Annette Wehrmann
(10. Juni 1961 Hamburg – ? Mai 2010 Hamburg)
Konzept- und Aktionskünstlerin, Texte zur Kunst und literatische Luftschlangentexte
Marktstraße 136 (Wohnadresse)
Silcherstraße 7a („Ort des Gegen“ e.V. / Nachlass Annette Wehrmann)
Annette Wehrmann, die auch als Autorin tätig war, wurde 1961 in Hamburg geboren und verstarb 2010 während der Vorbereitungen zu ihrer Ausstellung „Hacking the City“ im Essener Folkwang-Museum. Sie wurde am 20. Mai von Freunden in ihrer Wohnung aufgefunden. Nach ihrem Studium an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste HfBK hatte sie in den 1990er Jahren an der erneuten Politisierung der Kunst teilgenommen. Ihr künstlerisches Arbeitsfeld sah sie zunehmend im öffentlichen Raum. 1993 startete sie mit der Aktion „Sprengungen“ einen performativen Angriff auf die Blumenkisten der Hamburger Innenstadt – als Symbol von bürgerlich geordneter Schönheit. Ein Jahr später erhielt sie das Arbeitsstipendium der Hamburger Kulturbehörde (zitiert nach: Enno Isermann, Pressestelle der Hamburger Kulturbehörde, Pressemeldung v. 20.9.2012).
So entwickelte Annette Wehrmann „eine starke künstlerische Position zwischen Skulptur und Intervention, die kunsthistorisch an die Methoden der Konzeptkunst und Aktionskunst sowie an die Sprache der Situationistischen Internationale anknüpft. Aus ephemeren und billigen Materialien stellte sie Objekte her, die ein Spannungsverhältnis zu gesellschaftspolitischen, erkenntnistheoretischen und künstlerischen Fragen produzieren. Sie bearbeitete das Geld, Gehirne, das Denken, die Stadt, den Staat, das Fernsehen, die Sprache. Von Beginn an legte sich ihr Werk mit der Welt an“. Ihre Arbeiten (...) lassen sich in sechs unterschiedliche Werkgruppen teilen: Kugeln, Ort des Gegen, Luftschlangentexte, Mattscheiben, Ufos, und DSB (DSB = deutscher Seifenbeton; es handelt sich muschelförmiges Betongeld als alternative Währung der Zukunft).
„(...) Der Ort des Gegen e.V. gründete sich 2011 in Hamburg aus einer existenziellen Notwendigkeit heraus. Sie folgte auf die Rettung des künstlerischen Nachlasses von Annette Wehrmann (1961- 2010). Mit der Bergung und Bewahrung ihrer Arbeiten wurde eine Grundlage dafür geschaffen, ihre Kunst und ihr Denken weiterzutragen. Die Mitglieder des Vereins sind Erzsébet Ambrus, Hans-Christian Dany, Sabine Falk, Katharina Gerszewski, Jochen Möhle, Christoph Rauch, Holger Steen, Inga-Svala Thorsdottir, Laila Unger, Brigitte Wehrmann, Monika Wucher, Ina Wudtke. Die KünstlerInnen und AutorInnen gehören zum Freundeskreis von Annette Wehrmann und haben auf die eine oder andere Art mit ihr zusammengearbeitet“.
(Die verwendeten Zitate sind der Pressemitteilung zur Ausstellung „Annette Wehrmann: Gehirn und Geld“, 6. November 2012 - 4. März 2013, in der Galerie der Gegenwart, Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall, 20095 Hamburg; kuratiert von Dr. Brigitte Kölle und Ort des Gegen e.V. / Nachlass Annette Wehrmann).
Zwei Jahre nach dem Tod der Künstlerin zeichnete der Edwin-Scharff-Preis der Hamburger Kulturbehörde das Lebenswerk der Künstlerin mit einem Stipendium an den Verein „Ort des Gegen“ aus. Diese jährlich verliehene Ehrung ist dem gesellschaftlichen künstlerischen Schaffen gewidmet. Anlässlich der Preisverleihung richtete der „Ort des Gegen“ in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle 2012/13 die Ausstellung „Annette Wehrmann: Gehirn und Geld“ aus.
Der Name des Vereins bezieht sich auf ein langjähriges Projekt von Annette Wehrmann zum städtischen Raum. An dessen Anfang stehen Überlegungen dazu, dass die Qualität einer Stadt damit zu tun hat, wie viele unbebaute, sich selbst überlassene Flächen es geben darf. In ihrem Beitrag von 2002 zur utopischen Stadt „Borg“ der Künstlerin Inga-Svala Thorsdottir kann der Ort des Gegen “unter kapitalistischen Bedingungen (...) die Form umfassender Verwertungsverweigerung“ annehmen. Hier ist er die „Rückseite der Utopie“, „der Ort an dem der Müll liegen bleibt“ (zitiert aus: annettewehrmann.de/ort-des-gegen).
Eine der zentralen Werkgruppen der Künstlerin: "Fußbälle" und eine Serie von Zeichnungen: "Genau der richtige Sport für mich" befinden sich seit 2012 in der Sammlung der Hamburger Kunsthalle, sind jedoch zur Zeit nicht öffentlich ausgestellt (freundliche Information von Ina Wudtke).
Im Internet finden sich umfangreiche Informationen zu ihrem Oeuvre z.B. unter anderem:
– www.annettewehrmann.de
– saloon-la-realidad.blogspot.de/2011/04/die-zumutungen-der-welt-mit.html
Zur Geschichte der „Situationistischen Internationale“ vgl. de.wikipedia.org/wiki/Situationistische_Internationale
Diese Kurzbiografie stellte Dr. Cornelia Göksu zusammen.