Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Akademikerinnenbund Hamburg Akademikerinnenbund Hamburg (DABH)

(bis Ende der 1990er-Jahre)
Overbeckstraße 7 (ehemals in den 1950er-Jahren)
Ehemalige Treffen in den Clubräumen des Landesfrauenrates, vormals Clubhaus der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen Neue Rabenstraße 31 Haus Wedells (heutige Adresse: Siegfried-Wedells-Platz 2)
Siehe auch: Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen (ahf)
Siehe auch: Frauenbewegung an den Hamburger Hochschulen


4294 Akademikerinnenbund
Logo Deutscher Akademikerinnenbund e.V.; Bild: Deutscher Akademikerinnebund e.V. (Attribution), via Wikimedia Commons

Der Akademikerinnenbund Hamburg war jahrzehntelang Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen und später des Landesfrauenrates. Die Hamburg Gruppe des Deutschen Akademikerinnenbundes gibt es heute (Stand 2018) nicht mehr.
Am 18.2.1948 wurde der Akademikerinnenbund Hamburg gegründet. In seiner Festschrift zum 40-jährigen Bestehen heißt es: „ Die Initiative ging von einem Kreis Hamburger Akademikerinnen um und mit Frau Professor Emmy Beckmann aus, der sich schon vor 1933 im Deutschen Akademikerinnenbund (DAB) engagiert hatte. Der DAB war als Dachverband verschiedener akademischer Frauen-Fachverbände 1926 entstanden, hatte sich aber angesichts der nationalsozialistischen Entwicklung 1933 selbst aufgelöst. Der Hamburger Kreis hielt jedoch weiter auf privater Ebene zusammen. (…)
1949 wurde der deutsche Akademikerinnenbund neu gegründet. Der Akademikerinnenbund Hamburg gliederte sich diesem sofort an, behielt aber seine Eigenständigkeit.
Von Anfang an suchte der Akademikerinnenbund Hamburg Verbindung zu anderen Frauenverbänden (…). Schon 1948 wurde er Mitglied des Hamburger Frauenrings und des Landesfrauenrats Hamburg (früher: Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen (ahf). (…)
Die Mitglieder des Akademikerinnenbundes treffen sich seit vierzig Jahren etwa monatlich zu einem Vortragsabend zu den verschiedensten Sachgebieten. (…)
Der Akademikerinnenbund Hamburg ist immer auch frauenpolitisch aktiv gewesen und hat sich bei vielen Gelegenheiten für die Interessen von Studentinnen, Akademikerinnen und anderen Frauen eingesetzt.“
In seinem Rückblick schreibt der Akademikerinnenbund über seine Aktivitäten in den 1950er-Jahren: „Die im Grundgesetz proklamierte Gleichberechtigung der Frau im einzelnen durch Änderung der die Frau betreffenden Gesetze zu verwirklichen, war in dieser Zeit Generalthema des Akademikerinnenbundes. Ansonsten lag der Schwerpunkt der Aktivitäten naturgemäß stark im sozialen Bereich. Es entstand z. B. die Osthilfe. Man versuchte Studentinnen in dieser sehr schweren Zeit zu helfen. Der Akademikerinnenbund setzte sich ein für die Fortführung der Studentenberatung und für die Einrichtung eines Studentinnenheimes. [siehe: Amalie-Dietrich-Haus]. Außerdem forderte er schon Anfang der fünfziger Jahre die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung von Frauen mit Familienpflichten.
Die Osthilfe bestand aus der Sammlung von Geld- und Sachspenden für die Übersendung von Paketen an verschiedene Familien in der DDR. (…) Eine wichtige Rolle spielte auch der damit verbundene Briefwechsel. Außerdem kümmerten sich Mitglieder um eine Gruppe heimatvertriebener Akademikerinnen aus baltischen Ländern, die in einer ehemaligen Kaserne in Pinneberg nur notdürftig untergebracht war. Solche und ähnliche Hilfen gehörten selbstverständlich in den gesamten vierzig Jahren zu den Aufgaben des Akademikerinnenbundes. Auch konnte der Verband mehrfach Auslandsstipendien vermitteln.
