Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Ilse Frapan Elise Therese Levien, Pseudonym: Ilse Frapan-Akunian

(03.02.1849 – 2.12.1908 in Genf (erweiterter Suizid))
Schriftstellerin
Große Drehbahn 7 (heute: Drehbahn) 7 (Geburtsadresse)
Neustädter Neustraße 84 (1850 – 1863)
Karolinenstraße 24 hinten; Karolinenpassage (1863 – bis etwa 1878)
Fuhlentwiete 32. I; Hamburgerstr. 3; Am Strohhause 44.2. (1878 – 1883, in unterschiedlichen Pensionen)
Osterstraße 1g. I (1890/91)
Blankenese, Strandweg 94 D, (Sommer 1891)
Tornquiststraße 46. Part. (1891/92)
Eimsbüttler Fährhaus (1902)
Moorweidenstraße 8p; Hopfenmarkt 6, III (1903)
Namensgeberin für: Frapanweg


„Wer sich nicht empört gegen die Brutalität seiner Zeit, der ist an der Brutalität seiner Zeit mitschuldig!“[1]

Ilse Frapan
Ilse Frapan nach der Jahrhundertwende; Zeichnung von Emma Mandelbaum, Quelle: Das literarische Echo, Berlin, 7 (1904/05), S. 1389[2]

Als Hamburger Schriftstellerin war Ilse Frapan um 1900 einem Millionenpublikum bekannt.[3] Aber sie war auch richtungsweisende Kämpferin für Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit, Gründerin der „Zürcher Kinderschutzvereinigung“ und Repräsentantin der „Ethischen Kultur“, schließlich Tolstojanerin, Friedensaktivistin und Mitstreiterin in der armenischen Unabhängigkeitsbewegung. Mit diesem Engagement machte sie sich beim Hamburger Establishment unbeliebt.
Elise Therese Levien wurde als Tochter des lutherischen Instrumentenmachers Eduard Levien[4] und seiner Frau Therese, geb. Genztsch, geboren. Das Haus Neustädter Neustraße 84, in dem sie aufwuchs, stand auf dem heutigen Springer-Areal. 1863 zog die Familie in das damals gerade neu entstehende Karolinenviertel. Die Herkunft aus einem selbstständigen Handwerkerhaushalt prägte sie zeitlebens, ebenso wie das multikulturelle Umfeld in der Großstadt. Das Milieu der engen Straßen und Gängeviertel mit den sogenannten kleinen Leuten – den Handwerkern, Seeleuten, Arbeiter*innen und auch den Prostituierten – war Frapan gut vertraut, auch weil sich das Leben aufgrund der beengten Wohnsituation auf der Straße abspielte. In einem Großteil ihres Werks bildet sie dieses Ambiente ab, in dem ihre Figuren als selbsttätige Individuen agieren, Gewissen und moralisches Bewusstsein haben und verantwortungsbewusst handeln - auch in Dilemmasituationen, wodurch sie schuldig werden können. Trotz eines naturalistischen Milieus zeigt sie keine Getriebenen. In ihren Texten über Frauen beklagt sie deren Einschränkungen, Abhängigkeit und fehlende Lebenserfahrung, ohne sie rein als Opfer darzustellen. 
Als Tochter eines Kleinbürgers erhielt Frapan keinen Privatunterricht, sondern besuchte die an der Fröbellehre ausgerichtete Schule von Familie Pracht, wo sie auch ihre Lehrerinnenausbildung absolvierte. Danach unterrichtete sie Deutsch und Biologie an der von den freisinnigen Frauen gegründeten „Schule des Paulsenstifts“ - einer Mädchenschule in der Tradition der jüdischen Freischulbewegung mit dem Ziel der Fröbelpädagogik, „freie, denkende, selbsttätige Menschen“ heranzubilden. Die Schule zeichnete sich durch soziale und religiöse Koedukation mit Ethikunterricht aus. 

