Clara Sutor Dr. phil. Clara Emilie Marie Sutor
(2.3.1914 Hamburg – 29.1.2017 Hamburg)
Gesellschafterin der Sutor Bank
Ehrenvorsitzende der Stiftung Hanß und Catharina Goldenstede nebst Anna Willers Testament
Vorstand der Sutor-Stiftung zur Förderung der Wissenschaft, der Architektur und Technik
Güntherstraße 26 (Eintrag: Sutor, Max, Kfm. In: HHer Adressbuch 1914, Bd.II., S. 886 sowie Eintrag in Geburtsurkunde, vgl. freundliche Info v. Dirk C. Schoch v. 23.3.2017 an CG)
Neubertstraße 29 (Wohnadresse der Großeltern mütterlicherseits; vgl. Eintrag: Theodor Wimmel & Leonhard, in: HHer Adressbuch 1914, Bd. II., S.975)
Neubertstraße 43 (Eintrag für Max Heinrich, Haus Nr. 43, im Hamb. Adressbuch bzw. Amtl. Fernsprechbuch ab 1917 – 1943)
Lemsahler Landstraße 169 (Adresse unter Vater „Max Heinrich“ nach 1945, z.B: in: Hamb. Adressbuch 1947, Bd. II, S. 385)
Graumannsweg 13 und 47 (Schulbesuch des Realgymnasiums für Mädchen Mittell und Redlich, vgl. de.wikipedia.org/wiki/Margarethe_Mittell sowie Renate Hauschild-Thiessen: Mittell, Margarethe. In. Hamburgische Biografie, Bd.5, 2019, S.264-266)
Alsterchaussee 13 (Wohnadresse bis schätzungsweise Anfang der 1980er Jahre, vgl. freundliche Info v. Dirk C. Schoch v. 23.3.2017 an CG; erster Eintrag in Hamburger Adressbuch 1952, Personen- und Firmenverzeichnis, B. II, S. 1275)
Heimhuder Straße 55 (Sitz des Konsulats von Frankreich in Hamburg; Arbeitsplatz 1948 - 1977)
Winterhuder Kai 17 (Letzte Wohnadresse)
Bestattet auf dem Friedhof Ohlsdorf, Fuhlsbüttler Straße 756, Grablage: M 24-71
Zu ihrem 100. Geburtstag am 2. März 2014 gratulierte die Sutor Bank „Frau Dr. Clara Sutor herzlich im Namen ihrer Mitarbeiter. An ihrem Ehrentag empfing die Tochter des Firmengründers Max Heinrich Sutor viele geladene Gäste in ihrem Hamburger Domizil. (...) Die Sutor Bank blickt heute stolz auf eine Firmengeschichte zurück, die von Anfang an eng mit der Familiengeschichte der Sutors verknüpft war“. Diese enge Verbundenheit habe sich erhalten und finde weiterhin im Engagement von Dr. Clara Sutor als stellvertretende Vorsitzende im Vorstand der Sutor Stiftung ihren Ausdruck. Und weiter heißt es dort über den damaligen französischen Generalkonsul in Hamburg Serge Lavroff, er habe sich auf dem Empfang im Hause Sutor begeistert gezeigt „von dem Esprit, mit dem Dr. Clara Sutor, die lange Jahre beruflich mit dem Generalkonsulat verbunden war, weiterhin aktiv am Zeitgeschehen teilnahm. „Täglich liest sie noch die Le Monde, die Neue Züricher Zeitung sowie die Frankfurter Allgemeine und beschäftigt sich intensiv mit französischer Literatur. Dank einer lebenslang zentralen Rolle im Zeitgeschehen ist sie bis in ihr hohes Alter eine besonders wache und beeindruckende Persönlichkeit“ [1].
