Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Urte Clasing

(2.2.1934 Rostock - 12.7.2017 Hamburg)
Schauspielerin und Professorin für künstlerische Sprecherziehung
Hochschule für Musik und Theater, Harvestehuder Weg 12 (Wirkungsstätte)
Hallerplatz 1 (Wohnadresse)
Bestattet im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756


Urte Clasing wurde an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Hamburg zur Schauspielerin ausgebildet und spielte an verschiedenen deutschen Theatern. Als alleinerziehende Mutter begann sie früh, sich weiterzubilden und dann Sprecherziehung zu unterrichten. So führte ihre Lehrtätigkeit sie an ihre Ausbildungsstätte zurück, wo sie mit großem Einsatz und Erfolg lange Zeit unterrichtete.
Urte Clasing war eine hingebungsvolle Lehrerin mit kritisch-wachem Geist und sozialem Engagement. Ganz gleich in welchem Studiengang sie unterrichtete (Schauspiel, Gesang/Lied/Oper oder Schulmusik): ihr Schwerpunkt lag immer auf den Belangen und Bedürfnissen der zu unterrichtenden künstlerischen Persönlichkeit. Sie selbst hielt ihr Fach für das „unterrichtbarste“ in der künstlerischen Ausbildung, weil es – unabhängig von der jeweilig individuellen Begabung - die handwerkliche Basis für transparentes, vielseitiges und unmittelbares persönliches Ausdrucksvermögen vermittelt. Ihr grundsätzliches Interesse an den Künstlerpersönlichkeiten der Studierenden erstreckte sich häufig noch weit über deren Studienzeit hinaus. So wurde sie auch zur Initiatorin und zum Vorbild für nachfolgende Lehrkräfte der künstlerischen Sprecherziehung. Am Ende ihrer Professur und dann weiterhin im Lehrauftrag wandte sie sich mit kritisch-forschendem Geist besonders der Verslehre zu, die sie im Studiengang Schauspielregie überraschend praxisnah vermittelte.
Durch ihre eigenen Erfahrungen von Krieg, Flucht und Nachkriegszeit war Urte Clasing politisch interessiert, aufmerksam und hochschulintern aktiv. Außer in umfassender Gremienarbeit setzte sie sich vehement ein gegen das Vergessen und für die Aufarbeitung der jüdisch-deutschen Vergangenheit in der Hochschule. Ihr ist es vorrangig zu verdanken, dass auch öffentlich der Geschichte des Hochschulgebäudes und seiner Umbenennung in „Budge-Palais“ gedacht wird. Darüberhinaus sorgte sie immer wieder für künstlerische, bewegende Gedenkveranstaltungen an der Hochschule.
Als Schauspielerin und Sprecherin engagierte sie sich außerdem voller Enthusiasmus persönlich und in der Arbeit mit Studierenden in künstlerisch-politischen Projekten. So gab es Veranstaltungen für „amnesty international“, gegen Krieg, gegen die Todesstrafe, für Menschenrechte, Demokratie und Solidarität. Stolz war sie auf die von ihr entwickelten kabarettistischen Abende, die sich mit Tschernobyl und Zivilschutz oder mit der hamburgischen Hochschul- und Kulturpolitik auseinandersetzten.
Urte Clasing war eine warmherzige, unglaublich aktive, kritische und starke Frau. Es schmerzt, dass sie uns nach kurzer, schwerer Krankheit so schnell verlassen hat. Sie wird vielen in eindrücklicher Erinnerung bleiben.