Sybil Gräfin Schönfeldt Dr. Sybil Gräfin Schönfeldt (bürgerlich: Sybil Schlepegrell)
(13.2.1927 Bochum – 14.12.2022 Hamburg)
Journalistin, Autorin
Agnesstraße 42 (Wohnadresse)
Fuhlsbüttler Straße 756, bestattet: Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: Y 15
„Handys, die selbst auf Beerdigungen klingeln; Ellenbogen auf dem Tisch; Radfahrer, die ohne Licht auf der falschen Straßenseite fahren - das sind für Sybil Gräfin Schönfeldt einige der größten Benimm-Sünden. Sie gilt als der ‚weibliche Knigge‘ aus Hamburg. Doch sie ist nicht nur Etikette-Expertin, sondern vor allem Übersetzerin, Schriftstellerin und Journalistin“, 1) heißt es im WDR in der Rubrik „Stichtag am 13.2.2007.
Sybil Gräfin Schönfeldts Mutter Carmen Schönfeldt, geborene Sackermann (1905-1927) war die Tochter eines Plantagenbesitzers und dessen Ehefrau. Der Vater war der Österreicher Carl Reichsgraf von Schönfeldt (1898-1984), der als Rundfunksprecher und Fernsehmoderator arbeitete.
Da ihre Mutter bei Sybils Geburt verstarb, wurde sie von ihrer Großmutter großgezogen.
Nach dem Abitur studierte Sybil Gräfin Schönfeldt ab 1946 Germanistik und Kunstgeschichte in Wien, Heidelberg und Hamburg. Ihr Studium schloss sie 1951 mit der Promotion ab. Ein Jahr später begann sie ein Volontariat beim Göttinger Tageblatt. Später wurde sie Redakteurin und freie Journalistin für mehrere Zeitschriften und Zeitungen. Sie schrieb für „Die Zeit“, den „Stern“, das „Hamburger Abendblatt“, die „Süddeutsche Zeitung“, für „Essen und Trinken“, für die Frauenzeitschriften „Petra“ und „Constanze“. Auch war sie für den Rundfunk und das Fernsehen tätig, gestaltete Kinderfunksendungen und Hörspiele. Auch war sie in den 1970er- Jahren mit Jochen Steinmayr Gründerin des „Zeit-Magazins“.
Neben ihrer journalistischen Arbeit betätigte sich Sybil Gräfin Schönfeldt als Autorin zahlreicher Bücher. Sie schrieb sie z. B. den Roman „Sonderappell“, der 2002 erschien, in dem sie über ihre Erfahrungen im Reichsarbeitsdient, in den sie noch 1944 geschickt worden war, berichtet. Dazu schreibt Roswitha Budeus-Budde
Das Buch: „ist eine Abrechnung mit der NS-Zeit und dem Drill der Mädchen in dieser Institution. Deren Arbeitsdienstführer und Funktionärinnen waren nach Kriegsende nicht zur Rechenschaft gezogen worden und attackierten Schönfeldt heftig, verhinderten sogar eine Verfilmung des Buches. Sybil Gräfin Schönfeldt schilderte darin ihre Entwicklung von einer überzeugten Hitler-Anhängerin zur politischen Autorin, die sich schämte, nicht eher das Grauen des Regimes erkannt zu haben. Als Literaturkritikerin setzte sie sich später besonders mit Büchern auseinander, die sich mit dem Holocaust beschäftigten.“2)
2007erschien ihr Buch „Meine Katzen“, 2009 „Die Bibel – das Alte Testament für Kinder und Erwachsene neu erzählt“, 2013: „Hoffen auf das Bessere. Vom langen Weg in eine neue Zeit. Eine Familiengeschichte“, 2014 „Sie sind ein Elefant Madame. Meine bundesrepublikanischen Geschichten. Sagas. Und im Alter von 90 Jahren im Jahr 2017 verfasste sie das Buch „Astrid Lindgren. Erinnerungen an eine Jahrhundertfrau“. Ein Hit war Ihr Buch „Knaurs großes Babybuch“.