Kollegium der Schule des Paulsenstifts
„Kollegium der Schule des Paulsenstifts“, 1874; Elise Therese Levien (hintere Reihe zweite von rechts); die Schulleiterin Anna Wohlwill (vorn in der Mitte); Helene Bonfort (vorn, erste von links), Quelle: Kraft-Schwenk 2023, S. 74 [5]

Dort lernte Frapan auch ihre Lebensgefährtin, die jüdische Malerin und Bildhauerin Emma Mandelbaum (1855-1908), kennen, die Zeichenunterricht erteilte. Mandelbaum war 1871, 16jährig, aus Žagarė (damals russisches Reich, heute Litauen) eingewandert und hatte ihre Ausbildung an der ebenfalls von den freisinnigen Frauen initiierten „Gewerbeschule für Mädchen“ absolviert.
1883 verließen die beiden Frauen Hamburg. Als Berufsschriftstellerin und freie Künstlerin verdienten sie von da an ihren Lebensunterhalt. In Stuttgart besuchten sie zunächst die Vorlesungen über Literatur und Ästhetik von Friedrich Theodor Vischer, die auch Teil des Curriculums der Stuttgarter Kunsthochschule waren, bei der Mandelbaum sich immatrikulieren konnte. Von 1888 bis 1890 gehörte Frapan zum engeren Kreis um Paul Heyse in München, dem Mittelpunkt des literarischen München. Bald entfremdete sie sich aber von ihm, auch weil der großbürgerliche Habitus nicht zu ihr passte. Sie machte Volksbildung und Frauenbewegung zu ihrer Sache. 1891 wurde sie – zusammen mit Otto Ernst (Schmidt), Léon Goldschmidt und anderen – Mitbegründerin der "Litterarischen Gesellschaft zu Hamburg", die ihre Aufgabe in der Volksbildung sah. 
1892 begann sie ein Studium der Naturwissenschaften in Zürich. Dabei standen Darwins Deszendenz- und Evolutionstheorie im Zentrum, aus der – hoch politisch – die gesellschaftliche und politische Gleichstellung aller Individuen abgeleitet wurde, die Frapan auch verteidigte. Ihre Ansichten teilte sie 
mit Familie Roner, mit der Frapan und Mandlbaum in Zürich eng befreundet waren: Johannes Roner war Direktor einer an der Fröbellehre orientierten Berufsschule und Bertha Roner-Lipka eine Cousine von Friedrich Engels, zu dem sie guten Kontakt hielt. 
Am 12.11.1893 gründeten Frapan und Mandelbaum unter dem Vorsitz der ersten promovierten Schweizer Juristin Emilie Kempin-Spyri mit vier weiteren Frauen den Zürcher „Frauenrechtsschutzverein“. Mit seinem Ziel, die rechtliche und soziale Stellung von Frauen zu verbessern und sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen, was häufig die Durchsetzung finanzieller Forderungen bei Trennungen bedeutete, rief er bei den Männern starken Unwillen hervor. Außerdem engagierten sich Frapan und Mandelbaum im parallel gegründeten „Frauenbildungsverein“, in dem auch Anita Augspurg zeitweise tätig war. Nach der Fusion der beiden Vereine zur „Union für Frauenbestrebungen“ hielt Frapan in diesem Rahmen Vorträge und gab Anstöße für Kampagnen. Der Verein arbeitete auch mit dem Zürcher Martha-Verein zusammen, einer Unterorganisation der „Freundinnen junger Mädchen“, später: Compagna, im Kampf gegen den internationalen Frauenhandel. Mit viel Energie trieb Frapan die Gründung der "Zürcher Kinderschutzvereinigung" voran, aus der der spätere „Stadtzürcherische Verein für Mutter- und Säuglingsschutz“ hervorging.[6] In der „Union“ hielt Frapan 1898 auch einen Vortrag über „Die Duchoborzen, Märtyrer des Friedens“ und brachte damit die Diskussion über eine Beteiligung an der Friedensbewegung und die Unterstützung der Haager Friedenskonferenz in den Verein ein.
