Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Lotte Herrlich

(11.12.1883 Chemnitz – 1956 Eutin)
Fotografin, Luftbildnerin
Adickesstraße 186 (Wohnadresse)
Baron-Voght-Straße 125 (Wohnadresse)
Nienstedtener Marktplatz 19 Nienstedtener Friedhof (Grabstelle)


Lotte Herrlich wurde als Fotografin besonders in den 1920er Jahren bekannt und zwar mit Aufnahmen aus der Nudistenbewegung (Freikörperkultur in der Lebensreformbewegung). In Wikipedia steht über sie: „. Sie begann mit dem Fotografieren nach der Geburt ihres Sohnes. Autodidaktisch bildete sie sich weiter und fand über Landschaftsaufnahmen und Porträtstudien zum Akt. Ihre Fotos wurden in Publikationen verschiedener (meist kurzlebiger) Verlage, insbesondere dem Lichtkamp-Verlag (Herausgeber: Hanns Altermann) und Organisationen dieser Bewegung verwendet. Daneben veröffentlichte sie zahlreiche Bücher zum Thema Aktfotografie und Naturismus.“ [1]
In einem anderen Interneteintrag heißt es: „Das Hauptinteresse an der Aktstudie erwuchs bei Lotte Herrlich nach der Geburt ihres Sohnes Rolf, den sie in allen Stufen des Erwachsenenwerdens im Bild festhielt.“ [2]
Lotte Herrlich soll rund 1000 Kinderbilder und 900 Aktphotographien hergestellt haben. Neben Aktphotographien schuf sie auch Photos mit Landschafts- und Tiermotiven.
Sie selbst schrieb 1921 an ihren Herausgeber Giesecke: „ … und als ich auch in die Geheimnisse der bildmäßigen Landschaftsphotographie eingedrungen war und einige kleine Erfolge zu verzeichnen hatte, wagte ich mich an das Höchste und Schwerste: den Akt. Gleich meine ersten Versuche, die Halbsilhouetten ‚Flötenbläser‘ und ‚Eitelkeit‘ – erwarb die ‚Schönheit‘ [Zeitschrift]. Weitere folgten und bald war ich in der Lage, drei Sammelmappen mit Akten erscheinen zu lassen und drei Postkartenserien mit Kinderakten …In erster Linie ist die Gestalt des reifen Menschen in ihrer vielseitigen interessanten Schönheit, die mich zu ernsterer Arbeit anregt … an Modellen hat es mir dazu nie gefehlt, man brachte mir viel Vertrauen entgegen, und seltsamerweise gerade in gebildeten, vornehmen Kreisen weit mehr als von Seiten der Berufsmodelle, die ich aber auch bald ganz ausschalten konnte …. Und wenn es auch nicht immer leicht ist, sich in Stellungen und Beleuchtungen nicht zu wiederholen, besonders, da ich nicht über ein Atelier verfüge, sondern die längste Zeit des Jahres nur auf zwei wenig große Zimmer angewiesen bin, so werde ich doch nicht müde werden, die liebliche, keusche Anmut des Mädchenkörpers, die kraftvolle, interessante Schönheit des muskolösen Männerkörpers mit Hilfe meiner Kamera dazustellen.“ [3]
Auf dem Grabstein – ein Kissenstein- stehen ihr und der Name ihres Sohnes Rolf.
Die Zeitschrift „Die Schönheit“ war die bekannteste Publikation der Körperkulturbewegung und erschien zwischen 1902 und 1932. „Die Beilage enthielt neben Anzeigen für lebensreformerische Produkte, einem „Büchermarkt“ und Regionalinformationen auch Kontaktanzeigen, die über die Leserschaft der Schönheit Auskunft geben. Fast ausschließlich bestand sie aus dem mittelständischen, bürgerlichen Milieu. Die Zeitschrift sah sich für „freie und vornehme Frauen und Männer“ bestimmt, die das „gesunde und sinnliche Denken veredeln und verfeinern“ sollten. Weiterhin ist es auffällig, dass nur ausgesprochen selten Männer und Frauen über vierzig Jahren in den Anzeigen zu entdecken waren.
Die Themen Jugend, Kunst und Literatur zeigten aber auch erste rassenhygienische Ansichten zu Nacktheit und Schönheit (...). So erschien eine der letzten Ausgaben 1932 mit dem Aufmacher: ‚Gesunde Frau - gesundes Volk!‘“[4]
Ab 1933 betrieb Lotte Herrlich ein eigenes Photoatelier.
In der NS-Zeit trat sie nicht der NSDAP bei. Sie war bis 1945 Mitglied in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV).[5] Die NSV war mit „17 Mio. Mitgliedern (1943) nach der Dt. Arbeitsfront die größte (…)NS-Massenorganisation.(…) Ihren Anspruch auf Monopolisierung der gesamten freien und öffentlichen Wohlfahrt konnte die N. zwar nicht realisieren, doch gelang es ihr, die in der freien Wohlfahrtspflege tätigen Verbände zurückzudrängen bzw. gleichzuschalten (…).

3919 Grab Lotte Herrlich
Grab von Lotte und Rolf Herrlich, Quelle: Foto: Udo Grimberg, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Angesichts der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatliche Zuwendungen) war es ihr n möglich, in alle Bereiche der Wohlfahrt zu expandieren (…). Aufgrund ihrer scheinbaren Ideologieferne war die Arbeit der N. populär und die Mitgliedschaft erschien auch für diejenigen, die dem Regime eher zögernd oder kritisch gegenüberstanden, aber aus Opportunitätsgründen in eine Parteiorganisation eintreten wollten, akzeptabel.Tatsächlich war die Arbeit der N. von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt (…).“[6]
Lotte Herrlich ist auf dem Nienstedtener Friedhof bestattet.
Text: Rita Bake