Julia Kerr Julia Anna Franziska Kerr, geb. Weismann
(28.8.1898 Wiesbaden - 3.10.1965 Berlin)
Komponistin
Fuhlsbüttler Straße 756, bestattet auf dem Ohlsdorfer Friedhof Grablage Z 21, 217
Nachdem Julia Kerr 1965 in Berlin gestorben war, wurde sie neben ihrem Ehemann Alfred Kerr (1867-1948) auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet. Alfred Kerr starb 1948 in Hamburg, wohin er zu einer Theateraufführung gekommen war. Als er dort einen Schlaganfall erlitten hatte, nahm er sich mit Schlaftabletten das Leben.
Der Theaterkritiker und Schriftsteller sowie Journalist Alfred Kerr ist in die Prominentenliste des Ohlsdorfer Friedhofes aufgenommen worden – nicht jedoch seine Ehefrau, die Komponistin Julia Kerr. Wie es meist so ist in patriarchalen Gesellschaftssystemen galt ihre Arbeit als Komponistin weniger bedeutend als die Tätigkeit ihres Ehemannes. Der Grad von Bedeutung hängt leider auch vom Bekanntheitsgrad der Person ab, und diesen erringen die Menschen meist über Veröffentlichungen und/oder Aufnahme in Prominentenlisten, Denkmälern, Erinnerungstafeln und was es sonst noch für Formen der Erinnerung gibt. Verschweigt man die Person, und hat sie noch so Großartiges geleistet, wird sie vergessen und erlangt dadurch kaum Bedeutung.
Julia Kerr, die zweite und 30 Jahre jüngere Ehefrau von Alfred Kerr, mit dem sie zwei Kinder hatte, wurde als Tochter von Gertrud Weismann, geb. Reichenheim und des preußischen Staatssekretärs Robert Weismann geboren. Sie studierte Musik und Berlin „und heiratete 1920 den Theaterkritiker Alfred Kerr. Weil sie Juden waren, musste die Familie Kerr aus Deutschland fliehen. Nach einem Aufenthalt in der Schweiz zogen sie nach Frankreich und schließlich 1935 nach England. In London musste Julia Kerr ihre in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie mit kümmerlichen Sekretariatsarbeiten über Wasser halten. Nach Kriegsende arbeitete sie als Dolmetscherin und Sekretärin beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. (…) Später lebte Julia Kerr wieder in Berlin,“[1] wo sie 1965 an einem Herzinfarkt starb.
„Kerrs erste Oper war Die schöne Lau, eine Märchenoper in sechs Bildern nach Eduard Mörikes Dichtung. Das Libretto schrieb Aenne von Below. Die schöne Lau war die erste Oper, die in Deutschland im Rundfunk uraufgeführt wurde: die Funk-Stunde Berlin sendete sie am 3. Februar 1928 (…), die szenische Erstaufführung folge am 12. Mai 1929 im Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Die Aufführung ihrer zweiten Oper Chronoplan, zu der ihr Mann 1929 das Libretto begonnen hatte, verzögerte sich aufgrund der Emigration. In dieser Oper ging es um eine Zeitmaschine, die George Bernard Shaw zu einer Begegnung mit Lord Byron verhelfen sollte. 1947 wurden die Pläne vergeblich wieder aufgenommen.
Neben Opern komponierte Kerr auch Lieder, oftmals auf Gedichte ihres Gatten.“[1]