Als Mitte der fünfziger Jahre die Arbeit der ehrenamtlich arbeitenden Studentenberaterin zu scheitern drohte, weil das Hochschulamt den Unkostenbeitrag von monatlich DM 100,- strich, setzte sich der Akademikerinnenbund ganz entschieden für die Erhaltung der Beratung und Schaffung einer Planstelle ein. (…) Über einen interfraktionellen Antrag der Frauen in der Bürgerschaft gelang es schließlich, die Planstelle über den Nachtragshaushalt sicherzustellen. (…)
Nach langjähriger Vorarbeit und beharrlichem Drängen erreichte der Verband, daß die Stiftung Hamburger Studentinnenheime gegründet wurde und so eine Reihe günstiger Unterkünfte für Studentinnen geschaffen wurde. [siehe: Amalie-Dietrich-Haus] (…)
Der Akademikerinnenbund setzte sich jedoch nicht nur für Akademikerinnen ein. So überlegte man sich Anfang der fünfziger Jahre, wie Frauen Mutterpflichten und Beruf besser vereinbaren könnten. 1954 führte der Akademikerinnenbund Hamburg eine Fragebogenaktion bei 200 verheirateten und verheiratet gewesenen Frauen durch, um ihre Einstellung zur Berufstätigkeit zu erfahren. Die überwiegende Mehrzahl wünschte schon damals, nach einigen Jahren wieder in den Beruf zurückzukehren. (…)
1964/65 griff Hamburg das Thema erneut auf mit dem zusätzlichen Vorschlag, junge Beamtinnen mit Mutterpflichten zeitweilig unter Erhaltung ihres Beamtenstatus zu beurlauben. Auf eine entsprechende Eingabe an den hamburgischen Senat reagierte das Personalamt verwundert-ironisch und meinte nur, die jungen Beamtinnen wollten mit der bei ihrem Ausscheiden fälligen Gehaltsabfindung ihren Haushalt einrichten und dächten nicht an eine Rückkehr in den Beruf. (…) Frau Dr. jur. Erna Scheffler, Bundesverfassungsrichterin im Ruhestand, machte eine Eingabe an den Bundestag mit der Forderung einer entsprechenden Änderung des Beamtengesetzes. 1969 wurde ein entsprechendes Rahmengesetz vom Bundestag verabschiedet, dem die Länderparlamente folgen mußten.“
Über die Aktivitäten des Hamburger Akademikerinnenbundes in den 1960-er Jahren heißt es in der Festschrift: „Der Akademikerinnenbund Hamburg setzte sich in diesem Zeitraum zunächst mit einem von ihm angeregten Forschungsprojekt, einem der ersten Frauenforschungsprojekte, für eine verbesserte höhere Mädchenbildung ein. Dann nahm er aber auch an den aktuellen politischen Themen, wie der Hochschulreform, den Notstandsgesetzen, der Abschaffung des § 218 u. a. regen Anteil. Schließlich gab die Frauenenquete erneut Anlaß, auf Mißstände bei der Chancengleichheit von Frauen hinzuweisen.
Auf Anregung des Pädagogischen Ausschusses beim DAB unter der damaligen Leiterin aus Hamburg wurde 1960 ein Forschungsauftrag zu ‚Spezifischen Fragen der Mädchenbildung‘ vergeben. Er wurde am Seminar für Sozialwissenschaft der Hamburger Universität durchgeführt und von Mitgliedern unseres Verbandes betreut.
