Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Hilde Wulff Hildegard (Hilde) Wulff

(7.1.1898 Dortmund - 23.7.1972 Hamburg)
Begründerin und Leiterin des Volksdorfer Kinderheims „Im Erlenbusch“
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Historischer Grabstein)
Klosterwisch 8, Haus für Kinder und Jugendliche im Erlenbusch (Wirkungsstätte/Wohnadresse)
Namensgeberin für: Hilde-Wulff-Weg, Jenfeld, benannt 2014


3148 Wulff Hilde
Hilde Wulff, Quelle: Petra Fuchs: Hilde Wulff 1898-1972. Leben im Paradies der Geradheit.. Münster 2003.

Hildegard Wulff zählt zu jenen Hamburger Persönlichkeiten, die Bereiche des öffentlichen Lebens maßgeblich beeinflusst und die Geschichte der Stadt entscheidend mitgeprägt haben. Trotz ihres beruflichen Engagements für behinderte Kinder und ihrer entschiedenen Ablehnung des NS-Regimes ist sie in der Öffentlichkeit jedoch nur einem kleineren Kreis bekannt.
Geboren wurde sie als Tochter eines begüterten Kaufmanns in Dortmund. Im Alter von zwei Jahren erkrankte Hildegard Wulff, die mit ihren Eltern und den zwei Schwestern nun in Düsseldorf wohnte, an Kinderlähmung, von der sie eine lebenslange Behinderung zurückbehielt. 1920 begann sie eine Ausbildung zur Heilpädagogin. Nach Abschluss der Ausbildung übernahm sie eine leitende Funktion in der von ihr und ihrem Vater ins Leben gerufenen Stiftung „Glückauf für Kinderfürsorge Düsseldorf“. Neben dieser Aufgabe wurde sie 1923 Mitglied im „Selbsthilfebund der Körperbehinderten“ in Düsseldorf und Berlin. Hildegard Wulff setzte sich stark für die Autonomie Behinderter ein. Außerdem belegte sie in dieser Zeit Vorlesungen in Psychologie und Pädagogik an den Universitäten Frankfurt a. M. und Hamburg.
Hildegard Wulff setzte sich in den 1920er Jahren zunächst in Düsseldorf und später in Berlin insbesondere für eine ordentliche Schulbildung körperbehinderter Kinder und für die gemeinsame Erziehung behinderter und so genannter gesunder Kinder ein. 1931 gründete sie die Krüppelhilfe und Wohlfahrt GmbH in Düsseldorf, die sie aus der Erbschaft ihres Vaters finanzierte. Hildegard Wulff war die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin dieser Einrichtung, deren Ziel es war, „unentgeltliche Hilfe für Krüppel“ zu leisten. Von 1933 bis 1935 führte Hildegard Wulff ein Heim für körperbehinderte und sozial benachteiligte Kinder in Berlin. Charlottenburg. Dieses Heim bot Platz für zehn behinderte, erholungsbedürftige und sozial auffällige Kinder.
Nachdem 1935 der Mietvertrag für das Heim ausgelaufen war, zog sie mit diesen Kindern in die Klöppersche Villa nach Hamburg Volksdorf. Dieses Haus hatte sie bereits 1931 erworben, nachdem sie in Düsseldorf für ihre Krüppelhilfe und Wohlfahrt GmbH keine Baugenehmigung für einen Neubau erhalten hatte. Doch sie hatte das Haus wegen finanzieller Probleme zunächst noch nicht genutzt und es unentgeltlich der Hamburger Wohlfahrtsbehörde für die Kinder- und Jugendfürsorge überlassen. Nun aber, im Oktober 1935 bezog sie mit ihren Kindern die Villa in Volksdorf, der sie den Namen „Im Erlenbusch“ gab, wegen der die Villa umgebenden Landschaft.
Noch im selben Jahr erhielt Hildegard Wulff die staatliche Anerkennung als privat geführtes Kinderheim für Kinder und Jugendliche mit Behinderung.
1937 gründete Hildegard Wulff, in deren Heim rund 25 sowohl körperbehinderte als psychisch kranke sowie schwer erziehbare Kinder lebten, eine Heimschule und stellte dazu eine staatlich finanzierte Lehrerin ein.
Gemeinsam mit ihrer in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Freundin und Vertrauten Hermine Albers (1884-1955), die in der Hamburger Jugendhilfe arbeitete, leistete Hildegard Wulff Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Ihr Heim wurde Zufluchtsort für Kinder kommunistischer inhaftierter Eltern. Auch half Hildegard Wulff vielen jüdischen Emigrantinnen und Emigranten und kommunistischen Widerstandskämpfern.
1941 konnte sie durch hartnäckiges Verhandeln mit den Hamburger Behörden verhindern,, dass ihr Heim 1941 beschlagnahmt wurde.
1945, nach dem Ende des NS-Regimes übergab Hildegard Wulff die Schule an die Schulbehörde.
Ihr Volksdorfer Heim führte sie noch bis 1964 selbst und übergab es dann der Martha Stiftung, die ihre Lebensarbeit seitdem weiterführt.
Dr. Rita Bake