Kaatje Benninga
(8.7.1898 Hamburg - deportiert aus Westerbork am 2.3.1943 ins Vernichtungslager Sobibor, ermordet am 5.3.1943)
Ärztin, jüdisches Opfer des Nationalsozialismus
Billhorner Röhrendamm 117 (Wohnadresse und Praxis)
Stolperstein vor ihrem Wohnhaus am Billhorner Röhrendamm 117
Kaatje-Benninga-Platz, seit 2018 in Rothenburgsort
„Der niederländische Zigarren-Agent Simon Benninga und seine Frau Johanna, geb. Weinberg, geboren am 6. Mai 1870 in Rabber, ließen sich 1897 in Hamburg nieder. Sie traten vermutlich gleich der jüdischen Gemeinde bei, denn als 1913 die neue Steuerkartei angelegt wurde, gehörte das Ehepaar Benninga dazu. Johanna Benninga erwarb durch ihre Heirat die niederländische Staatsangehörigkeit. An ihrem langjährigen Wohnsitz in der Rappstraße 22 kam am 8. Juli 1898 ihre einzige Tochter, Kaatje, zur Welt. Über ihre Kindheit, Jugend, Ausbildung und Kontakte zu den Verwandten ist nichts Konkretes bekannt. Sie erwarb Kenntnisse in Krankenpflege während eines Aufenthalts in Paris, absolvierte aber ihr Medizinstudium in Deutschland, wo sie ihre medizinische Ausbildung am 28. Mai 1923 mit der ärztlichen Prüfung in Hamburg beendete. Am 11. Juli 1924 erhielt sie ihre Approbationsurkunde. Am 7. August 1924 wurde sie unter der Nummer 286 in die Matrikel, das Register der Hamburger Ärzte, aufgenommen.
Kaatje Benninga war Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde und schloss sich dem orthodoxen Synagogen-Verband an. Sie wohnte und praktizierte in Rothenburgsort, Billhorner Röhrendamm 117, als Allgemeinärztin mit Kassenzulassung und als Vertragsärztin der Wohlfahrtspflege. Ihr Vermieter war die Rudolph-Karstadt-AG, die im Erdgeschoss eine Epa-Filiale betrieb. Die Epa, das Einheitspreisgeschäft, passte sich mit ihren Niedrigpreisen der Armut der Bevölkerung an. Kaatje Benningas Praxis- und Wohnräume lagen im Hochparterre neben denen des Nervenarztes Matzdorff. Man darf annehmen, dass sie sich bewusst in dem Arbeiterviertel mit seiner hohen Mütter- und Kindersterblichkeit niedergelassen hat. In den Anfangsjahren ihrer Tätigkeit blieb ihr steuerpflichtiges Einkommen sehr gering, steigerte sich aber in den Jahren bis 1935, obwohl sie bereits 1933 ihre Kassenzulassung verlor. Zugleich wurde sie ‚aus der Wohlfahrtspraxis ausgeschieden‘, was für ihre bedürftigen Patienten und Patientinnen sehr schmerzlich war. Gründe für den finanziellen Einbruch 1935/36 lassen sich nur mutmaßen, ebenso wie für die wirtschaftliche Erholung nach ihrem Umzug zum Grindelberg 7.
Ihr Vater Simon Benninga starb 1926 ins Amsterdam. Die Mutter Johanna gab im Juni 1926 ihre Wohnung auf, lebte möbliert in der Banksstraße in Hammerbrook, unweit ihrer Tochter, und von 1935 bis zu ihrer Auswanderung in die Niederlande am 12. August 1938 am Grindel.
Johanna Benninga zog zu Verwandten nach Amsterdam. Kaatje veranlasste die Nachsendung des Umzugsguts, das lediglich aus wenigen gebrauchten Kleidungsstücken und Haushaltsgegenständen bestand.
Am 1. Oktober 1938 beendete Kaatje Benninga zwangsweise ihre Tätigkeit als Ärztin. Offenbar führte sie an ihrer neuen Adresse Grindelberg 7 eine Privatpraxis für jüdische Patienten, die ihr wieder ihr Auskommen sicherte. Noch vor Jahresende 1938 leitete sie ihre eigene Auswanderung nach Holland ein und plante, ihre Praxiseinrichtung mitzunehmen. Ihre Ersparnisse, die sie dem Oberfinanzpräsidenten darlegen musste, waren gering, der Wert ihres Haushalts und des Schmucks, den sie beflissen im Stahlfach ihrer Bank hinterlegt hatte, ebenfalls. Sie hoffte, in den Niederlanden zunächst als Pflegerin arbeiten zu können, wozu sie die nötigen Kenntnisse in Paris erworben hatte.
Am 21. Januar 1939 folgte Kaatje Benninga ihrer Mutter nach Amsterdam. Für ihren Umzug beauftragte sie aus alter Verbundenheit mit Rothenburgsort die gleiche Firma wie für das Umzugsgut ihrer Mutter, Julius Schumacher aus der Billstraße.
Johanna Benninga-Weinberg starb am 23. Juli 1941 in Apeldoorn. Ihre Tochter Kaatje setzte eine Todesanzeige in die Jüdische Wochenzeitung (Het Joodsche Weekblad), aus der hervorgeht, dass sie im jüdischen Mädchenwaisenhaus tätig war. Der Jüdische Gemeinderat hatte sie dort angestellt.
Sie wurde im Durchgangslager Westerbork inhaftiert, von dort am 2. März 1943 nach Sobibor deportiert und gilt als aam 5. März 1943 ermordet.“
Text: Hildegard Thevs aus: www.stolpersteine-hamburg.de