Besonders widmete sie sich den Themen Kochen und Gästebewirtung. Das Wissen übers Kochen eignete sie sich in der Maizena Versuchsküche an. Sie verfasste Bücher mit Titeln wie: „Gestern aß ich bei Goethe. Bilder einer neuen Gastlichkeit (2002), „feine Leute kommen spät …oder: bei Thomas Mann zu Tisch. Tafelfreuden im Lübecker Buddenbrookhaus“ (2004), „Bei Astrid Lindgren zu Tisch (2007), „Zu Tisch zu Tisch! Eine literarisch-kulinarische Reise durch das 20. Jahrhundert“ (2010) oder im hohen Alter, als sie schon seit gut zehn Jahren Witwe war, die Kinder „aus dem Haus“ und damit auch die großen Familienfeste vorbei das „Kochbuch für die kleine alte Frau“ (2018). Auch gab sie ab 2005 den „Literarischen Küchenkalender“ heraus.
Zum Thema Gastlichkeit gehört auch das Thema „Benimm“. Ihr Buch "Einmaleins des guten Tons", das 1987 erschien, wurde zum Bestseller. "Das Benehmen ist eine Möglichkeit, besonders mit Leuten, die einem gleichgültig oder unangenehm sind, gesittet umzugehen. Das Benehmen ist eine Möglichkeit, den eigenen Egoismus zu zügeln", 3) sagte sie. Und weil Benehmen erlernt werden muss, und das bitte so früh wie möglich, schrieb sie auch einen Benimmknigge für Kinder: "Feinschliff - ein Knigge für Kinder" (2001).
Ihre Bücher erschienen unter ihrem Künstlerinnennamen Gräfin Schönfeldt. Über ihre Benimm-Bücher äußerte sie: "‘Die Leute denken: Gräfinnen wissen das alles, das teilt sich denen durch Osmose mit oder sitzt unter der Haut oder so was Ähnliches.‘ (…) . ‚Manche sagten damals zu mir 'Benimmpäpstin'. Das ist Quatsch, denn ich habe nur geschaut: Was ist vernünftig und was musst du zur Not wissen, weil es immer noch Leute gibt, die sich danach richten und dich danach beurteilen.‘" 4)
Sybil Gräfin Schönfeldt wurde auch als Übersetzerin aus dem Englischen bekannt. So übersetzte sie ca. 120 Bücher, darunter klassische Kinderliteratur wie „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll oder Bücher von Roald Dahl, Charles Dickens und Edith Nesbit.
Seit 1957 war Sybil Gräfin Schönfeldt bis zu dessen Tod im Jahre 2007 mit dem Kaufmann Heinrich Schlepegrell verheiratet, der – wie sie einmal erzählt - aus altem norddeutschen Adel stammte. Mit ihm bekam sie zwei Söhne. Als diese geboren wurden, gab sie ihre Festanstellung als Redakteurin für Literatur und Kinderliteratur, Essen und Trinken auf, die sie zehn Jahre innehatte und verzichtete auch auf den Posten in der Chefredaktion der Zeitschrift „Constanze“.
Für ihre Tätigkeiten erhielt Sybil Gräfin Schönfeldt viele Ehrungen. 1963 erhielt sie den deutschen Erzählerpreis, 1968 den Deutschen Jugendbuchpreis, 1977 den Großen Preis der deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. Volkach, 1980 den Europäischen Jugendbuchpreis. Ausgezeichnet wurde sie u. a. 1981/82 auch mit dem Bamberger Journalistenpreis.1981 kam sie auf die Ehrenliste Schönste Bucher der BRD und 1982 auf die Ehrenliste Hans-Christian-Andersen-Übersetzerpreis. Außerdem erhielt sie drei Goldmedaillen und fünf Silbermedaillen, und zwar von der Gastronomischen Akademie Deutschlands. Und ihr wurde das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Neben ihrer schriftstellerischen und journalistischen Tätigkeit fungiere sie zwischen 1981 und 1984 als Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur und unterrichtete von 1989 bis 1991 an der Berliner Zweigstelle der Hamburger Henri-Nannen-Schule. Auch hatte sie 1969 das Hamburger Jugendforum gegründet und war „ab 1974 acht Jahre dessen Vorsitzende und veranstaltete ebenso lange die Hamburger Kinderbuchwoche. Für den Börsenverein Landesverband stellte sie von 1980 an über Jahrzehnte in den Buchbesprechungstagen Buchhändler:innen mit Verve die Novitäten vor“, schreibt Stefan Hauk in seinem Nachruf auf Sybil Gräfin Schönfeldt.5)
2025 wurde Sybil Gräfin Schönfeldts umfangreiche Privatsammlung an Kinder- und Jugendbüchern sowie Fachliteratur in die Sondersammlungen der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg aufgenommen.