Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Katharina Kippenberg Katharina Kippenberg, geb. von Düring

(1.6.1876 Hamburg - 7.6.1947 Frankfurt a. M.)
Förderin der deutschen Literatur, Herausgeberin, Lektorin, Mitarbeiterin des Insel-Verlages
Johnsallee 10 (Wohnadresse als Kind bei ihren Eltern)


Erhart Kästner äußerte sich über Katharina Kippenberg wie folgt: „Es mag doch eine ungewöhnlich bedeutende Frau gewesen sein, mit [...] einer geradezu übertriebenen Scheu an die Öffentlichkeit zu dringen, als Person. Vielleicht kommt ihre Gestalt erst nach und nach heraus." (22.06.1947)[1]
Katharina Kippenberg hatte sechs Geschwister und war die Tochter von Anna Maria Hildegard von Düring, geb. Neubourg, Tochter eines Regierungsbeamten und des Großkaufmanns Hermann Hartig von Düring. Dieser starb, als Katharina 17 Jahre alt war.
Die Stadt Leipzig, in der Katharina Kippenberg studierte und später auch lebte und arbeitete, hat ihr ein Portrait gewidmet. Dieses soll an dieser Stelle wiedergegeben werden:
„Als junge Frau kam Katharina von Düring 1903 zum Studium der Literatur, Geschichte und Philosophie nach Leipzig. Da ein reguläres Studium für Frauen hier erst ab 1906 möglich wurde, konnte sie sich nur als Gasthörerin an der Universität einschreiben.
Nach der Heirat mit dem Verleger Dr. Anton Kippenberg (1874-1950) im Dezember 1905 gab sie das Studium auf. Von nun an arbeitete sie als Lektorin und als literarische Beraterin ihres Ehemannes im Insel Verlag. Während Anton Kippenbergs Domänen die Geschäftsführung, die Klassikerausgaben und das gut gestaltete und gedruckte Buch waren, bemühte sich Katharina unermüdlich darum, der modernen Literatur im Insel Verlag einen angemessenen Raum zu verschaffen. Aufgrund ihres Wissens um das künstlerisch Wesentliche entschied sie als ‚oberste Richterin‘, welche neueren Werke im Verlag erscheinen sollten. Sie und ihr Ehemann unterstützten Dichter, wie Rilke, Becher, Däubler und Carossa durch Stipendien, um ihnen ein sorgenfreies Arbeiten zu ermöglichen. Mit zahlreichen Schriftstellern und anderen berühmte Persönlichkeiten schloss sie Freundschaft.
Während des Ersten Weltkriegs, als Anton Kippenberg eingezogen war, leitete Katharina den Insel Verlag souverän allein und brachte auch expressionistische Dichter ins Programm. 1917 erhielt sie Prokura, 1922 wurde sie Gesellschafterin. In den zwanziger Jahren entdeckte sie unter anderem die Werke von Virginia Woolf, Aldous Huxley und D. H. Lawrence für den deutschen Buchmarkt und setzte durch, dass sie im Insel Verlag erscheinen konnten.
Frühzeitig hatte sie sich in der Frauenbewegung engagiert. Als der ‚Leipziger Frauenclub‘ 1906 die Organisation des ‚Hauses der Frau‘ auf der Bugra 1914 übernahm, gestaltete sie völlig eigenständig die dort gezeigte Schau ‚Buchillustration von Frauen‘. Sie wollte damit demonstrieren, was Frauen bisher auf diesem Gebiet geleistet hatten. Sie schrieb an unzählige Künstlerinnen des In- und Auslandes, an Verlage, Bibliotheken, Museen, Kunsthistoriker und Sammler. Als Ergebnis ihrer Bemühungen konnte sie Arbeiten von etwa 130 Künstlerinnen aus Deutschland und 92 aus verschiedenen Staaten Europas, Japan und den USA vorstellen. Ihre Ausstellung, mit der sie Pionierarbeit leistete, wurde als eine der besten im ‚Haus der Frau‘ gerühmt.
Nach dem Ersten Weltkrieg, als das Frauenstimmrecht eingeführt worden war, hatte sich Katharina Kippenberg zunächst verstärkt in der Frauenbewegung engagieren wollen. Sie widmete ihre Kraft aber dann doch der Verlagsarbeit, der Familie und der Gestaltung der Villa Kippenberg als einem kulturellen Begegnungszentrum Leipzigs. In dem mit Möbeln der Goethezeit eingerichteten Wohnhaus in Gohlis organisierte sie Dichterlesungen, Hauskonzerte, Feiern und Empfänge. (…) Das Gästebuch des Hauses, das heute im Literaturarchiv Marbach aufbewahrt wird, nennt neben Namen von Insel-Autoren und Verlegern unter anderem auch Besucher, wie Max Planck, Georg Steindorff, Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter, Hermann Abendroth, die Pianistin Elly Ney, den Diplomaten Wilhelm Solf, den Reichskanzler Hans Luther und die deutsche Kronprinzessin Cecilie. Das Turmzimmer der kleinen Villa beherbergte so manchen berühmten Gast. Rilke vollendete hier seinen Avantgarde-Roman ‚Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge‘ (1910).
Von den Autoren wurden Katharina Kippenbergs Arbeit und ihr Einfühlungsvermögen anerkannt und geschätzt. Auch sie trat mit einer Reihe von Publikationen hervor. Besondere Anerkennung fanden ihre Bücher über Rilke. Im NS-Staat hielt sie weiter freundschaftliche Kontakte zu jüdischen und politisch nicht genehmen Autoren wie Stefan Zweig, Ricarda Huch, Edzard Schaper und Reinhold Schneider, ebenso zur Familie Goerdeler.
Im zweiten Weltkrieg wurden das Verlagshaus (Kurze Straße 7, seit 2001: Spohrstraße) 1943 und die Gohliser Villa (Richterstraße 27) 1945 durch Bombenangriffe zerstört. Das obdachlos gewordene Ehepaar Kippenberg lebte nun abwechselnd in Weimar und in Walbeck, von wo sie den Verlag leiteten. Aus Furcht vor Enteignung ließ Anton Kippenberg seine weltberühmte Goethesammlung durch die amerikanischen Besatzungstruppen ins hessische Marburg transportieren. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachten die Kippenbergs in Marburg, wohin ihnen ihre Töchter Jutta und Bettina folgten. Bis zuletzt waren beide unermüdlich für das Stammhaus des Insel Verlages in Leipzig und für die neue Zweigstelle in Wiesbaden in der amerikanischen Besatzungszone tätig. Noch auf dem Krankenbett las Katharina Manuskripte und Korrekturen für den Verlag. Kurz vor ihrem Tod wurde ihr Lebenswerk mit der Ehrendoktorwürde der Universitäten Leipzig und Marburg geehrt. Sie starb 1947 an einer doppelseitigen Lungenentzündung in einer Privatklinik in Frankfurt am Main.“[1] (weitere Angaben, wie ein Verzeichnis ihrer Werke und Literaturhinweise sind ebenfalls auf dieser Website zu finden).