Außerdem knüpfte Frapan im deutschen Arbeiterverein „Eintracht“ wichtige Beziehungen zu Zürcher Sozialdemokraten wie Robert Seidel, zu libertären Sozialisten wie dem Arzt und Schriftsteller Fritz Brupacher und zu dem Professor für Botanik Arnold Dodel. Deren Prinzipien von Selbstorganisation und Selbstbestimmung standen ihr nahe. Mündigkeit der Bürger*innen und ethische Verantwortung des Individuums kamen für sie vor Ökonomie und Materialismus. Entsprechend war sie zusammen mit Friedrich Wilhelm Foerster Initiatorin der "Schweizer Gesellschaft für Ethische Kultur" – einer Vorläuferin der Weltethosbewegung. Frapan teilte Foersters Auffassung der sittlichen Freiheit des Menschen: Das eigene Handeln sollte aus eigenem Antrieb an allgemeine Regeln gebunden werden. Damit wandte sie sich einerseits gegen das in ihrer Zeit aus dem Darwinismus abgeleitete Denken von absoluter Freiheit und andererseits gegen von Veranlagung und Umwelt bestimmte Determination. Sittliche Freiheit machte resistent gegen Sozialdarwinismus, Rassentheorie und Imperialismus. 
In Zürich kam sie auch in engen Kontakt zu Tolstojanern. 1898 lernte sie in diesem Umfeld ihren Lebensgefährten, den Armenier Hovannessian Akunian (1868-1947), genannt Iwan[7] (russisch: Iwan Akunoff), kennen, mit dem verheiratet zu sein sie ab 1901 vorgab. 
Zusammen mit Mandelbaum übersetzte sie Tolstois Roman „Auferstehung“ (1899), später auch Werke von Anton Tschechow sowie Maxim Gorkis „Barbaren“ (1906). In mehreren ihrer eigenen Werke beruft sie sich, wie Tolstoi, auf die Bergpredigt und auf das Christentum als Religion der Liebe: Vergebung statt Rache, Versöhnung, Brüderlichkeit und gegenseitige Verantwortung, Gewaltfreiheit, die auch Wehrdienstverweigerung einschließt. In diesem Umkreis entwickelte sie sich zur gewaltfreien Anarchistin. Ihr Einsatz als Friedensaktivistin gegen die imperialistischen Bestrebungen des Kaisers machte sie in den Augen vieler Deutscher zur Volksverräterin. 
Ab 1901 lebte Frapan mit Mandelbaum und Akunian zusammen als „Aussteigerin“ in der „Campagne Schaffner“ im damals winzigen Dorf Onex bei Genf. Sie pflegten dort engen Kontakt zu dem Tolstoibiographen Pawel Birjukow und zu dessen Tolstoikolonie, die direkt an die „Campagne Schaffner“ angrenzte. Durch ihn erhielten sie detaillierte Informationen über die Gräuel im Zarenreich zur Zeit der ersten russischen Revolution 1905. 

