Gerda Zorn Gerda Zorn, geb. Hesse
(11.1.1920 Berlin – 27.4.2021 Hamburg)
Redakteurin, Lektorin, Sachbuchautorin über den Widerstand gegen das NS-Regime
Fuhlsbüttler Straße 756, bestattet auf dem Friedhof Ohlsdorf, Grablage: AD 10, 6b
Gerda Hesse verbrachte ihre Kindheit und Jugend in ihrem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus in Berlin. Schon immer war ihr Traum, Journalistin zu werden. 1934 begann sie ihr Berufsleben als Stenotypistin. Gleich ihre zweite Stelle bei der Tobis-Filmgesellschaft verlor sie, weil sie sich weigerte, dem BDM (Bund deutscher Mädel) beizutreten. Auch ihre nächste Stelle beim Reichsverband deutscher Zeitungsverleger kündigte sie, weil ihr der zunehmende Einfluss der Nationalsozialisten auf den Verband mißfiel. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Gerda Zorn bei der Nachrichtenagentur Transocean in Berlin tätig, danach bei der Presse der sowjetischen Alliierten.
1947 heiratete Gerda Zorn den Journalisten Heinz Stern und erhielt das Karl-Marx-Stipendium, um in Leipzig Kulturpolitik zu studieren. Nach ihrer Scheidung im Jahr 1950 wurde sie Redakteurin im Amt für Information in Berlin und arbeitete zusätzlich noch als Lektorin beim Kulturbund der DDR. Dieser Funktionen wurde sie nach einem Kinobesuch in Westberlin enthoben und zur Bewährung in die Produktion und kurze Zeit später als Hilfsredakteurin zur Schweriner Zeitung versetzt. Als sie sich einige Jahre später weigerte, diese Bewährungsarbeit weiter auszuführen, erhielt sie Berufsverbot und verließ deshalb 1956 die DDR. In Kassel traf sie ihren Jugendfreund Hans Zorn wieder und heiratete ihn noch im selben Jahr.
Ende der 1950er Jahre zogen die Zorns nach Hannover, wo Gerda ihre Karriere als Journalistin fortsetzte und der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) beitrat. Über die VVN lernte sie August Baumgarte kennen, der während der NS-Zeit 12 Jahre im Konzentrationslager inhaftiert gewesen war und in der Adenauer-Ära wegen seiner politischen Arbeit zwei Jahre im Gefängnis gesessen hatte. Baumgarte überließ Gerda Zorn eine Fülle von Material über den Widerstand gegen das NS-Regime in Hannover, die Grundlage für ihr Buch ‚Stadt im Widerstand‘.
1965 zogen die Zorns nach Hamburg, wo Gerda Zorn zusammen mit Gertrud Meyer das Buch „Frauen gegen Hitler“ verfasste. In der Folge arbeitete sie als freie Mitarbeiterin der Sendung „Zwischen Hamburg und Haiti“ und engagierte sich im Verband deutscher Schriftsteller.
Hans Zorn starb 1990. Gerda Zorn blieb in Hamburg und widmete sich weiterhin der kritischen Aufarbeitung der deutschen Nachkriegsgeschichte und der Dokumentation des Alltagslebens in der NS-Zeit. Sie war eine der ersten AutorInnen, die auf die Wichtigkeit des Frauenwiderstandes hinwies und dazu beharrlich Fakten zusammentrug.
Gerda Zorn starb am 27. April 2021 im Alter von 101 Jahren.
Ihre wichtigsten Werke sind u.a.
• Wiederkehr des Verdrängten. Autobiographische Erinnerungen. 2001. ISBN 3-89793-049-8.oder. ISBN 978-3-89626-687-3 (2008)
• France Bloch-Sérazin. Auf den Spuren einer mutigen Frau (Drehbuch) zusammen mit Hans Zorn. Regie: Loretta Walz. 80 Minuten, Deutschland 1993.
• Bombenalltag. Roman. München: Droemersche Verlagsanstalt Knaur, 1985. ISBN 3-426-08039-7
• Rote Großmütter gestern und heute. ISBN 3-87682-847-3
• Nach Ostland geht unser Ritt. Deutsche Eroberungspolitik zwischen Germanisierung und Völkermord. Mit einem Vorwort von Herbert Wehner.1988. ISBN 3-87682-841-4
• Frauen gegen Hitler. Berichte aus dem Widerstand 1933–1945. (Zusammen mit Gertrud Meyer.) Mit einem Vorwort von Renate Riemeck und einem Nachwort von Max Oppermann. ISBN 3-88290-022-9
• Stadt im Widerstand. Mit einem Vorwort von Wolfgang Abendroth. Frankfurt am Main: Röderberg-Verlag, 1965. Später als Widerstand in Hannover. Gegen Reaktion und Faschismus 1920–1946. ISBN 3-87682-028-6
Text: Traute Springer