Untersucht wurden die Motive vorzeitiger Schulabbrüche, die Rolle der Schule bei der Berufswahl und die soziale Struktur an hundert Gymnasien mit und ohne Koedukation. Es zeigte sich, daß die Berufserwartungen der Mädchen, ihrer Familien und der beratenden Lehrer noch immer geprägt waren durch das Ziel der Eheschließung und die Vorrangstellung der Familie vor dem Beruf. Die Berufsausübung wurde folglich vielfach noch als Übergangslösung und Beschäftigung neben Haushalt und Kindererziehung geplant und entsprechend wenig aufwendig angelegt. (…)
In Sachen § 218 wurde der Verband vom Bundesjustizministerium 1965 gebeten, im Rahmen eines Fragebogens zur ‚Regelung freiwilliger Unfruchtbarmachung‘ Stellung zu beziehen. 1970 wird das Thema auf der Tagung des DAB weiter diskutiert und der ‚Fristenlösung‘ zugestimmt. Danach kam es zu einer öffentlichen Stellungnahme des Verbandes. Die Diskussion wird in Hamburg in den folgenden Jahren weitergeführt und die Stellungnahme 1974 in Hamburger Tageszeitungen der Öffentlichkeit und den Bundestagsabgeordneten noch einmal zur Kenntnis gebracht. (…)
Mitte der sechziger Jahre wurde auch die Frage ‚Frauen und Bundeswehr‘ in der Öffentlichkeit und im Verband diskutiert, ebenso die Akzeptanz eines Haushalts- und Krankenhausjahres für Mädchen (zur Begegnung der Überfüllung der Universitäten). Besonders der zweite Gedanke, vom damaligen Rektor der Universität befürwortet, stieß wohl einhellig auf Ablehnung, vor allem in seiner Begründung. (…)“
Über die 1970-er wurde dann berichtet: „Der Akademikerinnenbund Hamburg verfolgte das Aufbäumen junger Frauen zunächst mit distanziertem Erstaunen, denn mit den Frauenproblemen war er ja seit langem vertraut. Als der Verband dann versuchte, Brücken zur autonomen Frauenbewegung zu schlagen, fand dies dort wenig Interesse. Die Verbandsarbeit blieb aber auch so von den allgemeinen Entwicklungen nicht unberührt. Neue Ideen wurden von jüngeren Mitgliedern in die Vereinsarbeit eingebracht. Die Aktivitäten konzentrierten sich außer auf frauenbezogene Gesetzesänderungen wie die des § 218 StGB und des Scheidungsrechts auf zwei Schwerpunkte: das Selbstverständnis und die reale Gleichstellung von Frauen. (…)
Mit dem Selbstverständnis der Frauen hingen auch andere Aktivitäten zusammen. So forderte der Akademikerinnenbund den Hamburger Bürgermeister und die Hamburger Verwaltung im Zeitraum von 1974 bis 1976 mehrmals auf, die diskriminierende Anrede unverheirateter Frauen mit ‚Fräulein‘ abzuschaffen. Dabei konnte auf einen Senatsbeschluß aus dem Jahre 1955 in Hamburg und einen Erlaß des Bundesinnenministeriums vom Jahre 1957 verwiesen werden. Frau Dr. Marie Elisabeth Lüders, FDP-Abgeordnete und Alterspräsidentin des Bundestages, an der Gründung des Deutschen Akademikerinnenbundes von 1926 wie an der Neugründung 1949 maßgeblich beteiligt, hatte damals darauf hingewiesen, daß diese verbale Gleichstellung der Frau schon seit mehr als hundert Jahren eingefordert wird. 1974 begründete man die Ablehnung damit, es handele sich hier nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Gepflogenheit. Immerhin war das niedersächsische Wissenschaftsministerium bereit, diese schlechte Gepflogenheit zu ändern und führte 1976 die generelle Anrede ‚Frau‘ offiziell ein.
Mitgliedern des Vereins war außerdem aufgefallen, daß im Formularwesen der Fachschulen Frauen gar nicht vorgesehen waren, obgleich ein großer Teil des Lehrkörpers und der Schüler aus Frauen bestand. Dem zuständigen Senator wurde ein entsprechender Antrag übermittelt. Der Verbesserung des beruflichen Selbstverständnisses der Frau und der Abschaffung geschlechtsspezifischer Berufsbilder diente der Antrag, die Bezeichnung ‚Frauenberufsfachschule‘ zu ändern, da Männer durch diese Bezeichnung von der Teilnahme abgehalten werden.