Iwan, Emma und Ilse
Iwan, Emma und Ilse um 1904, Quelle: Christa Kraft-Schwenk: Ilse Frapan (1849-1908). Leben, Werk und öffentliches Wirken. Würzburg 2023, S. 383. [8]

Außerdem setzte sich Frapan mit aller Kraft für die armenische Unabhängigkeitsbewegung ein. Sie pflegte Kontakte zu armenischen revolutionären Migranten in Genf, speziell zu den Mitarbeitern des ‚Droschak‘, dem offiziellen Organ der Daschnaken. Auf Vortragsreisen durch Deutschland forderte sie u.a. in Hamburg die Einhaltung des Berliner Vertrags von 1878: Rechtssicherheit, Steuererleichterung, lokale Selbstverwaltung und Sicherheit für die Armenier. Die Umsetzung war nicht im Interesse der Großmächte, auch nicht im Interesse Deutschlands aufgrund seiner ökonomischen Ziele in der Türkei. Als Folge kam es zu den Pogromen zwischen 1894 und 1896. Über ihren Vortrag Ende 1902 schreibt sie: „Und dann, […], muss ich meine grosse Armenienrede in Hamburg halten ‚Armeniens Leiden – Europas Schande’ und ich habe hundert blutige Details von Augenzeugen, erzählt von zitternden Lippen, zu berichten, und ich möchte, dass meine Stimme Donner wäre und meine Worte Blitze, um in die elende Trödelbudenkrämerwirtschaft zu schlagen!“[9]  Am 22.5.1903 folgte in Hamburg eine 2. Armenienrede im Erholungsheim der Firma „Behrens und Kranold“ vor 400 Menschen: „Die armenische Frage und das europäische Gewissen“. Sie bat dazu den „Cäcilien-Verein (Leitung Spengel) um seine gütige Gratismitwirkung“ und wollte „eine junge Schauspielerin ‚keilen’, die ein paar armenische Gedichte sprechen kann!“[10] Frapan wusste ihre Ausführungen zu inszenieren. Mit rhetorischem Know-how, Mut und temperamentvollem Engagement gab sie drastische Einblicke, prangerte insbesondere die Vergewaltigung von Frauen an, stellte sich damit gegen die europäischen Regierungen und gegen die Presse, die das Thema ausblendete, und forderte Konsequenzen gegen die Verantwortlichen. Trotz ihrer Parteilichkeit für die Armenier behielt sie auch die psychischen und physischen Schäden der Muslime durch die Kämpfe im Blick. Frapan bezog nie Stellung gegen die Bevölkerung, sondern gegen die autokratischen Regime: gegen den Sultan, den deutschen Kaiser und 1906 auch gegen den Zaren Nikolaus Romanow, den „feige[n], schlotternde[n] Lügner auf dem Tron, der du im Menschenblut badest wie in Maientau“[11], weil er den Gräueltaten und dem Morden zusah, statt die Armenier zu schützen. Frapan verstand sich – unter den drei Genfer Freund*innen – im Kampf gegen Autokraten als „die radikalste und weitaus unbesonnenste“[12]
Bei der Gründung der „Monistischen Gesellschaft in Hamburg“ am 11.6.1903, bei der sie anwesend war, wurde sie zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Seit diesem Zeitpunkt bespitzelte die politische Polizei Hamburgs sie als Monistin, Friedensaktivistin und Antiimperialistin. Bis 1909 entstand eine umfangreiche Akte über sie. 
Als Frapan 1908 unheilbar an Magenkrebs erkrankte, ging sie mit Mandelbaum gemeinsam in den Tod. Sie hatte sich bereits von Verwandten und Freunden verabschiedet, als sie in der Nacht von Mandelbaum erschossen wurde, die sich dann selbst tötete. Beide Frauen wurden auf dem Friedhof St. George in Genf beerdigt. Obwohl ein Herr Brüggemann aus Ohlsdorf bereit war, einen Grabstein für Frapan auf dem Ohlsdorfer Friedhof zu stiften, und eine Spendensammlung für die Überführung der beiden Frauen initiiert worden war, erhielten die beiden keine Grabstätte in Hamburg – zumindest Frapan scheint politisch deutlich zu unliebsam geworden zu sein, als dass man sich an sie erinnern wollte.

