Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Jutta Rall-Niu

(29.3.1929 Schanghai – 10.4.2006 Hamburg)
Sinologin
Kalimorgenweg 3 (Wohnadresse)
Fuhlsbüttler Straße 756, bestattet auf dem Friedhof Ohlsdorf, Grablage: AB9-4


Im Wikipedia Eintrag zu Jutta Rall-Niu steht: „Nach der Promotion zum Dr. med. in Hamburg am 30. Juli 1954 und zur Dr. phil. 1960 ebenda und der Habilitation 1968 war sie von 1968 bis 1971Privatdozentin für Sinologie und von 1971 bis [zu ihrer Emeritierung] 1994 Professorin für Sinologie.“[1]
Sie lehrte von 1968-1970 an der Philosophischen Fakultät der Universität Hamburg; von 1970 bis 1994 am Fachbereich Orientalistik und zwar von 1968 bis 1994 am Seminar für Sprache und Kultur Chinas und von 1982 bis 1983 am Seminar für Indonesische und Südsee-Sprachen. Ihr Fachgebiet war Chinesische Sprache und Literatur.[2]
Ihre Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung der Universität Hamburg waren: 1972-1975: stellvertretende Seminardirektorin; 1974-1975 stellvertretende Fachbereichssprecherin; 1975-1977 Fachbereichssprecherin; 1979-1982 stellvertr. Fachbereichssprecherin; 1982-1994 Fachbereichssprecherin; 1982-1983 Direktorin des Seminars für Indonesische und Südsee-Sprachen (kommissarisch); 1991-1994 stellvertr. Seminardirektorin.[2]
Sie schrieb z. B. über das „Ch'ao Shih Chu Ping Yüan Hou Lun. ‚Abhandlungen über die Ätiologie und Symptomatologie sämtlicher Krankheiten‘, ein Werk der chinesischen Medizin aus dem 7. Jahrhundert. Hamburg 1962“ und über: „Die vier großen Medizinschulen der Mongolenzeit. Stand und Entwicklung der chinesischen Medizin in der Chin- und Yüan-Zeit. Wiesbaden 1970.“[1]
Jutta Rall-Niu erlernte auch die Kunst der Akupunktur. Dazu schrieb sie in einem Brief an das Deutsche Ärzteblatt u. a.: „Im Jahre 1974 habe ich in Taipei in einem chinesischen Akupunkturkrankenhaus hospitiert und die Akupunktur erlernt. Bereits vorher hatte ein koreanischer Wissenschaftler versucht, wissenschaftliche Grundlagen für diese Behandlungsmethode darzustellen, die sich jedoch als Artefakte erwiesen.
Ich habe die Akupunktur selbst ausgeübt und tue das in Einzelfällen heute noch. Dabei bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die Akupunktur keine spezifische Wirkung, aber dennoch einen Effekt hat. Und zwar wirkt sie stimulierend und hyperämisierend. Das Wichtigste ist jedoch der psychologische Effekt: die Person des Akupunktierenden, der sich eine halbe Stunde mit dem Patienten beschäftigt, und der Glaube an die Behandlungsmethode, der den Patienten von allen Medien suggeriert wird. Ich spreche zwar Chinesisch, sehe aber keineswegs asiatisch aus. Das kann es also nicht sein. Aber die Zuwendung und Zeit, die der Patient erhält, wirken Wunder. Er/sie kann endlich einmal ein paar Sorgen loswerden. (…).“[3]
Jutta Rall-Niu hielt auch vor dem deutschen Ärztinnenbund, Regionalgruppe Hamburg 1963 und 1987 einen Vortrag über klassische chinesische Medizin.
Jutta Rall-Niu war auch Vorsitzende des Deutschen Hochschulverbandes, Landesverband Hamburg. In dieser Funktion protestierte sie 2002 gegen das von dem damaligen Wissenschaftsenator Jörg Dräger (parteilos) herausgegebene Hochschulmodernisierungskonzept. Die taz zitierte in einem Artikel dazu Jutta Rall-Niu: „‘Der Entwurf setzt strikt auf hierarchische Führungsstrukturen‘, kritisiert die DHLH-Vorsitzende Jutta Rall-Niu. Es sei ein ‚in die Irre führender Ansatz‘, alle Kollegialorgane einer Hochschule zu entmachten und stattdessen Entscheidungskompetenzen ‚allein auf zentraler Leitungsebene‘ zu verankern. So darf beispielsweise künftig das Präsidium die Fachbereichs-Dekane auswählen.
Neu in der Debatte sind ‚verfassungsrechtliche Bedenken‘ gegen den Gesetzentwurf. Bekanntlich sollen künftig externe ‚Hochschulräte‘ den Präsidenten wählen, über ‚grundsätzliche Forschung und Lehre betreffende Strukturfragen‘ entscheiden und auch über Mittelverteilung und Hochschulentwicklung bestimmen. Da in jenen Räten kein Hochschulangehöriger sein darf und lediglich vier von neun Mitgliedern von den Hochschulen bestimmt werden dürfen, sei weder gewährleistet, ‚dass der Gruppe der Professoren der ausschlaggebende Einfluss zukommt‘ noch garantiert, dass diese Mitglieder ‚überwiegend Professoren seien‘, heißt es in der Stellungnahme.
Dies verstoße gegen die ‚ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur besonderen Stellung der Hochschullehrer‘, weil dem Hochschulrat ‚in Wissenschaftsangelegenheiten ein Letztentscheidungsrecht‘ zukomme, das laut Gericht den Professoren gebührt.
Der DHLH, dem bundesweit 18.000 Mitglieder angehören, kritisiert zudem die geplante Ausweitung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Diese räume zum einen dem nicht mehr durch Professoren legitimierten Präsidenten die Entscheidung über ‚wissenschaftsrelevante Fragen‘ ein. Zum anderen drohten diese die Wissenschaftsfreiheit einzuschränken. ‚So werden Ziele, wenn sie ‚trendy‘ sind, determiniert und andere Ziele – im Bereich der Grundlagenforschung – praktisch ausgeblendet.‘ Auch würde den Hochschulen hier eine ‚Planungssicherheit vorgegaukelt, die sich rasch als Schimäre erweisen kann‘“.[4]