Käte Hamburger
(21.09.1896 Hamburg – 8.4.1992 Stuttgart)
Literaturwissenschaftlerin und Philosophin
Klosterallee 33 a (Wohnort; Elternhaus)
Käte Hamburger wurde als Tochter jüdischer Eltern in Hamburg geboren. Der Vater John Hamburger (1859–1930), war Bankier, die Mutter Herta, geb. Mayer (1872–1951).
Als Tochter aus gutbürgerlichem Hause besuchte sie von 1912–1917 das Wendtsche Realgymnasium für Mädchen des Vereins für Frauenbildung und Frauenstudium [1]. Ihr Abitur legte sie am Johanneum in Hamburg ab. Noch während des Ersten Weltkriegs, ab dem Sommersemester 1917, begann Käte Hamburger in Berlin das Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Literaturgeschichte, das sie im Wintersemester 1918/19 mit dem neuen Hauptfach Philosophie in München fortsetzte. Dort promovierte sie 1922 bei Clemens Baeumker mit der Arbeit „Schillers Analyse des Menschen als Grundlage seiner Kultur- und Geschichtsphilosophie. Ein Beitrag zum Problem des Individualismus, dargestellt auf Grund seiner philosophischen Schriften".
Die Zeit von 1922 bis 1928 verbrachte sie als Buchhändlerin und Privatgelehrte in Hamburg, wo sie an der 1919 frisch gegründeten Hamburger Universität unter anderem Vorlesungen von Ernst Cassirer besuchte. Diese Vorlesungen stellten Weichen für ihr späteres wissenschaftliches Oeuvre.
Von 1928 bis 1933 war sie Privatassistentin bei dem Philosophen Paul Hofmann in Berlin. „In diesen Jahren publizierte sie neben ersten Aufsätzen zu Jean Paul und Novalis eine Monographie zu Thomas Mann (Thomas Mann und die Romantik, 1935), die der Verlag Junker und Dünnhaupt infolge der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten schon wenige Monate nach ihrem Erscheinen wieder einstampfen ließ.“ Wobei die Schrift selbst immerhin zum Anlass für Käte Hamburgers persönliche Bekanntschaft und einen lebenslangen Briefwechsel mit Thomas Mann wurde.
„Im Herbst 1933 ging Käte Hamburger „für einen einjährigen Studienaufenthalt nach Dijon, wo sie eine Schwedin kennen lernte, die es ihr ermöglichte, 1934 nach Göteborg zu emigrieren, wohin sie 1939 auch ihre Mutter retten konnte. In ihrem Asylland Schweden, dessen Sprache sie lernte und dessen Staatsbürgerschaft sie annahm und bis zu ihrem Tode behielt, lebte Hamburger gut 20 Jahre lang unter schwierigen Umständen. Um den Lebensunterhalt für sich und ihre Mutter im Exil zu verdienen, gab sie Deutschunterricht und arbeitete für verschiedene schwedische Tageszeitungen und Zeitschriften als freie Kulturjournalistin. In schwedischer Sprache veröffentlichte sie außerdem Monographien u. a. zu Tolstoj und Rilke“ (Michael Scheffel 2010, S. 148-149).
1956 zog Käte Hamburger zurück in die Bundesrepublik nach Stuttgart. Ein Jahr später habilitierte sie sich dort mit „Die Logik der Dichtung“. Als erste Frau in der Bundesrepublik Deutschland erhielt sie die Lehrberechtigung (Venia legendi) für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (vgl. Scheffel: 2010, S. 149). Von 1957 bis 1959 war sie Privatdozentin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Technischen Hochschule (TH) Stuttgart. 1957 hatte sie eine Gastprofessur an der University of Middlebury (Vermont/USA) inne. 1959 –1976 lehrte sie fast zwei Jahrzehnte als außerplanmäßige Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der TH (später Universität) Stuttgart. Ihre Emeritierung erfolgte 1976.
Im Verlauf ihres an Publikationen reichen Lebens hat „sie sich wiederholt für den Zusammenhang von Philosophie und Literatur sowie für Literatur als ‚Ideenfindung’ interessiert“ (Scheffel 2010, S. 148).
In einem sehr persönlich gefärbten Nachruf heißt es: „Ihre letzte Arbeit ist die Untersuchung ‚Das Mitleid’ (1985). Ihren Lieblingsschülern wird sie zur Nenntante, und sie redet sie in der Öffentlichkeit zwar mit Titel – aber mit Vornamen an. Sie ist eine große Logikerin – und ein großes Kind. Und die hochgewachsenen WissenschaftlerInnen, die einmal ihre SchülerInnen waren, haben zu der Kleingewachsenen aufgesehen. Käte Hamburger ist im Alter von fünfundneunzig Jahren am 8. April 1992 in einer psychiatrischen Anstalt gestorben. Sie kam dorthin, weil letzten Endes doch niemand sie pflegen wollte und sie sich in dieser Anstalt schließlich doch noch (nach einem solchen Leben!) aufgegeben hat (Waltraud Schiffels, fembio.org/biographie.php/frau/biographie/kaete-hamburger).
Ehrungen u.a.: 1966 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland; verschiedene Ehrendoktorate
Weitere Würdigungen: 1999 ist eine Straße in Göttingen nach Käte Hamburger benannt worden. Dort ist Sitz des Instituts für Deutsche Philologie.
Sie war Mitglied in zahlreichen wiss. Gesellschaften, u.a. auch im P.E.N.–Zentrum der BRD und in der International Federation of University Women.
Forschungsschwerpunkte: Deutsche Romantik; Schiller, Novalis, Heine, Rilke, Tolstoi, Ibsen, Th. Mann, Sartre, Nelly Sachs, Celan; Gattungstheorie; Monographie über Rahel Varnhagen
Autobiographisches (Artikel): Herlinde Kölbl: Jüdische Portraits. Photographien und Interviews von Herlinde Koelbl. Frankfurt/M. 1989, 108 – 112 (auch Frankfurt/M. 1998; darin Interview von Herlinde Kölbl mit Käte Hamburger).
Text Dr. Cornelia Göksu