Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Herta Haas Herta Haas, geb. Doctor

(11.10.1907 Frankfurt a. M. – 10.5.2007 Hamburg)
Frauenrechtlerin, Gründungsmitglied von „Terre des Femmes“, setzte sich vehement gegen die Genitalverstümmelung ein
Sierichstraße 164 (Wohnadresse)
Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Grabstätte)


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Herta Haas (Acryl auf Leinwand,2000) © Caroline Beyer

Herta Doctor, später verheiratete Haas, entstammte einem jüdischen Haushalt. Ihr Vater war Verlagskaufmann. 1933 machte sie das Staatsexamen in Geschichte, ein Jahr später erfolgte die Promotion. Herta Doctor wollte gerne Bibliothekarin werden, doch als Jüdin damals hatte sie keine Chance. So ging sie 1934 nach Italien und arbeitete dort als Kindermädchen und Sprachlehrerin. Von dort aus gelang ihr 1939 die Flucht vor den Faschisten nach England.
Dort arbeitete sie zunächst als Hilfskrankenschwester und später in der Buchhandlung Blackwell in Oxford, wo sie für die Auslandsbestellungen zuständig war.
Herta Haas war seit 1947 verheiratet mit Willy Haas, dem Gründer der „Literarischen Welt“ (Gründung 1925, Willy Haas war bis 1933 deren Leiter, wurde dann, da er jüdischer Herkunft war, entlassen).
Die beiden hatten sich über die langen Bücherbestelllisten, die Willy Haas an die Buchhandlung Blackwell in London geschickt hatte, kennen gelernt. Willy Haas war damals Soldat der britisch-indischen Armee und arbeitete als Zensor in einem britischen Gefangenenlager in Indien. Von dort bestellte er regelmäßig Bücher. Aus den Buchtiteln konnte Herta Doctor entnehmen, dass Willy Haas ähnliche kulturelle und literarische Interessen pflegte wie sie. Und so entwickelte sich zwischen den beiden eine enge Brieffreundschaft. Ihre Verlobung erfolgte per Brief.
1954 folgte Herta Haas ihrem Mann nach Hamburg, wo er den Posten des Kulturredakteurs bei der Tageszeitung „Welt“ bekommen hatte. Herta Haas ging nur schweren Herzens zurück nach Deutschland, dorthin, wo ihre Eltern und ihre Großmutter von den Nationalsozialisten getötet worden waren.

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Sierichstraße 164, Wohnort von Herta Haas; Foto: Beate Backhaus

Herta Haas begann in Hamburg mit Übersetzungen, z.B. der Werke von Bernard Malamud und Henry James.
Nach dem Tod ihres Mannes 1973 widmete sich Herta Haas seinem Gedenken und wurde eine herausragende Repräsentantin des Hamburger und des deutschen Kulturlebens. Sie war auch maßgeblich an der Wiederbelebung der „Literarischen Welt“ als Literaturbeilage der „Welt“ im Jahre 1998 beteiligt.
1979 war sie durch einen Zeitungsartikel in der „Welt“ auf die schwere Menschenrechtsverletzung der genitalen Verstümmelung von Mädchen und Frauen gestoßen und wurde 1981 Mitbegründerin des Vereins Terre des femmes – Menschenrechte für die Frau. Besonders engagierte sie sich dafür, dass Genitalverstümmelung 1985 in Großbritannien strafbar wurde.
Text: Rita Bake