Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Barbara Ossenkopp (genannt: „Chinesen Babs“)

(1943 Lüneburg – 28.5.2021 Jakarta/Indonesien)
Striptease-Tänzerin auf St. Pauli, Feministin, Schauspielerin, Tierschützerin
Annenstraße 37 (Wohnadresse in einer dortigen Kommune z.B. auch mit dem Fotographen Günter Zint)


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Barabra Ossenkopp, auch Chinesen Babs genannt., Quelle: Günter Zint

"Ein Teufel fiel durch die Zweige der Nacht
in das Silberspiel einer Welle,
die das Meer achtlos ans Ufer warf.
Leise und lächelnd haben Spiel und Nacht
die sich bewegende Schönheit/
vor Erreichen des Ufers – umgebracht.“
Zu diesem Poem von Anne Serocka sagte Barbara Ossenkopp einmal: "Das bin doch ich - genauso empfinde ich mein Leben." (Poem gewidmet von Anne Serocka - in Erinnerung an meine wunderbare Freundin und Ausnahmekünstlerin Babs Ossenkopp.)
Barbara Ossenkopp wuchs in Lüneburg auf und kam 1961 nach Hamburg, wo sie Dekorateurin werden wollte. „Durch die Mitbewohnerin ihrer Wohngemeinschaft lernte Ossenkopp in den frühen 1960er-Jahren die Kneipen- und Clubszene St. Paulis kennen. Nachdem sie eine kurze Zeit als Bardame gearbeitet hatte, wurde sie Striptease-Tänzerin in René Durands Nachtclub Salambo an der Großen Freiheit“, so der Wikipedia-Eintrag zu ihr.[1]
Der Fotograph Günter Zint erinnert sich:
In den sechziger und siebziger Jahren war Chinesen Babs eine Legende auf St.Pauli. Sie hat an einigen Filmen mitgewirkt und arbeitete als Striptease Tänzerin im SALAMBO. Auf St.Pauli wurde der Film „Dorotheas Rache“ gedreht. Das Produktionsbüro war in der APOPRESS-Kommune bei Panfoto in der Annenstrasse. Babs und Anna Henkel (später Anna Grönemeyer) spielten die Hauptrollen. Es ging um ein Mädchen aus einem Millionärshaushalt aus Blankenese das die Liebe suchte. Da sie in den Medien immer das Wort Liebe mit St.Pauli verbunden fand, ging sie nach St.Pauli um die Liebe zu finden. Doch sie fand nur Zuhälter, Ganoven und Prostituierte. Völlig enttäuscht suchte sie Freunde mit denen sie eine Landkommune bei Stade gründete. Der komplette Film wurde mit Laiendarstellern, die ich mit Peter Fleischmann gemeinsam gefunden habe, gedreht. Ich habe die Aufnahmeleitung, das Casting, die Drehortsuche und teilweise auch die Regieassistenz übernommen. Der Dreh 1973 hat großen Spaß gemacht. 2020 ist der Film von Peter Fleischmann als Direktors-Cut neu bearbeitet und digitalisiert worden. Sobald es geht werde ich den Film im Metropolis Kino zusammen mit Peter Fleischmann neu zeigen. Damit verbunden möchte ich eine Gedenkfeier für Barbara Ossenkopp machen.
In den siebziger Jahren hat Babs dann als Striptease Tänzerin im SALAMBO gearbeitet. Anita Berber, die in den 20er Jahren als Feministin große Skandale durch Nackttänze verursachte, war ihr Vorbild. Wenn sie durch das Publikum tanzte und Jemand sie anfasste, bekam derjenige von ihr eine Ohrfeige. Nicht mit der Hand, aber mit einem Busenschwenker. Das Publikum grölte jedes Mal vor Vergnügen. Auf den großen Betriebsfesten meiner St.Pauli Nachrichten im Haus der Großen Freiheit 36 und im Zigeunerkeller an der Reeperbahn, sorgte Babs stets für witzige Tanzeinlagen und brachte sogar den sonst sehr ernsten Stefan Aust zum Lachen.

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Barabra Ossenkopp, Quelle: Günter Zint

In den achtziger Jahren lebte Babs in Österreich mit dem Filmregisseur Heinz Hajek zusammen und machte einige Filme mit ihm. Ende der achtziger Jahre wanderte Babs nach Indonesien aus und arbeitet seitdem in einer Auffangstation für kranke Affen und Orang Utans die von einer Deutschen Adelsdame „Ulla“ [Ulrike Freifrau von Mengden] finanziert wurde. Nebenbei machte Babs Kinderbücher. Ulla starb kurz vor ihrem 100. Geburtstag in den Armen von Babs. Leider wurde Babs 2021 selbst sehr krank und der Arzt Jörg Sasse von der Deutsche Botschaft in Jakarta kümmerte sich glücklicherweise um Babs. Mit einem Spendenaufruf im März 2021 konnte ich in wenigen Tagen über 8.000,00 € für die Behandlung in einer guten Klinik in Jakarta sammeln. Es waren über hundert Einzelspenden. Udo Lindenberg, mit dem Babs in den Siebzigern bei der Revue "Andrea Doria" auf der Bühne gestanden hat, hat 5000,00€ gespendet. Nun ist Babs am 28.Mai 2021 an Corona gestorben. Da im Moment die Coronatoten in Jakarta in Massengräbern beerdigt werden, werde ich ein Buch über Babs machen. Das ist wichtiger und nachhaltiger als ein Grabstein. Die über 100 Einzelspenden haben bewiesen, dass Babs langhaltige Spuren in Hamburg hinterlassen hat.
R.I.P. liebe Babs - wir sind sehr traurig und werden Dich vermissen.
P.S: Den Namen Chinesen Babs bekam sie, weil sie Schlitzaugen und hohe Wangenknochen hatte, was sie mit Eyeliner noch unterstrich.
Text: Günter Zint, Ende Mai 2021