Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Käthe Manasse Dr. Käthe Emilie Manasse, geb. Loewy

(7.12.1905 Berlin - 2.07.1994 Hamburg)
Richterin
Alsterterrasse 8 (Wohnadresse)
Sievekingplatz 2, Hanseatisches Oberlandesgericht (Wirkungsstätte)


3316 Kaethe Manasse
Dr. Käthe Manasse (geb. Loewy), ca. 1930, Quelle: Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Susanne Wolff

„Wir gedenken der Opfer, die von 1933 bis 1945 durch Richter und Staatsanwälte der Hamburger Justiz entrechtet, mißachtet, gequält, ihrer Freiheit beraubt und zu Tode gebracht worden sind. Ihr Leiden ist uns Mahnung“, steht auf einer Gedenktafel am Eingang des Hanseatischen Oberlandesgerichts, an dem zwischen 1933 und 1945 Prozesse gegen Frauen und Männer des politischen Widerstandes geführt wurden. Die Mahnung an das Jahr 1933 wiederholt sich durch ein mit der Jahreszahl 1933 versehenes großes rechteckiges dunkles Monument draußen vor den Stufen zum Eingang des Gerichtes.
Auch Dr. Käthe Manasse bekam die Unmenschlichkeit des NS-Regimes zu spüren. Sie entstammte einer bürgerlichen jüdischen Familie. Ihr Vater war Kaufmann, ihre drei Brüder hatten während des Ersten Weltkrieges im preußischen Heer gedient. Nach dem Besuch des modernsten Berliner Mädchengymnasiums hatte Käthe Manasse zunächst begonnen, Nationalökonomie zu studieren. Doch bald wandte sie sich der Rechtswissenschaft zu, promovierte zur Dr. jur. und wurde 1932 Richterin in Berlin. Als die Nazis 1933 die Rassengesetze erließen, musste sie ihren Dienst aufgeben und emigrierte 1938 nach Haifa. In dem fremden Land als Juristin eine Stellung zu finden, war sehr schwer, deshalb arbeitete Käthe Manasse einige Jahre als Leiterin des Solidaritätswerkes der deutschen Einwanderer-Gesellschaft, der Hitachdut Olej Germania. 1949 kehrte sie mit ihrem Mann Dr. Fritz Manasse nach Deutschland zurück und erhielt in Hamburg sofort eine Anstellung als Referentin im Amt für Wiedergutmachung, das sich damals im Zippelhaus befand. 1952 wurde sie Landgerichtsrätin am Landgericht in Hamburg. Doch bevor sie angestellt wurde, hatte sie einen merkwürdigen Test bestehen müssen. Der damalige Landgerichtspräsident Henningsen beurteilte die Menschen nämlich zunächst einmal danach, ob sein Jagdhund sie ausstehen konnte. Käthe Manasse brauchte diesen Test als Tierfreundin und Dackelliebhaberin nicht zu scheuen und bestand ihn. Im Gegensatz zu dem Jagdhund, der bei seinem Schnüffeltest keine besondere Vorliebe für ein bestimmtes menschliches Geschlecht zeigte, konnte sein Herrchen Frauen im Richteramt nicht riechen. Hatte er schon nicht die politische Macht, um Richterinnen zu verhindern, so war er doch in einer Position, die es ihm möglich machte, Richterinnen nur in einem Mietedezernat zuzulassen. Dort, so befand er, würden Frauen einen ihrem natürlichen Wirkungskreis „Herd, Küche und Wohnung“ entsprechenden Aufgabenbereich finden. Käthe Manasse wurde also in der Mietekammer angestellt. Zehn Jahre später stand ihre Beförderung zur Landgerichtsdirektorin an.
Käthe Manasse „war von ganz ungewöhnlichem Fleiß, beängstigender Gründlichkeit und peinlicher Genauigkeit; ihr Ordnungssinn war aus echt preußischem Holze. Die ZK 25 war ihr Stolz und eine Aufgabe, die sie ganz persönlich und bis ins letzte verantworten wollte, ohne jede Rücksicht auf eigene Gesundheit und Erschöpfung. Unbeschadet aller Achtung vor soviel Tugend empfand ich“, schrieb Günter Bertram, einer ihrer Mitarbeiter in einem Nachruf auf Käthe Manasse, „deren praktische Auswirkungen damals gelegentlich doch als lästig, und in Ansehung ihres Ordnungssinns murmelte ich wohl etwas von ‚Pinseligkeit‘ in meinen Bart. Dabei war die menschliche Zuwendung, die Freundlichkeit und ihr persönliches Interesse, das die ganze Familie und deren Wohl und Wehe einschloß, so überwältigend, die Gastlichkeit der Manasses so bestrickend, daß in dem großen Saldo alle Beschwernis ohne wirkliche Spuren unterging“. [1]
Im Privatleben war Käthe Manasse für die Jüdische Gemeinde in Hamburg aktiv. Seit 1953 gehörte sie zum Beirat dieser Gemeinde und war seit 1976 dessen Vorsitzende. Außerdem war sie Vorsitzende des Frauenhilfswerks für den Magen David Adom, einer dem Roten Kreuz ähnlichen Organisation, die in Israel arbeitet, und Mitvorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. „‚Zwei Juden, drei Meinungen‘ – an diese alte Sentenz habe ich oft zurückdenken müssen. (...) Die Redeweise von ‚Juden und Deutschen‘ konnte sie auf den Tod nicht ertragen (...). Die Familie Loewy gehörte, wie unendlich viele der deutschen Juden damals, zu den treuesten Bürgern des Kaiserreichs (...). Die (...) Juden, die überlebt hatten und nach dem 2. Weltkrieg die alten zerrissenen Fäden neu zu knüpfen bereit waren, kamen als Deutsche nach Deutschland zurück (...). Käthe Manasse war, als sie hier Landgerichtsdirektorin geworden war, nach einem grausamen, schmerzlichen, unendlichen Umweg in ihrem Staate, ihrer Heimat in die Stellung eingerückt, die ihr nach Neigung, Befähigung und innerer Berufung zustand; und die wollte sie gut, untadelig, perfekt, im besten Sinne preußisch ausfüllen und erfüllen – wie es dann ja auch geschehen ist!“ [1] hieß es weiter im Nachruf.
Text: Rita Bake