Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Anna Sprüngli Theo(dora) Anna Sprüngli (Pseudonym: Anna Rüling; Th. Rüling)

(15.8.1880 Hamburg - 8.5.1953 Delmenhorst)
eine der frühen Journalistinnen in Deutschland; erste bis heute bekannte Vortragsrednerin weltweit zum Thema Homosexualität und Frauenbewegung 1904 in Berlin; politische Aktivistin
Eichenallee 29 (damalige Wohnadresse mit Eltern in Klein Flottbek, lt. Hamburger Adressbuch-Ausgaben zwischen 1885-1890)
Große Bleichen 40: Redaktion „Hamburger Fremdenblatt“, heute ist im Broscheck-Kontorhaus ein Hotel (kurzfristig „Wirkungsstätte“ als freie Autorin kurz vor ihrem Abitur)


4241 Anna Spruengli
Anna Sprüngli, Quelle: Frauen-Kultur-Archiv Düsseldorf

„Theo Anna Sprüngli wurde am 15. August 1880 in Hamburg geboren. Ihre Mutter war Caroline Sprüngli, geb. Dangers (1855- ?) und der Vater, Adolf Sprüngli (1844- ?), ein Schweizer Überseekaufmann, der in Hamburg lebte und die helvetisch-konsularischen Interessen vertrat. Mit mindestens einer Schwester wuchs sie, so schreibt Sprüngli selbst, in einer ‚hanseatisch-strengen Atmosphäre des Vaterhauses‘ auf. Sieben in Deutschland weit verstreute Lebens- und Wirkungsorte von Theo Anna Sprüngli sind bislang bekannt: Hamburg, Stuttgart, Berlin, Düsseldorf, Ulm, der dort in der Nähe gelegene Ort Blaubeuren und zuletzt Delmenhorst.
In ihrer Geburtsstadt Hamburg besuchte sie eine höhere Töchterschule und nahm – wie es sich für eine Bürgerstochter geziemte – Klavier- und Musiktheorieunterricht. Als Siebzehnjährige begann sie außerdem für das Hamburger Fremdenblatt zu schreiben. Dies ist, wie ihr späterer Lebensweg zeigt, der Beginn ihrer journalistischen Laufbahn. In Stuttgart machte sie einen Gymnasialabschluss und ging nach einem kurzen Hamburger Aufenthalt nach Berlin. Dort arbeitete sie 1905/1906 für den Scherl-Verlag, einen der größten Zeitungskonzerne der Spreemetropole (...). Am 9. Oktober 1904 hielt Anna Rüling die weltweit bislang erste bekannte lesbenpolitische Rede über ‚Homosexualität und Frauenbewegung‘. Schauplatz war die Jahreshauptversammlung des Wissenschaftlich humanitären Komitees im Berliner Hotel Prinz Albrecht. (...)
Von Berlin zog Theo Anna Sprüngli nach Düsseldorf, wo sie 30 Jahre lang lebte und arbeitete.“
Die Journalistin war aber gleichzeitig auch „glühende deutsche Patriotin, Nationalistin und Kriegsbefürworterin, mit bisweilen unerträglichem Pathos“. „Theo Anna Sprüngli war nicht nur eine kulturpolitische Schreibtischtäterin: Sie führte beispielsweise Opernregie in einem Fronttheater und engagierte sich politisch in einschlägigen Organisationen, die es sich zur Aufgabe machten, den ‚wirtschaftlichen und sittlichen Aufstieg unseres deutschen Vaterlandes‘ zu befördern.
Die Lebenssituation und Tätigkeiten von Theo Anna Sprüngli während des Nationalsozialismus sind bislang nur in kleinsten, verstreuten Bruchstücken zu rekonstruieren Mitfrau in der NSDAP war sie wohl nicht; als Publizistin gehörte sie dem Reichsverband Deutscher Schriftsteller an. In ihrer Akte der Reichsschrifttumskammer findet sich keinerlei Hinweis auf ihre frühere homosexuellenpolitische Rede und Publikationen – ihr diesbezügliches Schweigen scheint niemals aufgeflogen zu sein“.
Zitat-Ausschnitte aus der umfangreichen historisch-kritischen Biografie als Online-Version: lesbengeschichte.de/bio_rueling_d.html von © Dr. Christiane Leidinger, Berlin 2005
Auswahl der Textbausteine: Dr. Cornelia Göksu