Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Hedwig von Haartman (Hedwig Eleonore von Tavel-Hartmann)

(29.12.1862 in Finnland - 15.10.1902 in Hamburg)
Heilsarmistin
Jungfernstieg 16 (Wohnadresse)
Ohlsdorfer Friedhof, Grab Nr. X 29, 208


Hedwig von Haartman wurde 1862 als Kind einer vornehmen, begüterten Familie in Finnland geboren. Als junge Frau lehrte sie an einer Schule Sprachen. Bei einem Evangelistengottesdienst, den ein junger Adliger leitete, wurde ihr bewusst, wie wichtig die christliche Lehre für ihr Leben war, und so gründete sie bald darauf an ihrer Schule einen Bibelkreis. Während einer schweren Krankheit entschloss sie sich, im Fall einer Genesung ihre Arbeit in den Dienst Gottes zu stellen. Diesem Anspruch meinte sie als Krankenschwester am besten gerecht werden zu können. Gleich nach ihrer Gesundung fragte sie in Helsinki bei einem bekannten Arzt um eine Anstellung als Krankenschwester an und erhielt die verblüffende Antwort: „Wir können in unseren Krankensälen keine Fanatiker gebrauchen!“ [1]
Um nicht untätig zu bleiben, schloss sie sich mit einigen Damen aus ihrer Gesellschaftsschicht zusammen. Sie gingen in die Elendsviertel von Helsinki, um dort mit den Armen zu sprechen und sie zu Gott zu führen. Hedwig von Haartman begab sich aber auch in die Häuser der Wohlhabenden, um mit ihnen über Gott zu sprechen.
Als die Nachricht von der Entstehung der Heilsarmee über Schweden nach Finnland gelangte, sah Hedwig von Haartman dieser hierarchisierten Form der Glaubensgemeinschaft zunächst skeptisch entgegen. Die Berichte einer Freundin von den Unternehmungen der Heilsarmee in England überzeugten sie jedoch. Hedwig von Haartman fuhr nach London, um sich an der Internationalen Offiziersschule zur Heilsarmeeoffizierin ausbilden zu lassen, und kehrte als Leutnantin nach Helsinki zurück. Ihre Arbeit in den Elendsvierteln überzeugten so sehr, dass das Internationale Hauptquartier sie zunächst zur Adjutantin, dann zur Majorin beförderte und sie schließlich zur Territorialleiterin der Heilsarmee bestimmte.
Unterstützung fand Hedwig von Haartman bei ihrer Freundin Alma Farsblom, einer jungen musikalischen Adligen. Sie wurde Hedwig von Hartmans Sekretärin.
Sie half „ihrer Vorgesetzten, ihrer Vergeßlichkeit entgegenzuwirken, indem sie ihr bestimmte Einzelheiten ihrer täglichen Pflichten in Erinnerung rief. Sie machte sie auf Unschicklichkeiten aufmerksam, und Hedwig ließ sich gerne beraten und belehren. Alma war auch Hedwigs Gesangslehrerin. Der unglücklichen Majorin, jeder musikalischen Begabung bar, war es jedesmal peinlich, wenn sie in den Versammlungen den Gesang anstimmen und leiten mußte.“[1]
Allmählich wurden auch die Behörden auf die Heilsarmee aufmerksam. Da Hedwig von Haartman fürchtete, dass die in Finnland regierende russische Obrigkeit die westliche Einrichtung verbieten würde, sprach sie beim Gouverneur vor und erhielt die Zusage, dass die Arbeit der Heilsarmee in Finnland – von kleinen Änderungen, die er verfügte, abgesehen – weiterbestehen dürfe.
Hedwig von Hartman wurde in ganz Finnland bekannt. Als sie den Marschbefehl für die Schweiz bekam, fiel es ihr sehr schwer, ihre Heimat, ihre Sekretärin, Freunde, Familie und Verwandte zu verlassen. Sie kam als Brigadierin in die deutschsprachige Schweiz, wo sie große Schwierigkeiten hatte, solange sie die deutsche Sprache nicht beherrschte und manche Zuhörer in lautes Gelächter ausbrachen, wenn sie predigte.
Hier im „Exil“ begegnete sie ihrem zukünftigen Ehemann, Rudolf Franz von Tavel, einem jungen gebildeten Mann, der auf einen Universitätskehrstuhl verzichtet hatte, um der Heilsarmee zu dienen und sich der Schriftstellerei zu widmen. Hedwig von Haartman zögerte lange, ihn zu heiraten. Sie fürchtete, durch eine Heirat ihre Pflichten Gott gegenüber nicht mehr erfüllen zu können. In ihrer Not unterbreitete sie ihre Ängste dem General der Heilsarmee, der sie beruhigte.
Schon einen Tag nach der Hochzeit ging das Ehepaar wieder seiner Arbeit nach. Die Hochzeitsreise nach Finnland wurde auf den Urlaub verschoben. Es sollte jedoch noch zwei Jahre dauern, bis sie die Reise antreten konnten, denn Hedwig von Tavel-Haartman erkrankte an einem Lungenleiden. Als sie glaubte, von der Krankheit genesen zu sein, machte das Ehepaar sich auf den Weg nach Finnland. Doch am Ziel angekommen, trat die Lungenblutung erneut auf. Hedwig von Tavel-Haartman erholte sich und glaubte am Ende ihres Urlaubs, genug Kräfte zu besitzen, um die Rückreise in die Schweiz antreten zu können. Doch sie hatte sich getäuscht. Sie starb in Hamburg, wo das Paar im Hotel „Zum Kronprinzen“ am Jungfernstieg 16 logierte.
Auf ihrer Grabstätte steht ein hohes Postament mit einem aufgesetzten schwarzen Granitkreuz. Die Inschrift lautet: „Wie steht’s mit dir?“
Text: Rita Bake