Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Geseke Cletzen

(ca. 1380 - ca 1450)
Stifterin
Großer Burstah 57
Ilsabeen Huus (Hospital zu St. Elisabeth)


Geseke Cletzen wohnte am Großen Burstah 57 und gründete in ihrem Haus das Ilsabeen Huus (Hospital zu St. Elisabeth), benannt: nach der Mutter Johannes des Täufers. Eröffnet wurde das Haus 1428 und 1531 ins Maria-Magdalenen-Kloster verlegt.
Das Haus am Burstah war achtzehn Jahre ihr Zuhause gewesen. Dort waren ihre Kinder aus erster Ehe gestorben; dort waren die Kinder ihres Bruders nach dessen Tod aus und eingegangen. Und vor allem: Es war das Haus ihrer zweiten Ehe gewesen, das Haus des Johann Cletzen. 1428 begann Geseke Cletzen ihr Wohnhaus in ein Haus für arme, alte und kranke Frauen umzuwandeln. 1429 nannte das Erbebuch von St. Nikolai es schon das Spital des Johann Cletzen.
Bei ihrer Geburt hätte niemand gedacht, dass sie einst ein Armenhaus gründen und leiten würde. Ihr Vater war Albert Schreye, erfolgreicher Englandfahrer, Händler und Investor. 1380 wurde er in den Rat der Stadt Hamburg gewählt. Ungefähr in dieser Zeit wurde Geseke geboren, als Nachzüglerin. Albert Schreye verheiratete seine Tochter an einen unbedeutenden Ratsherrn, Siegfried Clingspor d. Ä. Mit Sicherheit baute Albert Schreye damit seine eigene Hausmacht im Rat aus. Geseke war nicht die erste Frau des Siegfried Clingspor. Der Sohn eines Salzhändlers hatte schon einen Erben und war vermutlich doppelt so alt wie Geseke. Sie bekam von ihm zwei Kinder. Die Ehe war nur kurz, Clingspor starb 1406. Eines seiner beiden Häuser erbten Gesekes Kinder, Hinnerk und Gerborch. Die beiden blieben ihre einzigen Kinder. Sie starben vor ihr, vermutlich 1410.
Dieses Jahr war für die Stadt und für Geseke aufwühlend: Nach der unrechtmäßigen Verhaftung eines freien Bürgers, der lauthals sein an den Herzog von Sachsen verliehenes Geld zurückgefordert hatte, brodelte es in der Stadt. Fünfzehn Männer aus jedem Kirchspiel schlossen sich zu einem Sechziger-Ausschuss zusammen. Johann Cletzen, ein Gefolgsmann von Gesekes Vater, war einer der Wortführer. Er stammte aus dem ärmlichen Kirchspiel St. Jakobi, war Stadtreiter und Händler in geringen Mengen von Tuchwaren, Sohn eines Stadtreiters, der Felder pachtete und beackerte. Ihm und den Sechzigern gelang es, dem Rat eine Vereinbarung mit Gesetzeswirkung abzuringen, einen Rezess.
Am 9.8.1410 wurden darin etliche bürgerliche Vorrechte festgehalten. In Kriegs- und Steuerfragen sollte der Rat von nun ab die Bürger informieren. Auch in Verhandlungen über die Aussenbeziehungen der Stadt sollten die Bürger einbezogen werden. Kein Bürger durfte mehr ohne Urteil eingekerkert werden. Beschwerden über Übergriffe von Ratsbediensteten sollten zügig erledigt werden. Der Rat hatte die Qualität des Bieres zu überwachen. Die armen Kranken auf dem Steg zu St. Georg sollten regelmäßig versorgt werden und auch Gemüse erhalten.
Im selben Jahr heiratete Johann Cletzen Albert Schreyers Tochter Geseke. Ein Jahr später wurde Cletzen als Erster einer Reihe der Sechziger in den Rat erhoben.
