Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Maria Klingenheben-von Tiling Maria Klingenheben-von Tiling, geb. von Tiling

(1.2./13.2.1886 Bickern/bei Riga – 11.11.1974 Hamburg)
Erste deutsche Afrikanistin
Waitzstraße 6 (Wohnadresse)
Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee (Wirkungsstätte)


Tochter eines Pfarrers, Oberlehrers und späteren Dompredigers, 1888 Übersiedlung der 14-köpfigen Familie ins Deutsche Reich. Maria von Tiling studierte Französisch, Geschichte und Germanistik und war danach für kurze Zeit als Oberlehrerin tätig und ab 1916 als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin am Kolonialinstitut in Hamburg. Wie Maria von Tiling diese Stelle bekam, beschreibt Hilke Meyer-Bahlburg in ihrem Artikel über Maria von Tiling: „Während des Ersten Weltkriegs waren alle wissenschaftlichen Mitarbeiter am Seminar für Kolonialsprachen eingezogen worden, und der Direktor des Seminars, Professor Carl Meinhof, sah sich vor die Aufgabe gestellt, die Arbeit mit den afrikanischen Sprachgehilfen und die Drucklegung der zahlreichen Publikationen ohne weitere Hilfe voranzutreiben. Bei einem Aufenthalt in Belgrad/Pommern lernte er 1916 Maria von Tiling kennen, eine 30jährige stellungslose Oberlehrerin für Deutsch, Geschichte und Französisch. Er unterbreitete ihr den Vorschlag, wissenschaftliche Mitarbeiterin – zur damaligen Zeit noch – ‚Hilfsarbeiterin‘ genannt – am Seminar zu werden. Die Einstellung wurde angesichts der bestehenden Zwangslage prompt, wenn zunächst auch nur bis Kriegsende, genehmigt; Maria von Tiling konnte noch im selben Monat die ihr völlig ungewohnte Tätigkeit beginnen, die sie zur ersten Afrikanistin in Hamburg und wohl in Deutschland überhaupt werden lassen sollte.“[1]
Maria von Tiling lernte afrikanische Sprachen und unterrichtet sie dann auch. „Maria von Tilings erste Veröffentlichung befaßte sich mit den ‚Vokalen des bestimmten Artikels im ‚Somali‘ (1918/19), im Jahr darauf folgte die Abhandlung ‚Adjektiv-Endungen im Somali‘, und 1921/22 erschien ‚Die Sprache der Jabarti‘, eine umfangreichere vergleichende Studie.“[1]
Nach Auflösung des Kolonialinstituts nach Kriegsende erhielt Maria von Tiling eine Anstellung am Seminar für Afrikanische und Südseesprachen an der Universität Hamburg. 1924, im Alter von 38 Jahren, promovierte sie über das „Nordsomali“. „Der Wiener Ägyptologe und Afrikanist Wilhelm Czermak betonte in seiner ausführlichen Rezession als besondere Verdienste dieser Arbeit ‚die Loslösung von der ‚europäischen Grammatik‘, die bis zum heutigen Tage schwer auf allen Werken der Sprachforscher lastet‘ und ‚die Anschauung eines Ganzen …., die eine nach der Synthese hinzielende Behandlungsart zur Folge hat‘. Er resümierte: ‚Es ist …. Vielleicht kein Zufall, daß einer Frau der Blick in die Tiefen einer sprachlichen Individualität, in den ‚Sinn der Sprache‘ …, gelungen ist, - dem weiblichen Einfühlungsvermögen in einen fremden, seelischen Organismus…‘. Eine solche Arbeit aus der Feder einer Frau erregte damals Aufsehen (…).“[1]
1927 Heirat mit dem Orientalisten und Afrikanisten August Klingenheben. Ihm folgte sie 1930 nach Leipzig, 1936 Rückkehr nach Hamburg, wo August Klingenheben Direktor des Hamburger Seminars für Afrikanische Sprachen und Kulturen wurde. Maria Klingenheben-von Tiling war nicht mehr wissenschaftlich tätig, sie wurde Hausfrau und Mutter einer Tochter.
Text: Rita Bake