Amalia Holst Amalia Holst, geb. von Justi
(10.2.1758 Mecklenburg – 6.1.1829 Groß-Trunkenberg)
Pädagogin, Frauenrechtlerin, Verfechterin der Frauenbildung
Mädcheninstitut, Lange Reihe in Hamburg St. Georg (Wirkungsstätte)
Über Amalia Holst‘ Kindheit und ihren Vater heißt es in wikipedia: „Amalia Holst war Tochter des preußischen Bergrats Johann Heinrich Gottlob von Justi in Berlin. Nach der Scheidung der Eltern wuchs Amalia bei ihm und seiner zweiten Frau auf. Justi war später Professor für Staatsökonomie und Naturwissenschaft in Göttingen. 1760 veröffentlichte er mit dem Vorschlag von Errichtung einer Akademie vor das Frauenzimmer seine Forderung nach einer neuartigen Frauenbildung. Er schrieb darin: daß es ungemein nützlich und heilsam seyn würde, wenn man sich eine vernünftige Erziehung des weiblichen Geschlechts mehr angelegen seyn ließe, und eine gewiße Art von höhern Schulen und Akademien vor dasselbe errichtete.
1767 folgte sein Vorschlag von Errichtung eines weiblichen Schöffenstuhls, der vorsah, das in Gerichten nur Frauen über Frauen urteilen sollten. 1771 starb er im Gefängnis, wo er wegen des Verdachts der Untreue einsaß.“[1]
Seiner Tochter ermöglichte von Justi eine hervorragende Bildung. Sie verfasste nach seinem Tod ein biographisches Portrait über ihn. Inge Grolle schreibt in ihrem Kurzportrait über Amalie Holst: „Wo sich Amalia von Justi in den 20 Jahren nach dem Tod des Vaters aufhielt, ist ungewiss. 1791 kam sie nach Hamburg und heiratete hier ein Jahr später Dr. Johann Ludwig Holst, der in St. Georg ein pädagogisches Institut leitete. Amalia Holst, war auch noch als Mutter von drei Kindern, als Lehrerin im Elementarbereich tätig, ehe sie 1802 in St. Georg ein eigenes Mädcheninstitut eröffnet haben so. Die Stationen ihres Lebenswegs sind nur unsicher überliefert. Vermutlich trennte sie sich später von ihrem Mann und leitete zusammen mit ihren Töchtern Mädchenpensionate in Wittenberg und Parchim. Ihre letzten Lebensjahre hat sie bei ihrem Sohn auf dem Rittergut Groß-Trunkenberg bei Boizsenburg verbracht.“ [2]
Als 1795 in Leipzig der Roman „Elisa oder Das Weib, wie es seyn sollte“ von Wilhelmine Karoline von Wobeser erschien, in dem die Titelheldin Elisa das Ideal einer den traditionellen Vorstellungen von weiblicher Tugend verhafteten Ehefrau und Tochter darstellt, schrieb Amalia Holst „Briefe an Elisa“ (1799/1800), in denen sie die Unterordnung der Ehefrau kritisierte und ließ diese Briefe in Zeitschriften veröffentlichen. „Amalia Holst tritt der Unterstellung, Frauen könnten weniger präzise denken, entgegen. Im Sinne der Aufklärung weist sie darauf hin, dass sich der Mensch erst durch Bildung zu einer mündigen Person mache. Von der Ehe schreibt sie, diese sei als Vertrag unter gleichberechtigten Partnern anzusehen. Ihre Grundlage könne nur Liebe, nicht ein Herrschaftsverhältnis sein. Die Vorstellung einer durch hintergründige Beeinflussung ihres Gatten ihre Wirkung entfaltenden Frau weist sie zurück: ‚Die unsichtbaren Fäden, womit wir bisher hinter den Kulissen das Maschinenwerk des großen Schauspiels der Welt geleitet haben, werfen wir hinweg, weil es unter unserer Würde als Mensch ist, uns ferner zu verstellen, um durch List und Ränke zu unserem Zweck zu gelangen‘“: [3]
Inge Grolle beschreibt Amalia Holst‘ Bedeutung wie folgt: „Die Bedeutung von Amalia Holst liegt in ihren pädagogischen Schriften. Die selbstbewusste Autorin kleidete ihre Gedanken nicht, wie bei Frauen ihrer Zeit üblich, in Romanform, sondern schrieb in essayistischem Stil. Sie wagte es, die philanthropischen Autoritäten Johann Bernhard Basedow, Christian Gotthilf Salzmann und Joachim Heinrich Campe auf Widersprüche und Fehler in deren Rousseau-Rezeption hinzuweisen. In ihrem (…) Werk ‚Über die Bestimmung des Weibes zu höheren Geistesbildung‘ (1802) folgte sie den neuhumanistischen Gedanken zur Allgemeinbildung und kritisierte das geschlechtsdifferente Erziehungskonzept Rousseaus. Sie hielt Frauen für ebenso bildungsfähig wie Männer.“ [4] So äußerte sie „Denkt etwa unser Geist [..] nach anderen logischen Gesetzen, nimmt er die Dinge der Außenwelt anders auf, als die Männer?“
Amalia Holst, so Inge Grolle, „klagte das weibliche Recht auf Gelehrsamkeit ein. Diese müsse nicht notwendig zu einem Erwerbsberuf führen, sondern komme auch der weiblichen Pflichterfüllung als Hausfrau, Gattin und Mutter zugute. Die Forderung von Gleichheitstheoretikern nach staatsbürgerlicher Gleichstellung der Frauen teilte Holst jedoch nicht. Ihr Erziehungsentwurf zielte auf Töchter von Adligen und Bildungsbürgern. Sie forderte eine Verbesserung der Industrieschule für Kinder niederer sozialer Schichten, für die der Staat verantwortlich sein sollte. Von Hamburger Kritikern wurde der geborenen Preußin Standesdünkel vorgeworfen. Sie deutete diesen Tadel als verletzte Eitelkeit der Männer, die sie als Barbaren der Macht bezeichnet hatte.“[5]
Daniela Weiland schreibt über Amalia Holst: „Als erste deutsche Frau zieht Amalie Holst gegen Jean-Jacques Rousseaus (1712-1778) Antifeminismus zu Felde: ‚ Dieser Rousseau, der in seinen Schriften so sehr auf die liebenswürdigen häuslichen Tugenden hält, erfüllt sie selbst in seinem Kreise nicht, er war ein schlechter Gatte und ein unnatürlicher Vater. Es ist bekannt, dass er seine Kinder ins Findelhaus steckte, und sie darin umkommen ließ.‘ (…)
Es ist Amalie Holsts Verdienst, die Widersprüche des ‚Rechtsstaates‘ aufgedeckt zu haben. Die männlichen Aufklärer bezichtigte sie des geistigen Verrats an der Aufklärung, die von der Gleichheit, Freiheit und Bildung für alle Menschen ausgegangen war. Der Frau das Menschsein nun abzusprechen, sei die Pervertierung der Wahrheit und erfolge aus männlichen Machtansprüchen heraus.“ [6]