Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Dolle Deerns e.V.

Verein zur Förderung feministischer Mädchenarbeit in Hamburg
Juliusstraße 16 (damals), Sternstraße 106 (heute)


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Infozettel der Dollen Deerns, Quelle: Staatsarchiv Hamburg

Über seine Geschichte schreibt der Verein Dolle Deerns auf seiner Website: „Auf der Hamburger Frauenwoche 1982 begegneten sich sechs Frauen auf einer Veranstaltung mit dem Titel ‚Feministische Mädchenarbeit‘. Schnell war die Notwendigkeit der Koordination von Mädchenarbeit im Hamburger Raum erkannt. Zentraler Gedanke war hierbei, die Position der feministischen Mädchenarbeit in der pädagogischen Fachwelt zu stärken. Zu diesem Zwecke standen die Vernetzung, das Formulieren gemeinsamer Forderungen, sowie die gemeinsame Fortbildung im Mittelpunkt. Um die gemeinsamen Ziele mit mehr Nachdruck zu erreichen, wurde der Verein ‚Dolle Deerns e.V. – Verein zur Förderung feministischer Mädchenarbeit‘ im Juli 1983 gegründet. Durch die finanzielle Förderung des Senates seit Mai 1987 konnte die Arbeit an den drei Schwerpunkten abgesichert werden: Sexualisierte Gewalt an Mädchen und Frauen; Koordination, Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit zu feministischer Mädchenarbeit; sowie Berufsfindung und die Ausbildungssituation von Mädchen. Im gleichen Jahr öffnete der erste Mädchentreff Hamburgs in Kirchdorf-Süd seine Türen und tut dies auch heute, nach 31 Jahren, weiterhin täglich. Ihm sollten hamburgweit noch vier weitere in der Sternschanze, Neu-Allermöhe, Lohbrügge und Harburg folgen. Schon 1984 wurde das Ziel, eine ständige Anlaufstelle für Mädchen, die Beratung zum Thema sexualisierte Gewalt suchten, realisiert. Diese existiert ebenfalls bis heute als etablierte Beratungseinrichtung und übernimmt wichtige Aufgaben in der Beratung und Aufklärung sowie der Unterstützung bei sexualisierter Gewalt.“ (www.dolledeerns.de/verein/die-geschichte/)

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Dolle Deerns e.V.

„Dolle Deerns“ stellten sich 1987 wie folgt selbst dar: „Der Verein (…) arbeitet (…) zur feministischen Mädchenarbeit und zum sexuellen Mißbrauch von Mädchen und Frauen. Wir haben unsere Arbeit in verschiedene Schwerpunkte geteilt:

