Paula Westendorf Paula Westendorf, geb. Gühlk
(26.10.1893 Hamburg - 3.10.1980 Hamburg)
Angestellte, Mitglied (SPD) der ersten frei gewählten Bürgerschaft nach dem Ende des Nationalsozialismus und in der Wahlperiode 2 (WP 2), Oktober 1949 bis November 1953
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)
Niedernstegen 11 (Wohnadresse)
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Historischer Grabstein)
Namensgeberin für: Paula-Westendorf-Weg (seit 2007 im Stadtteil Ohlsdorf, auf Beschluss des Ortsausschusses Fuhlsbüttel, im neuen Wohngebiet in Klein Borstel, nahe des Ohlsdorfer Friedhofes, Straßen nach Frauen zu benennen, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet wurden)
1917, im Alter von 25 Jahren, heiratete Paula Westendorf und bekam vier Söhne (geb. 1918, 1922, 1923, 1925). Später ließ sie sich scheiden und wurde 1949 wieder berufstätig.
Das SPD-Mitglied wurde im Oktober 1946 in die erste frei gewählte Bürgerschaft nach dem Ende des Nationalsozialismus gewählt. Der Bürgerschaft gehörte sie bis 1953 an.
Als Mitglied der Bürgerschaft brachte Paula Westendorf 1947 einen ergänzenden SPD-Antrag zum KPD-Antrag von Magda Langhans zur Einstellung der Strafverfahren bei Verstoß gegen den Paragraphen 218 ein. Sie forderte die Einrichtung öffentlicher Ehe- und Sexualberatungsstellen und setzte sich für die soziale Indikation ein. In diesen Beratungsstellen wollte sie das Thema des Schwangerschaftsabbruchs nicht biologisch behandelt wissen, sondern im Zusammenhang mit der „Menschheitsfrage", aus Ehrfurcht vor dem Leben im Sinne Albert Schweitzers und im Gegensatz zu den „menschheitszerstörenden Praktiken der Nazis". Als einseitigen Machtausdruck des Staates lehnte sie Strafverfolgung wegen Abtreibung ab und gab grundsätzlich zu bedenken, dass Verbote die Menschheit nicht erzögen, weil Moral nicht befohlen werden könne.
Paula Westendorf}} versicherte dem Parlament, dass die Beratungsstellen nicht leichtfertig Schwangerschaftsabbrüche anempfehlen, sondern das Verantwortungsbewusstsein dem Leben gegenüber stärken würden. Trotz lebhaften Beifalls war die Reaktion der Männer im Parlament hinhaltend. Der Gesundheitsausschuss verwarf aus juristischen Gründen den Antrag der KPD. Erfolg hatte nur Paula {{nolink: Westendorfs ergänzender Antrag. Und so wurden in den Räumen des Gesundheitsamtes eine öffentliche Ehe- und Sexualberatungsstelle eingerichtet, die als erste ihrer Art in den Westzonen im August 1948 ihre Arbeit aufnahm.[1]
Auch Paula Westendorfs Einsatz zur Freigabe des Vertriebes von Verhütungsmitteln hatte Erfolg. Am 1. Juni 1948 gab der Senat bekannt, dass die Polizeiverordnung des früheren Reichsinnenministers vom Juni 1941 über „Verfahren, Mittel und Gegenstände zum Schwangerschaftsabbruch" aufgehoben sei.[2]
1947 wurde Paula Westendorf Beisitzerin des Verwaltungsgerichtes. Sie war Deputierte der Kulturbehörde (1947, 1953) und der Baubehörde (1948) und außerdem stellvertretendes Mitglied des beratenden Ausschusses für das Pressewesen (1949).
Text: Rita Bake