Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Frieda Cordes Friederike (Frieda) Katherine Elisabeth Cordes, geb. Kistner

(3.8.1895 Harburg - 27.7.1978 Hamburg)
Stille Helferin: half in der NS-Zeit jüdischen Freunden
Konsul-Renck-Straße 1 (Wohnadresse)
Bremer Straße 236, bestattet auf dem Neuen Harburger Friedhof. Die Grabstelle wurde 2003 aufgelassen.
Namensgeberin: Frieda-Cordes-Hof, Neugraben-Fischbek, seit 2020


4609 Frieda Cordes
Frieda Cordes

Friederike (Frieda) Kistner, kam am 3.8.1895 in der Industriestadt Harburg an der Elbe zur Welt und heiratete 1922 den Schlosser Georg Cordes. Dass das junge Ehepaar bald eine Wohnung in der Kurzen Straße 1 (heute: Konsul-Renck-Straße) beziehen konnte und dort die Geburt ihres Sohnes erleben durfte, war sicherlich ein besonderes Glück. Die neue Wohnung lag im so genannten Phoenixviertel, einem Wohnquartier, das in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts im Zuge der rasanten Industrialisierung und der explodierenden Entwicklung der Einwohnerzahlen der Stadt praktisch aus dem Boden gestampft worden war.

4609 Cordes Fam Goldberg
Elisabeth, Henny, Erna, Hermann und Reta Goldberg

Zu den Mitbewohnern des Hauses zählten die jüdischen Eheleute Hermann (*13.11.1878) und Elisabeth Goldberg, geb. Simon, (*16.5.1882) mit ihren drei Töchtern Erna (*13.1.1909), Reta (24.3. 1910) und Henny (26.7.1915), die vorher einige Jahre in Wilhelmshaven gelebt hatten.
Hermann Goldberg war in Cieszkowice im damals österreichischen Galizien (heute: Ukraine) zur Welt gekommen und hatte dort auch seine Kindheit verbracht. Frieda Cordes und Elisabeth Goldberg waren nicht nur einfache Nachbarinnen, sondern auch gute Freundinnen. Diese Freundschaft war für beide Familien in den Jahren der Weltwirtschaftskrise von unschätzbarem Wert und erwies sich in den Jahren nach 1933 als noch segensreicher. Am 28. Oktober 1938 gehörten Hermann und Elisabeth Goldberg mit ihren drei Töchtern zu den ca. 17.000 Juden polnischer Herkunft, die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in das östliche Nachbarland abgeschoben wurden.
Während Reta und Henny Goldberg kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs noch nach England ausreisen konnten, mussten ihre Eltern und ihre Schwester Erna zwei Jahre später nach der Besetzung Polens durch deutsche Truppen in das völlig überfüllte Getto der Stadt Tarnow übersiedeln. Die Pakete und Briefe, die Frieda Cordes den Leidgeprüften in diesen Tagen schrieb und schickte, waren die einzigen Zeichen von Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit. Als die `Aktion Reinhardt´, die Ermordung der polnischen Juden, im Frühjahr 1942 begann, brach der Kontakt ab.
Frieda Cordes hat die Briefe mit den verzweifelten Hilferufen und den nie ausbleibenden Dankesworten der vertriebenen Freunde aufbewahrt und nach dem Zweiten Weltkrieg den beiden Töchtern Reta und Henny Goldberg als private Zeugnisse der Erinnerung an ihre ermordeten Eltern übergeben.
Text: Klaus Möller