Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Marion Schüler Dr. med. Marion Christine Schüler MD

(15.8.1959 – 9.10.2021)
Allgemeinmedizinerin, Rettungshundestaffelführerin
Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: BS 69 – 183
Hauptstraße 33-36 Schenefeld (Ärztinnen-Praxis)


In der Traueranzeige des DRK Landesverband Hamburg e.V. heißt es zum Tod von Christine Schüler: „Der DRK Landesverband Hamburg e. V. trauert um Dr. med. Christine Schüler MD, die am 9. Oktober 2021, vollkommen unerwartet, mitten aus dem Leben gerissen wurde. Die Verstorbene war von 2006 bis 2011 als ehrenamtliche Landesärztin tätig. Im Jahre 2011 übernahm sie den Vorsitz des DRK Kreisverbandes Hamburg Altona e. V. und gehörte damit 15 Jahre dem Präsidium des DRK Landesverbandes Hamburg e. V. an. Neben ihrem Engagement als Ärztin galt ihr besonderes Augenmerk dem Rettungshundewesen, als Ausbilderin und Prüferin im Deutschen Roten Kreuz und darüber hinaus. In einem Interview zu ihrem Ehrenamt hat Frau Dr. Schüler einmal gesagt: ‚Das Wertvollste, das wir haben, sind unser Wissen und unsere Zeit‘.“1) Und der DRK Kreisverband Hamburg Altona und Mitte e.V. schrieb in seiner Traueranzeige: „‘Jeder von uns ist ersetzbar‘, das war Dein Standard-Konter auf übertriebenes Lob oder Aufhebens um Deine Person. Für Ämter und Funktionen stimmt das vielleicht. Mag sein, dass wir in der Rettungshundestaffel einen Ersatz für Dich finden. Mag sein, dass wir zügig eine neue Kreisverbandsärztin gewinnen. Mag sein, dass sich schnell jemand als neue Vorstandsspitze zur Wahl stellt. Mag sogar sein, dass diejenigen genauso mit dem Herzen dabei sind wie Du. Aber als Mensch, als Wegbegleiterin und als Vorbild wirst Du uns alle unersetzlich bleiben.“ 2)
Ihren beruflichen Werdegang beschrieb Christine Schüler wie folgt: „Prof. h.c. der Medizin, Internationale Akademische Union, St. Petersburg 8. Juli 2005 Master of Science, Animal Science, Ashbourne University, London 25. Januar 2006 Landesärztin des DRK Hamburg von 2005 bis 201. 1. Vorsitzende des DRK Kreisverbandes Hamburg Altona und Mitte e.V. seit 2011 Stellvertretende Staffelleitung der Rettungshundestaffel Hamburg Altona und Mitte e.V. bis 2013 Ausbilderin und Prüferin der Sparte Mantrailing und Eignungstest im DRK, Ausbilderin und Prüferin der GBMA e.V. von 2005 bis 2015.
Mit Jagdhunden groß geworden, habe ich von klein auf den Umgang mit Arbeitshunden gelernt. Im Laufe meines Lebens habe ich 2 kleine Münsterländer und zwei Deutsche Wachtel durch die jeweiligen VGP`s, Bringtreue und Schweißprüfung geführt.
Mein erster Rettungshund war ein Ridgeback. Sie hat mir sehr schnell beigebracht, dass man sich nicht die Arbeit für den Hund, sondern den Hund für die jeweilige Arbeit aussuchen sollte. Nach zwei Jahren Versuch der Flächenausbildung wurde Dixie Jagd-, Hof- und Therapiehund in meiner Praxis. Sie brillierte in allen drei Aufgaben und war fortan ein glücklicher Hund. Dann kam mein erster Mantrailer. Tilly war von 2007 bis 2010 der erste und einzige geprüfte Mantrailer für den Großraum Hamburg. Zusammen mit Max, der 2010 zu mir kam, sind wir bis 2012 in ca. 300 Einsätze gegangen. Leider ist Max im Sommer 2012 verstorben und Tilly auf Grund einer Erkrankung in Pension. Unser Nachwuchshund versucht in die sehr großen Fußstapfen hinein zu wachsen. (…).“ 3)
Christine Schüler war 1. Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Odorologie E. V. „Die Arbeitsgemeinschaft Odorologie, ist eine Vereinigung von Personen aus aller Welt, die sich die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des geruchsdifferenzierenden Mensch-Hund-Teams, zur Förderung der Rettung aus Lebensgefahr, die Bekämpfung von Terrorismus und die Förderung der Kriminalprävention zur Aufgabe machen“, heißt es in der Satzung des Vereins.
2019 erschien im Mitteilungsblatt der kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein ein Porträt über Christine Schüler, aus dem die besondere Verbundenheit von Christine Schüler zu Hunden hervorgeht: „Den Sprung ins Ehrenamt wagte Dr. Christine Schüler vor gut fünfzehn Jahren, als sie nach einer sinnvollen Beschäftigung abseits der Praxis suchte. Bedingung war, dass sie diese gemeinsam mit ihrem Hund ausführen konnte. So fanden die Allgemeinmedizinerin, die seit 1993 in Schenefeld (Kreis Pinneberg) niedergelassen und dort seit zwei Jahren in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig ist, und ihr damaliger treuer Begleiter Ridgeback ‚Dixi‘ zur DRK-Rettungshundestaffel Hamburg Altona und Mitte. Der Rettungshundeführer ist als ehrenamtlicher Helfer im Sanitätsdienst des Deutschen Roten Kreuzes Mitglied der jeweiligen DRK-Bereitschaft. Er nimmt wie alle anderen am Dienst teil, wobei ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, das zeitaufwendige Ausbildungs- und Trainingsprogramm mit seinem Rettungshund durchzuführen. Der Rettungshund ist Eigentum des Rettungshundeführers, mit dem er ein Team bildet.
Im neuen Job standen die Ärztin und ihr frisch ausgebildeter Suchhund schnell vor großen Herausforderungen. 2005 wurde die Staffel zu einer tragisch verlaufenden Suche gerufen. Ein kleines Mädchen war verschwunden. ‚Obwohl wir ihr Fahrrad fanden, konnten wir den Weg zu ihrem Aufenthaltsort nicht verfolgen, da
unsere Hunde dafür nicht ausgebildet waren. Wir hatten damals nur sogenannte Flächensuchhunde‘, berichtet Schüler. Am nächsten Morgen wurde das Kind ganz in der Nähe ermordet in einer Wohnung aufgefunden. Als Konsequenz aus diesem dramatischen Einsatz beschäftigte sie sich intensiv mit dem ‚Mantrailen‘. Diese Ausbildungsvariante hat den entscheidenden Vorteil, dass der Suchhund verschiedene menschliche Gerüche voneinander unterscheiden kann und sich ausschließlich an den Geruchsmerkmalen der gesuchten Person orientiert. Ab 2006 waren Schüler und ihr neuer Hund ‚Tilly‘ und später der Bloodhound ‚Max‘ das einzige geprüfte ‚Mantrailer-Team‘ im Großraum Hamburg.
Bis 2013 gingen sie pro Jahr in etwa 120 Einsätze, um Senioren, Selbstmörder, Kinder oder andere vermisste Menschen zu suchen und zu finden. (…).“ 4)