Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Zippelhaus

Händlerinnen, Bardowiekerinnen
Zippelhaus 3 (ehemals)


Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang "Jedes Haus sein eigenes Geheimnis". Sprecher: Dieter Schmitt als Johann Michael Hudtwalcker

Der Duft nach frisch gebrautem Bier strömt durch die Straße, deren Name an das hier einst errichtete Lagerhaus erinnert, das den plattdeutschen Namen „Zippel“, hochdeutsch Zwiebel, Haus erhielt. Es stand dort, wo heute in einem Ende des 19. Jahrhunderts in gründerzeitlicher Architektur erbauten Wohn- und Kontorhauskomplex Bier gebraut und ein Restaurant betrieben wird.

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Das Zippelhaus, Bildquelle: Museum für Hamburgische Geschichte

1535 erbaut, siebzig Jahre später abgerissen und neu errichtet, wies 1604 der Hamburger Senat dieses Lagerhaus der auf Gemüseanbau spezialisierten Bardowieker Bevölkerung zu. 1674 erfolgte ein abermaliger Neubau. Das Zippelhaus existierte bis 1888. Dann wurde es wegen Straßenbaumaßnahmen abgerissen.

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Foto von einer Bardowiekerin, Bildquelle: Museum für Hamburgische Geschichte

Die Bardowieker Gemüsehökerinnen nutzten den Fachwerkbau als Gemüselager und Schlafstätte, aber auch als Verkaufsstelle. Dann wurden die an der Straßenfront des Gebäudes befestigten hölzernen Läden heruntergeklappt und auf ihnen die Waren zum Verkauf ausgebreitet. Die Hökerinnen verkauften ihre Waren auch in den Straßen und auf den Märkten. „Zippeln, junge gehle Wötteln, gröne Petersilje und Radieschen“, riefen sie und balancierten Körbe voller Wurzeln und Zwiebeln auf ihren mit Hedepolstern (Werg, Abfall bei der Hanf- und Flachsspinnerei) geschützten Köpfen.

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Der Schlafsaal im Zippelhaus, Bildquelle: Museum für Hamburgische Geschichte

Die Gemüsehökerinnen waren Saisonarbeiterinnen, die aus den 50 Kilometer entfernten Anbaugebieten um Bardowiek mit Ewern beliefert wurden. Während der Saison übernachteten sie im großen Schlafsaal des Zippelhauses. Auf Leitern gelangten die Frauen zu ihren Schlafstellen, die sich auf den eingezogenen Zwischenböden befanden. Die Warenkörbe hingen an Holzbalken über den Betten, und die Habseligkeiten der Frauen standen in Kartons verstaut darunter. Aus Platzgründen mussten sich jeweils zwei Bardowiekerinnen ein Bett teilen.
Text: Rita Bake