Frapans literarisches Schaffen: Vom poetischen Realismus zu engagierter Literatur

„Ich bin mir nicht bewußt, die Armen besonders belauscht zu haben, aber ich bin Hamburgerin, u die Stadt u der Zuschnitt des Lebens ist so demokratisch, die Stände sind so wenig voneinander geschieden, daß man es dort leicht hat, zu sehen und zu hören.“[13]
Beeinflusst von Theodor Storm und Friedrich Theodor Vischer schrieb Frapan seit etwa 1887 Novellen und Erzählungen, zunächst angesiedelt in der Hamburger Unterschicht. Da sie im Zentrum Hamburgs aufwuchs, war für sie die Stadtbevölkerung keine anonyme Masse. Sie sah Details, Normalität, Humanität und die Möglichkeit des Menschlichen selbst unter menschenunwürdigen Bedingungen der Großstadt, auf die sie mit Humor blickte. Entsprechend dem Programm des poetischen Realismus stellt sie das Wahre und Wesentliche in der individuellen Realität dar, aber im Unterschied zu ihren Vorbildern Storm und Vischer in der des Prekariats. Darin, dass sie auf Individualität, Humanität sowie auf die Schuld- und Tragikfähigkeit gerade dieser Bevölkerungsgruppe hinweist, besteht das ganz Spezifische an Frapans Novellistik. Mit dieser Form von Heimatdichtung beeinflusste sie auch Fritz Stavenhagen. Ihre Erzählungen kamen in Hamburg an. „Mein [Lese]abend ist glücklich verlaufen, viele Leute haben noch gestanden; […]. Die ganze Reederei, Bürgermeister und Senatoren waren da; […]“[14] In späteren, nicht in Hamburg spielenden Werken, bleiben die unteren Schichten gleichfalls ihr Personal. Viele wurden in der „Deutschen Rundschau“ von Julius Rodenberg veröffentlicht. 
Auch unter den Schriftsteller*innen in Zürich galt Frapan als „Krösus“[15]. Bis zur Jahrhundertwende übertraf ihr Einkommen das von Dichtern wie Karl Henckell, Julius Hart, Wilhelm Bölsche und Franz Blei, die zur gleichen Zeit in Zürich lebten.
Seit Ende der 1890er Jahre verschärfte sich jedoch Frapans literarische Aussage. Sie beließ es nicht mehr nur dabei, Einblicke zu gewähren in Milieu und Menschlichkeit der Unterschichten, sondern stellte sich gegen das Establishment in Hamburg und in Zürich. In ihrer frauenrechtlerischen Kampfschrift "Wir Frauen haben kein Vaterland" (1899) klagt sie nicht nur den Hamburger Senat an, dass Frauen keine Studien- und Arbeitsstipendien erhalten, sondern greift alle national-konservativen Haltungen ihres "Vaterlands" an: die bürgerliche Familie mit "Rute" und "Schlafrock" und sexuellen Übergriffen, die den Staat stützenden Juristen mit ihrer materialistischen, male-chauvinistischen Ausrichtung, die Kleriker mit ihren "Zötchen" und die staatstragende Kirche sowie die Rassisten. Da alle Institutionen von Männern dominiert waren, galt die Kritik allen Antifeministen. Sie kämpfte für einen internationalen Zusammenschluss aller Frauen, aber nicht, um die Gleichstellung in bestehenden Staats- und Lebensformen zu erhalten, sondern um Menschenliebe und ethische Grundwerte durchzusetzen.  
Das einzige Kinderbuch, das Frapan schrieb, "Hamburger Bilder für Hamburger Kinder" (1899), ist das erste Kinderbuch in deutscher Sprache, das das Leben von Kindern in der Großstadt zeigt – ein „Meilenstein“ in der Kinderliteratur[16]. Es ist ein Auftragswerk der Vertreter der Hamburger Jugendschriftenbewegung Fritz von Borstel und Heinrich Wolgast, die Texte für ein neues Schulbuch benötigten. Inspiriert von den pädagogischen Ideen Wolgasts und von kunstpädagogischen Vorstellungen Alfred Lichtwarks und seiner „Sammlung von Bildern aus Hamburg“ kreierte Frapan Texte, in denen fast durchgehend Kinder ohne festgelegte Geschlechtsrollenzuweisung agieren. Frapan erzeugt Genderneutralität, die einen Tausch der Geschlechtsrollenzuschreibung ermöglicht, durch die Ich-Perspektive, durch eine Art „Kamerablick“ auf die Welt, mit der die jugendlichen Held*innen beschreiben, was sie sehen, denken und wie sie handeln. Die relativ statische Form des „Bildes“ bewirkt zum einen, dass aufgrund der Atmosphäre teilweise impressionistische Stimmungsbilder entstehen, und zum anderen ermöglicht sie dem Kind, seinen eigenen Denkprozess wiederzugeben und seinen Erkenntnisfortschritt zu reflektieren und zu kommentieren. Diese Selbstständigkeit im Beobachten und Rückschlüsse-Ziehen führt zu potentiell subversivem Denken, dem pädagogischen Ziel libertärer Pädagogik. 