Das Ehepaar Cletzen bezog das Haus am Burstah. 1417 wurde der Rezess aufgehoben. Johann Cletzen blieb dennoch im Rat. Während ihrer Ehe erwarben die Cletzens mehrere Brau- und Wohnerben. Johann übernahm Vormundschaften für Bürgerinnen. 1427 griff die Hanse auf Seiten der Schauenburger in den Krieg gegen Dänemark ein. Johann Cletzen führte das Hamburger Kontingent in den Krieg, gemeinsam mit Simon von Utrecht. Am Abend vor Himmelfahrt gaben die Führer des Hamburger Heeres Bier an ihre Truppen aus. Die Betrunkenen schossen mit Feuerpfeilen auf das belagerte Flensburg und lösten dadurch einen Alarm aus. Herzog Heinrich von Schleswig führte daraufhin einen Sturmangriff gegen die Stadt an und kam dabei ums Leben. Johann Cletzen wurde beschuldigt, den Angriff bewusst eingeleitet zu haben. Auch sagte man ihm nach, dass er ein Däne sei. Sicher ist, dass Cletzen in Hamburg im Haus des Büttels eingesperrt wurde. Nachdem eine Hamburgische Kriegsflotte im Sund eine Niederlage erlitten hatte und Bürgermeister Hein Hoyer, einige Ratsherren und Seeleute in dänische Gefangenschaft geraten waren, wurde die Hinrichtung Cletzens, als einer der Verursacher des Kriegsunglückes gefordert. Johann Cletzen, der auch unter der Folter nicht gestand, dass er ein Verräter sei und den Angriff geplant habe, erhielt dennoch das Todesurteil. Am 16. Januar 1428 wurde ihm in der Morgendämmerung auf dem Berg der Kopf abgeschlagen. Vor seiner Hinrichtung machte er sein Testament. Sein gesamter Besitz sollte in eine religiöse Stiftung fallen: Das Haus der Eheleute am Burstah, ein kleines Haus am Hahnentrapp und Anteile an Brauerben. Geseke war damit einverstanden. Im selben Jahr wandelte sie ihr Wohnhaus um, und die ersten Frauen zogen ein. Viele waren ehemalige Mägde oder verarmte Witwen. Zwanzig Bewohnerinnen beherbergte das Haus in einer der besten Gegenden Hamburgs. Es war das erste Hospital nur für Frauen! Die Frauen wurden von einer Meisterin, zwei Mägden und einem Bäcker versorgt. Die Verwaltung des Hauses oblag einer Brüderschaft – der Brüderschaft St. Elisabeth, deren Gründungsmitglied Geseke war. Sie errichtete auch eine Kapelle in der St. Nikolai Kirche. Die Brüderschaft und die Kapelle dienten in erster Linie dem Gedächtnis der Gefallenen der Feldzüge.
Noch 1440 kaufte sich Geseke einen Garten vor den Toren der Stadt. Als sie drei Jahre später ihr Testament schrieb, war ihr Vermögen beträchtlich. Sie verfügte über Haushaltsgeräte aus wertvollen Materialien, viele Kleidungsstücke, sechzehn Mark in Salzrenten, mehr als zwanzig Mark und acht rheinische Gulden Barvermögen. Geseke Cletzen versorgte ihre Nichten und einen Neffen, ihre Magd Greteke Putfarken und ihr nahestehende Frauen wie die Begine Wibke Reslevesdorf, eine Freundin namens Anneke Grise und eine Verwandte namens Mette Cordes.
1528 übernahmen die Oberalten das Ilsabeen Huus und das im Jahre 1531 fast leerstehende Marien-Magdalenen-Kloster und ließen das Hospital zu St. Elisabeth in das Kloster verlegen.
Die Biographie der Geseke Cletzen von Silke Urbanski erschien 2003 im Verlag „Die Hanse“.
Text: Dr. Silke Urbanski