Charlotte March
(8.10.1930 Essen – 29.5.2005 Hamburg)
Jarrestraße 80 (Wirkungsstätte)
Charlotte March studierte zwischen 1950 und 1954 an der Hamburger Kunstschule Alsterdamm. Zwei Jahre später begann sie als Illustratorin mit dem Verlag Gruner + jahr, sowie den Zeitschriften Brigitte und Stern zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig arbeitete sie als Dozentin in der Meisterschule für Mode in Hamburg.
Doch die Fotografie faszinierte sie am stärksten. „Schon als Studentin an der Hamburger Kunstschule Alsterdamm erkundet Charlotte March die Stadt mit der Kamera, vor allem die wenig glamourösen Orte. Sensibel fängt sie in Momentaufnahmen die wiederkehrende Normalität der kleinen Leute in der Nachkriegszeit ein: Alltags-Szenen, bevorzugt rund ums Rotlichtviertel.“[1]
1961 eröffnete Charlotte March ihr erstes Atelier für Werbe- und Modefotografie mit Sitz in der Sierichstraße. Sie erhielt Aufträge aus Paris und London, fotografierte für die Zeitschriften „Elle“, „Vanity Fair“ und „Harper’s Bazaar“; „und sie lernt Willy Fleckhaus kennen, den Gründer der Zeitschrift ‚Twen‘, mit deren völlig neuer Optik er ‚wie ein reinigendes Gewitter‘ den Markt aufmischt. Charlotte Marchs Fotoserien im Magazin werden vom New Yorker Art Directors Club ausgezeichnet.“[2]
1968 erhielt sie den Kulturpreis der deutschen Gesellschaft für Photographie in Köln.
Charlotte March bekam auch Aufträge von der italienischen „Voque“ und der französischen Zeitschrift „Marie Claire“, aber auch Werbeaufträge von Renault sowie von Getränke- und Zigarettenmarken.
Charlotte March nahm auch an zwei Weltausstellungen teil. Ihre Arbeiten wurden im Laufe der Jahre in verschiedenen Galerien und Museen gezeigt.
1977 schrieb sie das Buch „Mann, oh Mann! – Ein Vorschlag zur Emanzipation des attraktiven Mannes“. Dieses Buch hatte großen Erfolg, zeigte es doch erstmals die weibliche Sicht auf den männlichen Körper.
Charlotte March arbeitete bis 1998 in ihrem Studio in der Jarrestraße. Ihr fotografischer Nachlass befindet sich in der Sammlung Falckenberg in Hamburg. Von Mai bis August 2022 wurde in den Hamburger Deichtorhallen eine Werkschau von 300 Arbeiten gezeigt, die Charlotte March einst produziert hatte, wobei besonders wenig bekannte Arbeiten von ihr im Mittelpunkt standen. Dazu heißt es auf der Website der Deichtorhallen: „Das weitgehend unbekannte fotografische Frühwerk Marchs aus den 1950er-Jahren knüpft an die ‚humanistische Fotografie‘ jener Zeit an und bildet einen wichtigen, bisher wenig beachteten Beitrag zum kulturellen Gedächtnis der Stadt Hamburg. Ihr hochsensibler Blick auch auf die Ränder der Gesellschaft im Nachkriegs-Hamburg führt sie an marginalisierte, gänzlich unglamouröse Orte der sich im Wandel befindenden Stadt. March lässt uns hinter die Kulissen blicken, zeigt den Alltag von Bonbon-Machern, Händler*innen wie auch das Leben auf der Reeperbahn.
In späteren Auftragsarbeiten verweist Marchs Blick auf eine emanzipatorische Haltung sowie ein Lebensgefühl der Freiheit und des gesellschaftlichen Aufbruchs. Charlotte March wollte ihre Modelle anders aussehen lassen als damals üblich. Die Fotografin kommunizierte über das Fotografieren mit ihren Modellen, deren modernes, ungebundenes Lebensgefühl sie teilte – mit einem offenen Blick für das, was der Alltag oder auch der Zufall ihr bei der Aufnahme zuspielte. Sie zeigte Frauen, die vor der Kamera rauchten oder Werbung für Bier machten. Sie propagierte ein modernes Frauenbild, war revolutionär und stilbildend, auch weil sie als eine der ersten Fotograf*innen in Deutschland wie selbstverständlich mit Schwarzen Models zusammenarbeitete.“[3]
Privat lebte Charlotte March 51 Jahre lang mit dem acht Jahre älteren Schauspieler Balduin Baas, zusammen, der ein Jahr nach ihrem Tod ebenfalls verstarb.