In den Texten für ältere Kinder werden die für Frapan wichtigen ethische Werte veranschaulicht: Zugewandtheit, wertschätzende Umgangsformen, Respekt und Akzeptanz gegenüber anderen Ethnien; außerdem Zivilcourage, Würdigung von Arbeit, eine offene Form von Religiosität und Solidarität. Der Reifungsprozess der Kinder kann als Initiationsbewegung zu einem sinnvollen Mitglied der Menschengemeinschaft verstanden werden. 
Von den meist der Sozialdemokratie nahestehenden Pädagog*innen wurden die „Bilder“ sehr geschätzt. Da sich viele während des Kaiserreichs jedoch in national-konservative Richtung entwickelten, wurden nur noch wenige, traditionellere Bilder bis in die 60er Jahre hinein neu aufgelegt.[17]
Frapans Roman „Arbeit“ (1903), ein weiblicher Entwicklungsroman, rief in Zürich wütenden Protest der Mediziner hervor, da die Hauptfigur, eine Medizinstudentin, die an kapitalistischen Prinzipien orientierte Struktur des Uniklinikums bloßstellt. Das eigentliche Anliegen des Romans ist jedoch wieder die Durchsetzung von Liebe im zwischenmenschlichen Umgang. Der Korintherbrief ist Ausgangs- und Zielpunkt der Entwicklung der Protagonistin: „Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird“ (1. Kor. 13,8, LU).
Frapan schrieb zwei Dramen, die beide im Altonaer Theater aufgeführt wurden. Das zweite, „Die Retter der Moral“ (1905) fand sie selbst „krass“. Auch zeitgenössische Frauenrechtlerinnen lehnten es fast durchgehend als zu schockierend ab. Nach zwei Vorstellungen wurde es denn auch bereits abgesetzt. Es kritisiert die Machenschaften der Sittenpolizei, die um 1900 gynäkologische Zwangsuntersuchungen durchführen durfte und durchführte bei der Prostitution verdächtigen Frauen, im Grunde bei allen, die abends alleine auf die Straße gingen. Stein des Anstoßes war nicht nur der Inhalt, sondern auch die aggressive Form des Stücks. Ein Polizeiarzt vergewaltigt seine uneheliche Tochter. Im Schlussbild kulminiert die Handlung in einem kreativen Angriff maskierter Frauen auf die durch männliche Polizeibeamte repräsentierte Staatsmacht. Dadurch wird die Täter-Opfer-Rolle umgekehrt. Die Frauen erscheinen als Rächerinnen: Auf einem Maskenball übernehmen sie kostümiert – drei Babies, ein Tintenfisch mit Schweinerüssel als Po-po-lyp usw. – in einem abgekarteten Spiel die Macht. Die temporeiche Inszenierung mit expressiven Kunstgriffen und raffinierter Einbeziehung des Publikums führt zu einer partiellen Überwindung des Theaters als Guckkastenbühne. Unverschämt direkt entlarvte Frapan damit männliche Schamlosigkeit.
Frapan war eine begabte Schriftstellerin und eine mutige und vielseitig engagierte Frau. In Hamburg erinnert ein Weg in Iserbrook an sie und seit Juni 2024 ein Medaillon im „Garten der Frauen“. 
Text: Dr. Christa Kraft-Schwenk