Adele Reiche Adele Reiche, geb. Cords
(16.6.1875 – 25.8.1957 Hamburg)
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (SPD, 1919–1931)
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)
Seumestraße 52 (Wohnadresse 1924)
Nach ihrer Heirat 1906 mit einem Lehrer musste Adele}} Reiche, die ebenfalls als Lehrerin arbeitete, aus dem Schuldienst ausscheiden und war nun als Hausfrau und Mutter tätig. Sie fungierte als Schriftführerin im Distriktvorstand der Eilbeker SPD. Im Ersten Weltkrieg engagierte sie sich in der Kriegsfürsorge, nach dem Krieg ehrenamtlich als Jugendpflegerin, Frauenleiterin im SPD-Distrikt Eilbek, und Mitglied des Frauenaktionsauschusses der SPD, {{nolink: Adele Reiche war Delegierte auf dem Reichsparteitag und von 1919 bis 1931 Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft..
Gemeinsam mit ihrer Parteigenossin Paula Henningsen gründete sie 1930 die Ortsgruppe Hamburg des Reichsverbandes für Geburtenregelung und Sexualhygiene. Die Mitglieder des Verbandes traten für die Abschaffung des § 218 ein und klärten Frauen über Verhütungsmöglichkeiten auf.
Auch beschäftigte sie sich mit dem Thema Berufsschule. Dazu hielt sie am 23.6.1926 eine Rede im Hamburger Parlament (Stenographische Berichte, 27. Sitzung, S. 732) und forderte, dass Berufsschulen („weibliche Berufsschulen“), in denen Berufsschülerinnen in so genannten weiblchen Berufen unterrichtet werden, von kompetenten Aufsichtspersonen aus der Schulbehörde beaufsichtigt werden müssten und nicht von männlichen Beamten, die von den in diesen Berufsschulen unterrichteten Stoffen nichts verstehen.
Adele Reiche sagte: „Es fehlt in der weiblichen Berufsschule an einer sachverständigen Aufsicht. Nach dem § 6 über die Verwaltung des Berufsschulwesens führen die Aufsicht die Schulräte aus. Die Aufsicht kann aber den Verwaltungskörpern übertragen werden. Das muss überall da geschehen, wo sachverständige Schulräte nicht vorhanden sind. (...) Bei der allgemeinen Berufsschule für das weibliche Geschlecht ist es aber so, daß die Aufsicht über den Unterricht in Säuglingspflege und Mutterschutzfragen der männliche Schulrat ausübt. Ich glaube, das ist keine sachverständige Aufsicht! Und ich möchte die Worte wiederholen, die vor einer Stunde Fräulein Beckmann [Emmy Beckmann] ausgesprochen hat: Es werden auch die Frauen, die von sich aus nicht Frauenrechtlerinnen sind, allmählich auf diese Bahn getrieben, weil die berechtigten Wünsche der Frauen nicht berücksichtigt werden. Arbeiter würden es sich nicht gefallen lassen, wenn man ihnen sagte: Eure Interessen sind im Senat durch die Volkspartei vertreten; die wünschen, daß ihre Leute im Senat ihre Interessen vertreten. Und so müssen auch die Frauen wünschen, daß ihre Interessen von Frauen vertreten werden.“ Daraufhin kam aus den Reihen der männlichen Abgeordneten der Zuruf: „Von Frauen, nicht von alten Jungfern!“