Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Anna Rossi

(1850 Schwerin – Dezember 1932 Stuttgart)
Schauspielerin
Alstertor, Thalia Theater (Wirkungsstätte)


Auch die aus einer Schauspielerfamilie stammende Anna Rossi war eine Entdeckung von Chéri Maurice, dem Direktor des Thalia Theaters. Von 1871 bis 1886 gehörte sie dem Theater an: „Ihre ‚Jungen Wittwen‘ sind die reizendsten, geistvollsten und pikantesten Gestalten, die man sich denken kann und ihr Kammerkätzchen Franziska in Lessing’s ‚Minna von Barnhelm‘ ist geradezu unübertrefflich“, [1] schrieb Ortmann. Auf einer Gastspieltournee lernte die Schauspielerin den Hauptmann Herrn von Freyhold kennen. Doch um einen Offizier heiraten zu können, reichte es nicht, der Schauspielerei zu entsagen. Erst die Bürgschaft des Hamburger Bürgermeisters führte zu einem glücklichen Ende: „Wenn einer seiner Söhne Anna Rossi zur Frau begehrte, würde er es sich und seinem Hause zur Ehre anrechnen, die Künstlerin seine Tochter nennen zu dürfen.“ [2]
Episoden wie diese zeigen, wie prekär die Rolle der Schauspielerin in der Gesellschaft nach wie vor war, und so nannte Malte Möhrmann ihren Aufsatz über Schauspielerinnen im 19. Jahrhundert: „Die Herren zahlen die Kostüme. Mädchen vom Theater am Rande der Prostitution.“ Für die hier dargestellten Hamburger Künstlerinnen gilt diese negative Bilanz nicht ohne Vorbehalt. Sie erwarben zum Teil erhebliches Vermögen, wie es für Frauen außerhalb der Bühne nicht möglich war, und stiegen in der gesellschaftlichen Hierarchie auf. Häufig aus ärmlichsten Verhältnissen stammend, heirateten sie angesehene Kollegen, Akademiker oder Adlige. Welche Kompromisse sie dabei eingingen, bleibt freilich ihr Geheimnis und unterscheidet sich von denen bürgerlicher Frauen vermutlich wenig.
Text: Brita Reimers