  • Koordinierung und Lobbyarbeit für feministische Mädchenarbeit in Hamburg;
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • AG ‚Neue Frauen in der Mädchenarbeit‘. Für Frauen, die eine Mädchengruppe aufbauen (…)
  • AG ‚Sexueller Mißbrauch von Mädchen und Frauen‘; Beratung für sexuell mißbrauchte Mädchen und Frauen (…); Informations- und Unterstützungsangebote für Beraterinnen, Vertrauenspersonen, Öffentlichkeitsarbeit; Aufbau von Selbsthilfegruppen; Therapiegruppen.
  • AG ‚Berufsnot/Schnupperlehre für Mädchen‘: Übergreifende AG, die Probleme der Berufsorientierung-Findung und Ausbildungssituation von Mädchen aufgreift und Beratungs-/Freizeitangebote entwickelt.
  • Mädchen Cafe-Treff in der Juliusstraße 16 (…), offener Treff für Mädchen im Übergang zwischen Schule und Beruf; Information, Beratung, Freizeitaktivitäten
  • Mädchentreff Kirchdorf/Süd, Erlerring 7.““ (aus: Hamburger Frauenstadtbuch. Hrsg. v. Ulrike Helbig und Fraueninfobus. Hamburg 1987.)
Warum feministische Mädchenarbeit so wichtig für eine geschlechtergerechte Gesellschaft ist und was unter feministischer Mädchenarbeit zu verstehen ist, beantwortet „Dolle Deerns“ wie folgt:
„Mädchenrechte sind Menschenrechte
Es liegt im Interesse unserer Gesellschaft, alle in unseren Jugendlichen vorhandenen Potentiale zu entwickeln, zu fördern und letztlich auch zu nutzen. Tatsächlich aber folgt die Entwicklung von Mädchen und Jungen nicht diesem Ideal, sondern sie wird durch tief verwurzelte, geschlechtsbestimmte Vorstellungen und Normen sowie von der gesellschaftlichen Struktur bestimmt.
So werden Mädchen wesentlich früher und intensiver in familiäre Pflichten und Verantwortlichkeiten eingebunden als Jungen. Dadurch haben sie weniger Freiraum zur Verfügung. Ängste der Eltern und auch der Mädchen selbst vor realen oder befürchteten Gefahren, welchen Mädchen und junge Frauen im öffentlichen Raum ausgesetzt sind, schränken die Bewegungsfreiheit von Mädchen ein. Mädchen haben auch trotz häufig besserer Leistungen geringere Chancen auf dem Ausbildungs- und dem Arbeitsmarkt. Der «Wert» von Mädchen und jungen Frauen bemißt sich nach wie vor an Äußerlichkeiten. Alles dies hat einen erheblichen Einfluß auf die Identitätsbildung von Mädchen.
Feministische Mädchenarbeit hat sich entschieden, die Mädchen bei der Umsetzung ihrer Interessen zu unterstützen. Dadurch können die Mädchen neue und andere Perspektiven entwickeln und es wird für sie eine Vielfalt unterschiedlicher Lebensentwürfe möglich.
Feministische Mädchenarbeit unterstützt die Mädchen,
  • ihre Fähigkeiten und Stärken zu erkennen und diese im gesellschaftlichen Leben zu vertreten,
  • die strukturellen gesellschaftlichen Grenzen wahrzunehmen und Strategien zum Umgang mit diesen Grenzen zu entwickeln,
  • durch das Überprüfen gängiger Geschlechtsrollenbilder eine eigenständige positive Geschlechtsidentität zu entwickeln,
  • Mitgestaltungsmöglichkeiten zu sehen und diese auch wahrzunehmen, auf dem Hintergrund von Konflikt- und Entscheidungsfähigkeit eigene Ideen umzusetzen,
  • mit dem eigenen Körper und ihrer Sexualität selbstbewusst umzugehen, sich mit gängigen Schönheitsidealen auseinanderzusetzen
  • die Vielfalt unterschiedlicher Nationalitäten, Kulturen und Lebenshintergründe zu erkennen, wertzuschätzen und zu nutzen,
  • Motivation zu beruflichen Qualifikationen und ökonomischer Unabhängigkeit zu entwickeln.
Prinzipien feministischer Mädchenarbeit
Feministische Mädchenarbeit wendet sich an alle Mädchen und junge Frauen, unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, sexueller Identität oder Behinderungen. Unterschiede werden als Vielfältigkeit begriffen, die die bestehende Gesellschaft bereichern und sie dadurch positiv verändern.
Die Persönlichkeit der Mädchen steht im Mittelpunkt. Mädchen werden mit ihren individuellen Lebensgeschichten, Denk- und Verhaltensweisen akzeptiert.
Die Interessen und Bedürfnisse der Mädchen stehen an erster Stelle. Feministische Mädchenarbeit gibt Mädchen Unterstützung zur Bewältigung von konfliktreichen und widersprüchlichen Situationen.
Mädchen brauchen Räume, in denen sie ihre Eigenständigkeit entwickeln, spüren und stärken können. «Raum» in diesem Sinne bedeutet gleichzeitig Freiraum wie Entwicklungsraum, aber auch Experimentierraum und unter Umständen auch Schutzraum.
Kommunikation und Kooperation zwischen den Geschlechtern setzt Selbstverständnis und Selbstvergewisserung voraus.“ (www.dolledeerns.de/verein/feministische-m%C3%A4dchenarbeit/)
Anfang 2000 erfolgten „finanzielle Einschnitte, die eine Neustrukturierung durch den Wegfall der Koordinierungsstelle nach sich zog. Mit gleichem Tatendrang und Willen etwas zu bewegen begegneten der Verein und seine Mitarbeiterinnen aber auch den neuen Herausforderungen, die die Situation der geflüchteten Menschen ab 2015 mit sich brachte. Zusätzliche Stellen, eine psychologische Beratung, zwei Projekte zur Aufsuchenden Sozialarbeit in den Erstaufnahmen und viele gezielte Kurse und Programme wurden auf den Weg gebracht.“ (www.dolledeerns.de/verein/die-geschichte/)
An Mädchentreffpunkten vom Verein „Dolle Deerns e.V.“ gibt es heute:Der Verein „Dolle Deerns e. V.“ hat seine Geschäftsstelle in der Sternstraße 106. Dort befindet sich auch die Fachstelle zur Berufsorientierung und am Niendorfer Marktplatz 16 sitzt heutzutage die „Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt.“
Siehe mehr unter: www.dolledeerns.de/projekte-f%C3%BCr-gefl%C3%BCchtete/harburg/
(Stand: April 2019)