Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Christine Reinhard Christine Reinhard, geb. Reimarus

(22.2.1771 Hamburg – 19.2.1815 Paris)
Schriftstellerin, politische Akteurin, Ehefrau eines Diplomaten
Neustädter Fuhlentwiete 122 (heute Düsternstraße) (Wohnadresse als Kind)


Christine Reinhard war die Tochter des Arztes Johann Albert Heinrich Reimarus und seiner zweiten Ehefrau Sophie Reimarus. Verheiratet war Christine Reimarus mit dem auch in Hamburg tätigen Diplomaten Karl Friedrich Reinhard.
Christine Reinhard „repräsentierte am Ausgang des 18. Jahrhunderts den damals ganz neuartigen Typus der selbstbewussten, politisch engagierten und über den häuslichen Wirkungskreis hinausstrebenden Bürgerin. Der mit dem Gatten befreundete Dichter Johann Wolfgang Goethe, dem dieses Weiblichkeitsideal nur wenig behagte, notierte über Christine Reinhard verblüfft, dass sie nicht nur ‚eine gute Mutter und tätige Gattin‘ sei, sondern überdies auch ‚belesen, politisch und schreibselig‘, schreibt Jürgen Overhoff in seiner Biographie über Christine Reinhard.[1]
Christine Reimarus hatte in ihrer Kindheit und Jugend eine gute Bildung erhalten. In ihrem Elternhaus wurden auch die Mädchen gut ausgebildet. Ihr Vater, Sohn des Frühaufklärers und Philologen Hermann Samuel Reimarus, machte dabei keine Unterschiede zwischen seinen Söhnen und seinen Töchtern.
Seine zweite Ehefrau Sophie Reimarus unterhielt einen „Teetisch“, zu dem Lessing und Campe kamen und an dem ihre Erstgeborene Christine schon im Kleinkindalter teilnahm, indem sie sich dazu setzen durfte, um sich die Gespräche dieser berühmten Aufklärer anzuhören.
Alle diesen Menschen waren Anhänger der Französischen Revolution. 1795 lernte Christine Reimarus bei ihren Eltern den aus Tübingen stammenden und in Paris lebenden Diplomaten Karl Friedrich Reinhard kennen. Dieser lebte zu der Zeit als Gesandter in Hamburg. 1796 heiratete das Paar, das politisch die gleichen Ideale hatte. Das Ehepaar reiste fortan in diplomatischer Mission in die verschiedensten Teile Europas. Dabei war Christine Reinhard nicht nur die „Frau an seiner Seite“, sondern vertrat ihre politischen Ideale auch nach Außen und übernahm repräsentative Amtspflichten auf diplomatischem Parkett.
Das Ehepaar Reinhard lebte von 1797 bis 1799 in Florenz, dort war Karl Friedrich Reinhard als französischer Gesandter tätig. Doch als 1799 die antifranzösische Koalition in Italien wiedererstarkte, musste das Paar, welches kurz zuvor ein Kind bekommen hatte, fliehen. Auf seiner Flucht per Schiff starb das Neugeborene an den Strapazen der Flucht.
Das Ehepaar Reinhard kam nach Paris, wo Karl Friedrich 1799 zum Außenminister berufen wurde. Noch im selben Jahr wurde er wieder aus seinem Amt entlassen. Ein Jahr später kam das Diplomatenehepaar im Auftrag Napoleos zunächst in die Schweiz und 1802 nach Hamburg, wo es bis 1806 blieb, um dann nach Moldavien geschickt zu werden. In ihrer Zeit in Hamburg bekam Christine Reinhard zwei Kinder (eine Tochter und einen Sohn).
1807 musste das Paar über Russland nach Frankreich fliehen. Zuletzt, zwischen 1808 und 1813, lebte das Ehepaar in Kassel, wo es „an der Bildung eines napoleonischen Musterstaates auf deutschem Boden mit“ wirkte.[1]
„Nach Napoleons fehlgeschlagenem Russlandfeldzug und dem vollständigen Zurückweichen der französischen Truppen floh auch Christine Reinhard im November 1813 ein letztes Mal mit ihrem Mann nach Frankreich, wo sie noch den Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft erlebte, bevor sie zu Beginn des Jahres 1815 an den Folgen eines heftigen Fieberanfalls verstarb.“[1]
Christine Reinhard hinterließ einen umfangreichen brieflichen Nachlass. In all den Jahren, in denen sie mit ihrem Mann in diplomatischer Mission unterwegs war, hatte sie das politische Geschehen schriftlich kommentiert.
Die Briefe wurden später von ihrer Enkelin Baronin Marie Maximilienne Antoinette Louise von Wimpffen in französischer Übersetzung herausgegeben.
Text: Rita Bake