Die reale Gleichstellung von Frauen an Hochschulen ist verständlicherweise ein Hauptanliegen des Akademikerinnenbundes. (…) Schon seit den sechziger Jahren macht der Akademikerinnenbund zusammen mit dem DAB in Gesprächen mit dem Rektor der Universität und mit Mitgliedern der Wissenschaftsbehörde darauf aufmerksam, daß erfolgreich promovierte und habilitierte Akademikerinnen ‚seltsamerweise dann aus dem Blickfeld verschwinden‘, wenn es um die Besetzung fester Planstellen geht. (…)
Von einer in der Wirtschaft tätigen Gruppe unserer Mitglieder wurde im Zeitraum 1978/81 ein Thesenpapier ‚Chancengleichheit für Frauen in der Wirtschaft’ erarbeitet und mit Vertreterinnen der ‚Vereinigung von Unternehmerinnen‘ sowie der Handelskammer und mit jungen Unternehmern und Vorstandsmitgliedern in der Wirtschaft diskutiert. (…)
In verschiedenen Aktionen wurden die Parteien außerdem aufgefordert, die Mitarbeit der Frauen in den Partei-Gremien zu fördern und diese in verstärktem Maße bei der Aufstellung ihrer Wahllisten, und zwar insbesondere bei den erfolgreichen oberen Listenplätzen, zu berücksichtigen.“
Über die 1980-er schreibt der Akademikerinnenbund Hamburg in seiner Festschrift: (…) „Bei Stellungnahmen zum ‚Frauenreport‘ 1978, einem Hearing im Rathaus zu diesem Thema 1979 und einer von der Gleichstellungsstelle 1983 initiierten Anhörung zu Fragen der Familienpolitik und Finanzierung von Frauenprojekten äusserte sich der Akademikerinnenbund immer wieder unbefriedigt über den geringen Anteil von Frauen beim Lehrpersonal der Universität und in Positionen des höheren Dienstes der Bundespost und Bundesbahn, über die Bevorzugung von Männern bei der Besetzung von Lehrer- und Schuldirektoren-Stellen und erinnerte auch an die Forderung mehr Frauen in den Rundfunk- und Verwaltungsrat des NDR aufzunehmen. (…)
1983 wurde die Möglichkeit einer Quotenregelung mit dem Präsidenten der Universität Hamburg diskutiert. 1984 forderte der Akademikerinnenbund den Einsatz von Frauenbeauftragten mit besonderen Kompetenzen an allen Hochschulen der Bundesrepublik. 1985 kommt es dann - ähnlich wie im öffentlichen Dienst – zu einer ‚Richtlinie zur Erhöhung des Anteils von Frauen am Wissenschaftlichen Personal der Universität Hamburg‘.
Anknüpfend an die Diskussion Anfang der achtziger Jahre bezüglich der Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes nach amerikanischem Muster und angesichts der geringen Erfolge der ‚Richtlinie zur Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst‘ setzte sich der Akademikerinnenbund verstärkt für die gesetzliche Verankerung von Frauenförderungsmaßnahmen und für Quoten ein. (…)
1988 konnte der Akademikerinnenbund kurz vor Ende der Dekade noch erleben, daß die ‚Arbeitsstelle Frauenförderung‘ der Universität Hamburg zu einer dauerhaften Einrichtung wurde.“
Über die 1990-er Jahre schreibt der Akademikerinnenbund Hamburg in seiner Festschrift „50 Jahre Akademikerinnenbund Hamburg e.V.“: „Feminismus und feministische Positionen zur Frauensolidarität, Koedukation, Menschenrechten, Sprache, Macht, Herrschaft, Werbung, Medien etc. können nun auch im ABH [Akademikerinnenbund Hamburg] offen diskutiert und müssen nicht länger als ansteckende, tunlichst zu verschweigende Peinlichkeit gemieden werden.“