit derselben Strenge und Disziplin, die ein Korporal gegen seine Soldaten anwendet (...). Der Zwang der Konvenienz unterdrückt jede Äußerung der Individualität. Das Radfahren dagegen (...) scheint mir in sehr bedeutendem Maße zur Individualität beizutragen. Muß hier nicht das Mädchen jeden Augenblick auf eigene Hand überlegen und sich entschließen, um ein Hindernis zu überwinden oder eine bestimmte Direktion einzuschlagen? Die häufige Nähe von Gefahren macht sie weniger ängstlich und furchtsam, sie erwirbt sich eine gewisse körperliche Tüchtigkeit und Fertigkeit und wird, da ihr die Mutter hier nicht überall hin folgen kann, im Bewußtsein ihrer Individualität, stolz über die erste Emanzipation, sich dasjenige Selbstvertrauen erwerben, das so notwendig für sie im Leben ist.“ [1]
Doch es gab viele Gegnerinnen und Gegner des Damen-Radfahrens, denen es unsittlich und unschicklich erschien. Männer wetterten dagegen, weil sie einen negativen Einfluss auf die Gebärfähigkeit der Frauen befürchteten. Doch viele Frauen machten sich diesen Unsinn nicht zu eigen. Fahrradfahren wurde neben Schwimmen eine der ersten Frauensportarten, für die auch Frauen-Sportvereine gegründet wurden.
Um den Anfeindungen gemeinsam und mit gegenseitiger Unterstützung zu trotzen, gründeten sich Damen-Fahrrad-Clubs, so z. B. in Hamburg 1894 der Damen Radfahrverein Sport und 1902 der Hamburger Damen Radfahrverein.
Um als Rad fahrende Frau einigermaßen akzeptiert zu werden, mussten bestimmte Richtlinien befolgt werden. „Der Pedalantritt sei von zierlicher Eleganz und darf niemals mit der verzweifelten Trittschnelligkeit des Fußantriebs einer Nähmaschine betrieben werden. Weiterhin gilt es strengstens zu vermeiden, den Rücken vornüberzubeugen und sich krampfhaft am Lenker festzuklammern“, [1] zitierte Manuela Müller-Windisch Zeitgenossen in ihrem Buch über die Geschichte des Damen-Fahrradfahrens.
Ein wirkliches Handicap waren die langen Röcke. Deshalb beriefen englische Fahrerinnen 1897 in Oxford den „Hosenkongress” ein und erstritten sich das Tragen von Knickerbockerhosen, über denen sie oft – wegen der Schicklichkeit – noch einen Überrock trugen.
Text: Rita Bake