Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Zwangsarbeiterinnen

Firmenlager der Fischräucherei Eduard Ehlers & Sohn, Fischhandel Arminiusstraße 2–4

Weitere Lager der Firma:
Elbstraße (heute Neanderstraße)
Firmenlager Alte Landstraße mit 30 Zwangsarbeiter*innen
Gemeinschaftslager Kieler Straße/Försterweg, Lager mit 116 sowjetischen Zwangsarbeiterinnen


Firmenlager der Fischräucherei Eduard Ehlers & Sohn, Fischhandel Arminiusstraße 2–4
Frauenlager auf dem Werksgelände mit durchschnittlich 60 Arbeiterinnen. Ein Wohnhaus und je eine Stein- und Holzbaracke. 37 sowjetische Zwangsarbeiterinnen nachgewiesen. (Bestand 11/1944)
Nach Angaben der Firma im Februar 1948: ca. 20 Franzosen und 40 Ukrainerinnen, sie trugen Zivil und Arbeitskleidung, keine Bewachung, Fabrikeinfriedung und Pförtnerkontrolle, Betriebs-Arbeitsausweise.

Weitere Lager der Firma:
Elbstraße (heute Neanderstraße)
Firmenlager Alte Landstraße mit 30 Zwangsarbeiter*innen
Gemeinschaftslager Kieler Straße/Försterweg, Lager mit 116 sowjetischen Zwangsarbeiterinnen

Profitierender Betrieb
Fischräucherei Eduard Ehlers & Sohn, Fischhandel, Arminiusstraße 2–4
Inhaber: August Ehlers
August Ehlers, geb. 1876, Lohkampstraße 16, Eidelstedt, führte seit 1927 einen selbstständigen Fischhandel. Er gehörte der NSDAP nicht an, seit 1925 war er Mitglied im NS-Reichskriegerbund, seit 1942 im Reichsluftschutzbund. Die Entnazifizierungskommission kategorisierte ihn im Juli 1948 nicht, er konnte seinen Betrieb weiterführen. (Quelle: Staatsarchiv Hamburg, 221-11 Entnazifizierung, C 20769 August Ehlers)

Wladek Bomba kam am 19. April 1945 in Hamburg zur Welt.
Seine Mutter Marja Bomba, geb. am 1.1.1926 in Lodz, war ledig und von Beruf Schneiderin. Im Juni 1942 hatte sie in ihrem Heimatort in einem Gummiwerk gearbeitet. Beim Überfall der deutschen Wehrmacht wurde sie als 16-jährige gewaltsam von dort in ein Lager transportiert und etwa zwei Monate später nach Deutschland verschleppt. Zunächst sollte sie nach Bremen verbracht werden, kam dann aber wegen der dortigen Bombenangriffe nach Hamburg-Langenfelde und musste als Fabrikarbeiterin bei der Fischräucherei Eduard Ehlers & Sohn, Arminiusstraße 2, Zwangsarbeit leisten. Sie war im Lager Elbstraße 25/26 (heute Neanderstraße) in der Hamburger Neustadt untergebracht.
Acht Tage nach der Ausbombung des Lagers wurde sie am 30. Juli 1943 zusammen mit Anna Jozefowicz, die ebenfalls seit dem 11. Juli 1942 als Zwangsarbeiterin in der Fischräucherei Ehlers gearbeitet hatte und wie sie aus Lodz stammte, von der Polizei Hamburg-Stellingen, Revierwache 90, „wegen Plünderns” „der Gestapo zugeführt” (Berichts-Buch 187/43).
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sagte sie aus, dass sie bei ihrer Verhaftung damals von Gestapoleuten mit der Pistole bedroht, ins Gesicht geschlagen worden und deshalb in Ohnmacht gefallen sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe sie „zwischen Abfall und Eimern“ gelegen. Ohne Angabe von Gründen sei sie in das Gefängnis nach Fuhlsbüttel abgeführt worden und habe dort bis zum 16. August 1943 einsitzen müssen. Am 19. August 1943 erfolgte ihre Verlegung in das Untersuchungsgefängnis, vermutlich Holstenglacis, nach ihrer Erinnerung „zur Gestapo in das Untersuchungsgefängnis, Dammtorstraße“.
Zwei Monate später wurde sie am 21. Oktober 1943 in die Rothenbaumchaussee überführt, vermutlich Nr. 41, in das Lager der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Welche Strafe Marja Bomba erhielt, ist nicht überliefert.
Marja Bomba wurde zurück zur Zwangsarbeit für die Fischfabrik Ehlers entlassen. Im folgenden Jahr wurde sie schwanger und trug ihr Kind im Lager Arminiusstraße aus.
Kurz vor Kriegsende kam Marja Bomba einen Tag vor der Geburt ihres Kindes in die Universitätsklinik Eppendorf und brachte dort ihren Sohn Wladek am 19. April 1945 um 2:30 Uhr zur Welt. Er lebte nur wenige Stunden und verstarb dort am selben Tag um 11:30 Uhr. In der Todesanzeige der Universitätsklinik ist als Todesursache „lebensunfähige Frühgeburt“, „Asphyxie” (Zustand von Sauerstoffmangel im Herz-Kreislauf-System) und als unterzeichnender Arzt Tölle angegeben.
Wladek wurde 9 Stunden alt.
Der Ort seiner Beisetzung ist nicht bekannt.
Fünf Tage nach der Entbindung kehrte Marja Bomba am 24. April 1945 zurück zur Zwangsarbeit in die Arminiusstraße. Sie blieb nach Kriegsende in Hamburg und heiratete am 12. Juni 1948 in Hamburg-St. Pauli den ebenfalls aus Polen stammenden ehemaligen Zwangsarbeiter Miezyslaw Rak, geb. 20.6.1921 Seurska/Krs. Kadomsko. Ihr Wiedergutmachungsantrag für die zu Unrecht erlittene Haftzeit wurde trotz ihrer Beweise abgewiesen.
Text: Margot Löhr