Sylvia von Harden
(28.3.1894 Hamburg – 4.6.1963 Croxley Green, Rickmansworth/Hertfordshire)
Lyrikerin, Journalistin
Eichenallee 12 (Wohnadresse in ihrer Kindheit bei ihren Eltern)
Heute noch bekannt ist Sylvia von Harden durch die Tatsache, dass Otto Dix sie 1926 gemalt hatte und dieses Gemälde im Musee National d’Art Moderne im Centre Pompidou in Paris zu sehen ist.
Vanesse Rebmann, die sich mit diesem Bild und der Person Sylvia von Harden beschäftigt hat, schreibt: „‘Ich muß Sie malen! Ich muß! Sie repräsentieren eine ganze Zeitepoche!‘ Mit diesen Worten soll Otto Dix die Schriftstellerin Sylvia von Harden auf der Strasse angesprochen haben. Die Zeitepoche mit der wir es hier zu tun haben sind die berühmt, berüchtigten ‚Roaring Twenties‘ im ‚Swinging Berlin‘ der Nachkriegszeit: Cafés, Nachtclubs, Prostitution. (…) [und um den] Typus der ‚Neuen Frau‘, der sich zu Beginn der 20er Jahre herausbildete: Emanzipiert, unabhängig, zielstrebig und meistens erfolgreich. Dieser neue Typus der emanzipierten Intellektuellen sorgte damals für viel Aufsehen. Die emanzipierte ‚Neue Frau‘ machte ihre Einstellung durch ihre Kleidung, Frisur und Benehmen deutlich. Dieser neue Typ Frau war Inspiration für verschiedene Maler der neuen Sachlichkeit, unter ihnen Otto Dix und Christian Schad.(…). Dix schildert Sylvia von Harden als die emanzipierte Intellektuelle der Weimarer Republik schlechthin - er versieht sie mit den entsprechenden Attributen Monokel, Sackkleid und Bubikopfhaarschnitt und platziert sie rauchend im Café.“[1]
Sylvia von Harden entstammte einer bürgerlichen Hamburger Familie, der Vater Prokurist mit Namen Benjamin von Halle. Mit seiner Frau hatte er noch weitere zehn Kinder. Sylvia besuchte in Berlin eine Schule, hielt es aber in dieser bürgerlichen familiären Atmosphäre nicht mehr aus und zog schließlich im Alter von 21 Jahren (1915) aus ihrem Elternhaus aus, ohne über Geld zu verfügen.
Sylvia von Haren bekam Kontakt zur Bohème. Ihr damaliger Freund war der frühexpressionistische Dichter Ferdinand Hardekopf. Selbst begann auch sie literarisch tätig zu werden. Sie arbeitete „bis 1921 (…) für den Verlag Rauscher in Zürich“,[2] brachte 1920 ihren Lyrikband „Verworrene Städte“ heraus und heiratete 1922 den expressionistischen Schriftsteller Friedrich Carl Lehr, der sich allerdings wenigen Wochen nach der Eheschließung vor dem Cafe Größenwahn in Berlin erschoss.
„Sylvia von Harden schrieb wunderbare kleine Feuilletons und Glossen – liebevoll und pointiert über Frauen –, verfasste Film- und Literaturkritiken und unter Pseudonym vermutlich Groschenromane. Ihre wenigen Gedichte, einer pathetischen Aufbruchsidee hingegeben, verraten eine stete Traurigkeit“,[3] schreibt Anna Rheinsberg; und weiter berichtet sie über Sylvia von Harden: „Um 1936 floh sie in die Schweiz, später nach Italien und England. Nahe London verbrachte Sylvia von Harden die letzten Jahre mit zwei Frauen, einer Miss Jones und einer Freundin, Gert, einer Photographin aus Dresden. Sie schrieb für die Frankfurter Rundschau Zeitungsgeschichten, pflegte eine umfangreiche Korrespondenz und arbeitete an ihren Memoiren Meine platonischen Lieben, die nie erschienen. 1958 publizierte sie noch Das Leuchtturmmädchen von Longshine.“[4].