Rechtsberatungsstelle des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins Rechtsberatungsstelle des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF)
Brandsende 5 (ehemals)
Am Brandsende Nr. 5 gründete die 1896 ins Leben gerufene Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins 1899 im selben Jahr eine Rechtsberatungsstelle für Frauen. In den von der Frauenrechtlerin Julie Eichholz gemieteten Räumen wurde „von Frau zu Frau“ beraten. „Die beratenden Frauen mußten sich dafür eigenständig und unabhängig von einer Ausbildungseinrichtung in wichtige juristische Fragen einarbeiten, um kompetent Rat zu erteilen. Bis 1908 durften Frauen in Preußen nur mit Ausnahmegenehmigung studieren, und in Hamburg selbst gab es bis 1919 noch keine Universität. Aufgrund dieser Situation konnten nur wirtschaftlich unabhängige bzw. nicht auf Erwerbsarbeit angewiesene Frauen in der Rechtsberatung tätig werden, da nur sie die entsprechende Zeit für das Selbststudium erübrigen konnten. Die Beratung ‚von Frau zu Frau‘ korrespondierte daher mit einer Beratung 'von Bürgerin zu Arbeiterin'“, [1] resümierte die Historikerin Kirsten Heinsohn in ihrer Dissertation zur politischen Kultur bürgerlicher Frauenvereine in Hamburg.
Vorsitzende dieser Abteilung für Rechtsschutz des ADF „war Julie Eichholz:3225}}, ihr standen Anna Sußmann-Ludwig und Emmi Lachmann zur Seite. 1911 verließen {{Bio: Julie Eichholz und ihre Mitarbeiterinnen die Abteilung des ADF und gründeten einen eigenständigen Verein unter dem Namen ‚Rechtsschutzverein für Frauen‘, der bis zum 29.6.1924 bestand. Die Ortsgruppe richtete daraufhin 1911 erneut eine eigene Abteilung für Rechtsschutz ein.“[2]
Zu den Sprechstunden kamen 1911 „schon ca. 1680 Frauen. 60% dieser Fälle betrafen Ehestreitigkeiten (ca. 1000 von 1680), dann folgten Alimentationsklagen, Schuldforderungen, Lohnstreitigkeiten, Mietangelegenheiten, Testaments- und Geschäftsfragen und strafrechtliche Fälle. (…)
Die Arbeiterinnen machten (..) nur einen Teil der Klientinnen der Rechtsschutzstelle aus (…): ‚Da ist zunächst die unglückliche, seelisch gebrochene Ehefrau, die keinen Rechtsgrund zur Ehescheidung hat; das verlassene Mädchen; die leichtgläubige Borgerin; die Mieterin, die sich die Uebergriffe des Hauswirts nicht erklären kann, die Geschäftsfrau, die den an sie gestellten Anforderungen nicht gewachsen ist, Kinderfräulein, Stütze, Dienstmädchen (…).‘ (StA H PP 5808 Bd. 1 GA 16.8.1903)“[3]
„Die Inanspruchnahme der Rechtsschutzstelle ließ in der Kriegs- und Nachkriegszeit allmählig nach. Beratung durch Kriegshilfestellen in den verschiedenen Stadtteilen, Wegfall der mieterechtlichen Fragen, Lohnregelung durch Tarife und Berufsvereine gehören zu den leicht erkennbaren Gründen, die zum Rückgang führten. – Im Januar d. J. [1921] wurde die Rechtsschutzstelle für Frauen nach fast fünfundzwanzigjähriger Tätigkeit aufgelöst.“ [4]
Text: Rita Bake