Geboren nur wenige Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, wohnte sie mit ihren Eltern Max Heinrich (21.09.1881 – 16.03.1969) und Clara, geborene Wimmel (01.05.1885 – 13.10.1966), in Hamburg-Hohenfelde. In ihrer Geburtsurkunde ist die Güntherstraße 26 eingetragen [2]. Kurz danach muss der Umzug in die Neubertstraße erfolgt ein, wo sie Kindheit und Jugend erlebte und vermutlich auch während ihrer Studienzeit gemeldet war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte die Familie in der Lehmsaler Landstraße 169. Eine Woche nach Claras siebtem Geburtstag gründete ihr Vater Max Heinrich Sutor, ein Hamburger Kaufmann, die Sutor Bank. Gemeinsam mit dem jüngeren Bruder Werner (19.9.1915 – 4.8.2004) verbrachte sie ihre Schulzeit in Hamburg an der Privatschule Realgymnasium Mittell und Redlich im Graumannsweg, Hamburg [3].
Auf den Schulabschluss folgten Aufenthalte in London und in Lausanne, „wo sie für ein Semester an der philosophischen Fakultät immatrikuliert war. Im Oktober 1935 erwarb sie das Certificat d’Etudes Francaises. Es folgte für drei Semester ein Aufenthalt an der Auslandshochschule der Universität Berlin mit den Fächern Spanisch und Russisch. Dort schloss Clara Sutor mit der Spanischen Sprachprüfung ab. Früh zeigte sich ihre Begabung für Sprachen und ihr Interesse an fremden Kulturen.
Im Jahr 1938 studierte sie an den Hochschulen in Hamburg und Berlin die Fächer Soziologie sowie französische und spanische Philologie. Ihre Promotion begann sie an der philosophischen Fakultät über französische Eliten im 18. Jahrhundert, begleitet von Forschungsaufenthalten in Berlin. Der Abschluss als Dr. phil. erfolgte im Alter von 30 Jahren am 23.09.1944 bei Dr. med. Eduard Keeser (Pharmakologie) und Dr. phil. August Klingenheben (Afrikanische Sprachen). Ihre Doktorarbeit, die in der Zeit des Nationalsozialismus beendet wurde, enthält auch verhalten kritische Töne an den herrschenden Systemen von Staat und Kirchen. Sie schreibt darin: ‚Zweck der Akademie ist es neben ihrer Hauptaufgabe, die französische Sprache zu kontrollieren, die Spitzen der Nation auf j e d e m Gebiet zusammenzufassen und dadurch ihre Leistung auf dem Territorium des geistigen Lebens zu repräsentieren.’ …’Aber es ist auch bezeichnend, dass im ganzen XIX. Jahrhundert kein General Aufnahme in die Akademie fand und auch nur wenig Klerus dort vertreten war.’“ (Zitat aus [6]).
Clara Sutor trat in der Zeit des Nationalsozialismus nicht der NSDAP bei und auch nicht der NSV oder der DAF. (Staatsarchiv Hamburg 221-11 Ed 11017)
Das elterliche Wohnhaus in der Neubertstraße 43 befand sich im Besitz der Familie Wimmel. Aus der Linie ihrer Mutter Clara, geb. Wimmel, stammte ihr Ururgroßvater, Carl Ludwig Wimmel (1786 bis 1845), Hamburgs erster Baudirektor. Zu seinen Hauptwerken gehörte neben der Esplanade und dem Krankenhaus St. Georg die neue Börse am Adolphsplatz, die von dem Großen Brand im Mai 1842 verschont blieb und heute als Börsensaal der Handelskammer dient.
Seit dem 1. April 1948 war Clara Sutor im Französischen Konsulat in Harvestehude tätig. Bis zu ihrer Pensionierung, knapp 3 Jahrzehnte später – am 1. März 1977, „war sie dort im protokollarischen Dienst, den sie dabei verinnerlicht hatte und dessen Struktur und Werte sie auch in ihrem weiteren Leben pflegte. Sie förderte weit über den Rahmen ihrer Berufstätigkeit hinaus den kulturellen Austausch mit Frankreich und den Gedanken der Völkerverständigung. Zeit ihres Lebens pflegte sie zahlreiche Auslandskontakte nach Europa, Amerika und bis nach Südamerika.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit für das Französische Konsulat und auch noch nach ihrer Pensionierung reiste sie gerne und empfing zahlreiche Gäste zuhause in ihrem Familiensitz an der Alster. Ihren Vater Max Heinrich Sutor (1881 bis 1969, Gründer der Sutor Bank) hat sie in geschäftlichen Angelegenheiten unterstützt, indem sie bei ihren Auslandsreisen in Europa und bis nach Südamerika dort ansässige Kunden besuchte und die Kundenbeziehungen pflegte. Ihren Bruder Werner unterstützte sie nach dessen Geschäftsübernahme der Sutor Bank im Jahr 1957. Gemeinsam hielten sie die familiäre Tradition aufrecht.
