Maria Wilhelmine Gleiss
(19.9.1865 Hamburg - 5.2.1940 Hamburg)
Hamburgs erster praktische Ärztin und eine der ersten deutschen Ärztinnen
Holzdamm 19 (erste Praxis 1904)
Papenhuder Straße 42 (Praxis ab 1907 bis 1940)
Bestattet auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Der Grabstein steht im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756
Maria Wilhelmine Gleiss war Hamburgs erste Ärztin und hatte ihre erste Praxis als niedergelassene praktische Ärztin ab 1904 am Holzdamm 19. Ab 1907 praktizierte sie bis zu ihrem Tod 1940 in der Papenhuder Straße 42.
Geboren wurde sie als Tochter des Pastors Karl Wilhelm Gleiss (1818-1889), der Stiftsprediger der Kapellengemeinde in St. Georg war und Oberlehrer an der Sonntagsschule St. Georg und somit mit Elise Averdieck zusammenarbeitete. Ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters starb auch Maria Gleiss‘ Mutter Johanna, geborene Goldenstedt.
Damals war Maria Wilhelmine Gleiss 24 und 25 Jahre alt.
Maria Gleiss, die noch einen Bruder hatte, begann nach dem Besuch der höheren Töchterschule in Hamburg und des Lehrerinnenseminars in Callenburg/Sachsen, welches sie 1886 mit dem Lehrerinnenexamen abschloss, als Lehrerin und Erzieherin sowie 1892 während der Choleraepidemie in Hamburg als Krankenpflegerin zu arbeiten. Letztere Tätigkeit, die sie bei ihrer Großtante Elise Averdieck in deren Diakonissenhaus Bethesda durchführte, führte bei Maria Wilhelmine Gleiss zu dem Entschluss, Ärztin zu werden. Dazu musste sie zunächst einmal Abitur machen. Deshalb besuchte sie zwischen 1894 und 1896 die Gymnasialkurse bei Helene Lange in Berlin. Im Februar 1897 machte sie ihr Abitur als Externe am Königliche Preußischen Gymnasium in Kreuznach. Zwischen 1896 und 1897 studierte sie Medizin in Zürich, ab 1897 dann in Halle und absolvierte 1901 ihr Staatsexamen in Freiburg. Im selben Jahr promovierte sie in Straßburg.
Maria Wilhelmine Gleiss gehörte „zu den ersten sechs Frauen, die1901 die deutsche Approbation erlangt hatten“.[1] Von November 1901 bis Ende September 1902 war sie als Assistenzärztin am Hilda-Kinderspital in Freiburg i. Br. tätig und dann in selber Funktion an den Frauenkliniken in Straßburg und Wien bis sie sich 1903 als praktische Ärztin in Hamburg niederließ.[2] „Bis 1908 blieb Maria Wilhelmine Gleiss die einzige Ärztin Hamburgs. 1910 hatte sie drei Kolleginnen und 1914 standen 15 Ärztinnen in Hamburg 1862 Ärzten gegenüber“ [3], schreiben Andrea Brinckmann und Eva Brinkschulte in ihrem Aufsatz über die ersten Ärztinnen in Hamburg und am UKE. Und beide verdeutlichen, dass die Etablierung und Anerkennung der Frau als Ärztin nicht ohne Schwierigkeiten von statten ging. „Ab 1903 musste sie mehrmals gerichtlich gegen die Ehemänner ihrer Patientinnen vorgehen, weil sie eigenmächtig Honorare gekürzt hatten. Maria Gleiss betreute komplizierte Schwangerschaften, führte Entbindungen und ärztliche Nachbetreuungen durch. Eine angemessene Bezahlung der von ihr in Rechnung gestellten Leistungen stimmten die Teils wohlhabenden Männer mit verschiedenen Ausflüchten jedoch nicht zu. Konsequent erstritt Maria Gleiss sich vor dem Amtsgericht auch kleine Beträge.“[4]
Maria Wilhelmine Gleiss‘ Spezialgebiet war die Frauen- und Kinderheilkunde. In ihrer Promotion hatte sie sich mit der „Verhütung fieberhafter Infektionen im Kindbett durch hygienische Maßnahmen“ beschäftigt.
Ein Jahr vor ihrem Tod wurde sie 1939 Besitzerin des Kinderheims Heidenheim in Hausbruch.[5]
Maria Wilhelmine Gleiss war in den 1920er Jahren Vorsitzende der Ortsgruppe Hamburg des „Bundes deutscher Ärztinnen“, außerdem war sie Mitglied des 1914 gegründeten „Verein Krankenhaus weiblicher Ärzte“.
Maria Wilhelmine Gleiss war 1902 dem Hamburger Senat vom Verein „Frauenwohl“ als Gefängnisärztin für die weiblichen Gefangenen der Strafanstalt Fuhlsbüttel vorgeschlagen worden. Und Maria Wilhelmine Gleiss wollte diese Aufgabe auch gerne übernehmen. Doch der Verein scheiterte beim Senat mit seinem Gesuch. Der Senat bestätigte (zwar], dass der Antrag wohlwollend geprüft werden solle, ohne dass je Taten folgten, somit Zwangsuntersuchungen weiblicher Strafgefangener weiterhin von männlichen Ärzten durchgeführt wurden.“[6]
Bereits zwei Jahre zuvor war der Verein „Frauenwohl“ aktiv geworden und hatte an die Gefängnis-Deputation „konkrete Forderungen nach einer Gefängnisärztin für alle Frauen (gestellt], an denen Zwangsuntersuchungen vorgenommen wurden. Der Senat befand, dass der Antrag einer Begründung entbehrte und ‚dass auf das Gesuch um Anstellung eines weiblichen Arztes nicht einzugehen sei.‘“[7] (siehe dazu auch unter: Luise Zietz).