Lisette Helene Fürth Lisette Helene Fürth, verh. Bruce
(1793 – ?)
Zahnärztin
Paulstraße 38 (Praxis)
In der Paulstraße 38, wo heute die Europapassage verläuft, betrieb Lisette Helene Bruce mit ihrem Mann Nils Bruce eine Zahnarztpraxis. Obwohl auch sie Zahnärztin war, war im Adressbuch von 1826 bei ihr angegeben „Zahnarzneikunde“ und bei ihm „Zahnarzt
Andrea Brinckmann nennt in ihrem Aufsatz über die ersten nicht approbierten Zahnärztinnen die zwei Schwestern Lisette Helene Fürth und Antoinette Auguste Fürth. Sie, so Andrea Brinckmann , praktizierten „bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhundert, Jahrzehnte bevor Frauen in Deutschland ab 1899 Zugang zum medizinischen, pharmazeutischen und zahnärztlichen Staatsexamen erlangten, in Hamburg als Zahnärztinnen“.[1]
Und weiter berichtet Andrea Brinckmann über die Schwestern: „Als einzige Frau unter den elf konzessionierten Zahnärzten Hamburgs wurde 1820 eine ‚Mme Fürth‘ in einem Verzeichnis des Medizinal-Rates geführt, entweder Lisette oder Antoinette Fürth verfügten demnach über die entsprechende Zulassung. Es ist anzunehmen, dass die Schwestern eine praktische zahntechnische Ausbildung bei ihrem Vater erhielten, dem nicht approbierten Zahnarzt Martin Salomon Brandeis Fürth.
Liesettes Schwester Antoinette (geb. 12.11.1799) blieb ledig. Sie „warb erstmals 1833 unter der Anschrift ihres Vaters in der Caffamacherreihe 183 als ‘examinierte Zahnärztin‘ für sich selbst. (…) Die Mehrheit der Zahnärzte absolvierte ihre praktische Ausbildung wie die Fürth-Schwestern in den Praxen von Zahnkünstlern oder Zahnbehandlern. Das Beispiel aus Hamburg zeigt, dass Frauen hinsichtlich ihrer Qualifikation und Praxiskenntnisse gleichberechtigt neben männlichen Kollegen stehen konnten,“[1] meint Andrea Brinckmann.
Über die Verdrängung von Frauen aus diesem Beruf äußert Andrea Brinckmann: „Die Durchsetzung des naturwissenschaftlichen Paradigmas in der Zahnmedizin bedeutete jedoch eine Verdrängung von Frauen aus dem zahnärztlichen Beruf. Ursächlich war die Einführung einer neuen Gewerbeordnung im Norddeutschen Bund 1869. Zwar galt jetzt die Kurierfreiheit, die Männern und Frauen gleichermaßen auch ohne jeglichen Qualifikationsnachweis die Möglichkeit eröffnete, das Gewerbe als Zahnbehandler aufzunehmen. Den Titel ‚Zahnarzt‘ durfte jedoch nur noch tragen, wer ein medizinisches Staatsexamen abgeleistet hatte, und die medizinischen Fakultäten blieben Frauen verschlossen.
Die Schwestern, die zwar keine wissenschaftlich-medizinische Ausbildung vorweisen konnten, sondern nur ein mündliches Examen bei Ärzten, praktizierten bis ins hohe Alter.