Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

MütterCourage e.V.

Von-Melle-Park 9, damals Standort der HWP Hochschule für Wirtschaft und Politik, dort wurde der erste Mütterkongress durchgeführt
Siehe auch: Feministische Initiative lohnloser Mütter


1986 gründete sich „MütterCourage e.V.“ – Verein für feministische Mütterpolitik - eine private Initiative von Frauen und Teil der Neuen Frauenbewegung, die es heute nicht mehr gibt. Deren Ziel war es, die Lobby der Mütter zu verstärken, damit die Interessen der Mütter nicht mehr als die einer Randgruppe übergangen werden. Außerdem setzte sich „MütterCourage“ dafür ein, dass auch Väter ihren Elternpflichten nachkommen.

4544 Hamburger Muetterkongress
Hamburgs erster Mütterkongress

1993 führte „Müttercourage“ gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung Hamburgs ersten Mütterkongress durch. Am „Muttertag“ (9. Mai 1993) bevölkerten 450 Frauen die Hochschule für Wirtschaft und Politik, wo der Kongress stattfand. In neun Arbeitsgruppen wurde die ökonomische Situation von Frauen mit Kindern in Hamburg untersucht. So gab es z. B. die Arbeitsgruppen: Erwerbsarbeit, Unbezahlte Frauenarbeit, Wohnungsnot, Alleinerziehende, Wiedereinstieg ins Berufsleben. Die auf dem Mütterkongress formulierten Forderungen wurden in dem Buch „Kinners noch mal -- Tips für Mütter + die 150 Forderungen des HH Mütterkongresses“ herausgegeben. Einen weiteren Mütterkongress gab es nicht mehr.
Das Thema „Muttersein“ wurde in der Neuen Frauenbewegung stark diskutiert. Dazu heißt es in dem von Ilse Lenz herausgegebenen Buch „Die Neue Frauenbewegung in Deutschland“: „Die Neue Frauenbewegung begann (..) mit einer kritischen Auseinandersetzung und Dekonstruktion dieses [des alten] Mutterbildes anhand der realen Unterordnung von Müttern und Kindern. Aber es ging ihr keineswegs um die Abschaffung oder Rationalisierung des Mutterseins, sondern um die Autonomie der Mütter in Verbindung mit dem Wohl des Kindes. Frauenbefreiung bedeutete für diese Frauen eben nicht Freiheit vom Kind, sondern die Möglichkeit, diese Verbindung freiheitlich im Sinne der Selbstentwicklung für Mutter und Kind zu leben. (…) Die Neue Frauenbewegung hat sich zum einen energisch für bessere Bedingungen für Mütter und Kinder eingesetzt. Sie hat die Reproduktionsarbeit der Mütter aufgewertet, indem sie aufzeigte, dass das Kindergebären und –versorgen für jede Gesellschaft grundlegend und unerlässlich ist. Deswegen hat sie Anerkennung in verschiedenen Formen dafür gefordert, zuvörderst durch Lohn für Hausarbeit, durch Erziehungsgeld oder durch die Berücksichtigung von Mutterschaft in den Rentenberechnungszeiten. (…) Zweitens erreichte sie, dass Muttersein wieder mit Öffentlichkeit und politischen Diskursen verbunden wurde, die verschiedene Perspektiven zwischen Differenz und Gleichheit eröffneten. Beispiele sind die Forderung, dass Männer sich an Geburtsvorbereitung und Kinderbetreuung beteiligen, Mütterwohngemeinschaften oder auch Utopien vom Matriarchat. Schließlich haben die Neuen Frauenbewegungen mitbewirkt, dass Mutterschaft vom biologisch festgelegten Frauenschicksal zur persönlichen Wahl wurde. (…) Bis in die 1970er Jahre erschienen Frauen durch die Mutterschaft als eine geschlossene Gruppe mit einer biologischen Aufgabe (…). Danach wurde Muttersein zur Frage von eigener Entscheidung und Lebensentwurf. (..)“ (Ilse Lenz (Hrsg.): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. Eine Quellensammlung. 2. Aktualisierte Auflage. Wiesbaden 2010, S. 177ff.)
Innerhalb der Neuen Frauenbewegung formierte sich in den 1980-er Jahren eine eigene Mütterbewegung, die Mütterzentrumsbewegung. Es bildeten sich Mütterzentren, so auch in Hamburg z. B. das Mütterzentrum Hohenfelde, Lübecker Str. 25 a., das Mütterzentrum Eimsbüttel, Müggenkampstr. 30a oder das Mütterzentrum Bergedorf, Wentorfer Str. 26. „Ein Teil der Mütterzentren sahen Mütter im Sinne des Differenzansatzes: Mütter verkörperten für sie weibliche Kultur, Beziehungsorientierung und die Versorgungsarbeit für das Leben. Andere Zentren sahen sich eher als Mütter- und Nachbarschaftszentren, die Öffentlichkeit und Kommunikation für Mütter (oder auch Väter) im Stadtteil schaffen wollen. (…) 1996 gab es in Deutschland ca. 320 Mütterzentren. Sie arbeiteten mehrheitlich mit den grundlegenden Prinzipien der Mütterzentrumsbewegung: 1. Mütter sind Expertinnen des Alltags (…); 2. Gleiches Honorar für alle für Arbeiten und nachbarschaftliche Dienstleistungen im Mütterzentrum; 3. Offene Angebote nach den Bedürfnissen der Mütter; 4. Die Kinder kommen mit und gehören dazu.“ (Ilse Lenz (Hrsg.), a. a. O., S. 622.)
Text: Rita Bake