Clara Sutor kümmerte sich um zahlreiche Stiftungen und Vereine. Für die Sutor-Stiftung zur Förderung der Wissenschaft der Architektur und Technik war sie seit 1984 im Vorstand aktiv. Viele Projekte im Bereich Forschung und Kunst hat sie in der Zeit begleitet. Ein persönlicher Höhepunkt war im Jahr 2012 die Ausstellung im Börsensaal der Handelskammer über ihren Ururgroßvater und ersten Hamburger Baudirektoren Carl Ludwig Wimmel, die von der Hamburger Wissenschaftssenatorin als Schirmherrin eröffnet wurde. Wimmel hatte neben der Börse (1840), auch das Allgemeine Krankenhaus St. Georg (1823) (mit der ersten Wasserspülung in Hamburg), den großzügigen Straßenzug Esplanade (1830) und das Johanneum am Domplatz (1839) gebaut. Dank seiner breit angelegten Ausbildung als Ingenieur, Architekt und Stadtplaner, unterstützt durch Stipendien der Patriotischen Gesellschaft von 1765, konnte er beim Wiederaufbau nach dem Großen Brand von 1842 Hamburg neu gestalten und modernisieren.
In der Goldenstede-Stiftung zur Förderung von bedürftigen Frauen war Clara Sutor bis zu ihrem Tod Ehrenmitglied des Vorstandes. Die Stiftung ‚Hanß und Catharina Goldenstede nebst Anna Willers Testament’, die 1592 errichtet wurde und auf eine Hamburger Bürgermeisterfamilie zurückgeht, wird seit 1826 von Mitgliedern der Familie Sutor betreut [4].
Frau Dr. Clara Sutor war langjähriges Mitglied u.a. im Verein für Hamburgische Geschichte, in der Deutsch-Französischen Gesellschaft Cluny, dem Deutschen Alpen Verein DAV und im Verein der Freunde der Kunsthalle Hamburg. Sie war vielseitig interessiert und ging auch gerne in die Hamburgische Staatsoper, das Abonnement hatte sie bereits von ihren Eltern übernommen. Neben unzähligen Büchern las sie bis ins hohe Alter vier Tageszeitungen, darunter überregionale deutsche Zeitungen, die Neue Züricher Zeitung und Le Monde.
In ihrem Haus am Winterhuder Kai organisierte Frau Dr. Sutor Empfänge und Treffen, unter anderem für die Gustav-Mahler-Gesellschaft. Ihr Engagement für die Förderungen der Ernst und Elfriede Griebels Förderungs- und Unterstützungsstiftung für Blinde und Sehbehinderte [5], die u.a. das Medizinhistorische Museum am UKE Hamburg unterstützte, stand im Zeichen der familiären Tradition. Weiter pflegte sie den Kontakt zur Vaterstädtischen Stiftung (Gegr. 1849 als Verbund privater Wohnstifte für ältere, alleinstehende Frauen, vgl. vaterstaedtische-stiftung.de), in der ihr Bruder Werner über 50 Jahre Vorstandsvorsitzender gewesen war. Ein Stiftsgebäude in Hamburg heißt heute Werner-Sutor-Stift (Schedestraße 2 in Eppendorf).
Bis ins hohe Alter hatte Frau Dr. Sutor ein offenes Haus, in dem sie auch gerne Übernachtungsbesuch aus nah und fern beherbergte. Die Enkel südamerikanischer Freunde wohnten auch mal länger bei ihr, etwa während ihrer Sprachaufenthalte im Hamburg.
Selber lebte sie bescheiden und genoss höchstens einmal zusammen mit Besuch – nie allein – ein Gläschen Sherry. Ihr fast schon asketischer Lebensstil sowie ihr Wirken für Stiftungen und den kulturellen Austausch kann folgenden Generationen Erinnerung und Ansporn zugleich sein.“ [6]
Text: Dr. Cornelia Göksu (CG)