Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Edith Schmidt Edith Schmidt, geb. Zelinková, geschiedene Soukalová

(1.8.1921 Tönning – 21.4.2022 Hamburg)
Golferin, eine Golflegende in Karlsbad und Hamburg
Thusneldastraße (Wohnadresse)
Bestattet auf dem Niendorfer Friedhof - anonym


4845 Edith Schmidt
Edith Schmidt beim Löwen-Turnier am 1.8.2001; Foto: Irene Hoffmann

Eine Golflegende in Karlsbad und Hamburg
Edith Schmidt war Amateur-Golferin, hauptberuflich mehr als 40 Jahre als Lohn- und Buchhalterin tätig, in Hamburg viele Jahre bei Rotring.
Edith wurde 1921 in Tönning geboren und wuchs ab ihrem 3. Lebensjahr in Hamburg auf. Ihre Mutter stammte aus Tönning, ihr Vater war ein Tschechischer Herren-Schneidermeister. Auf der Suche nach einer beruflichen Herausforderung kam die Familie 1924 nach Hamburg, wo der Vater erfolgreich eine Schneiderwerkstatt in der Eichenstraße übernehmen konnte. 1926 wurde Bruder Egon dort geboren.
Während der Wirtschaftskrise, und anschließend während der Nazizeit begannen für die Familie schwierige Zeiten, denn Vater und Kinder hatten die Tschechische Staatsbürgerschaft. Das bedeutete, dass der Vater seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte.
1938 folgte der frühe Tod der Mutter, 1940 starb auch der Vater. Bruder Egon, damals 14 Jahre, kam ins Waisenhaus und Edith benötigte einen Vormund, weil sie noch nicht volljährig war.
Edith hatte nach der Mittleren Reife Stenographie und Schreibmaschine erlernen dürfen und begann eine Anstellung in der Buchhaltung. Dort denunzierte sie eine Kollegin, weil Edith die Ansicht eines Brieffreundes im Büro erzählte, dass die Deutschen den Krieg verlieren würden, woraufhin sie abgeholt und im Stadthaus vernommen wurde. Anschließend wurde sie für etwa einen Monat in Fuhlsbüttel inhaftiert. Wieder auf freiem Fuß fasste sie den Entschluss, die tschechischen Verwandten um Hilfe zu bitten, denn in Hamburg gab es keine vertrauensvollen Verwandten, die ihr und ihrem Bruder Obdach gewähren konnten. Egon konnte aus dem Waisenhaus befreit werden und auch Edith konnte den Hamburger Nationalsozialisten nach Prag zu einem befreundeten Ehepaar entkommen, wo aber bereits die Nationalsozialisten herrschten. Sie verließ 19jährig ihre Heimat mit zwei Koffern. Die Geschwister überlebten den Krieg. Edith konnte nach 1945 in Karlsbad neu beginnen, erhielt eine gute Anstellung bei Becherovka, heiratete dort, bekam zwei Töchter und kam durch Zufall zum Golfspielen. Sie erlernte das Golfen autodidaktisch und zwar so gut, dass sie 1956 Tschechische Meisterin wurde.
Nach den Nationalsozialisten regierten in Tschechien die Kommunisten und denen war die Frau mit deutschen Wurzeln und Verbindungen zu Golfern im kapitalistischen Ausland aufgefallen – sie sollte als Spitzel fungieren. Da auch die Ehe brüchig geworden war, flüchtete Edith 1969 mit der jüngeren Tochter und kam über Frankfurt nach Hamburg zurück, wo sie ein neues Zuhause, wiederum in der Eichenstraße, fand. Von ihrem tschechischen Mann wurde sie in Hamburg geschieden. 1972 ging sie eine zweite Ehe mit Helmut Schmidt, einem Polizeibeamten i.R. ein, in der sie sehr glücklich war. Im Jahr 1981, in dem sie sportlich besonders erfolgreich war, starb ihr geliebter Mann.
Bei auswärtigen Golfturnieren, u.a. in Kitzbühel traf sie während der Karlsbader Zeit Golfer aus Frankfurt und Hamburg. Einer der Hamburger lud die Gruppe der tschechischen GolferInnen nach Hamburg ein und arrangierte viele Freundschaftsturniere in allen bestehenden Hamburger Clubs. Als im neu gegründeten Golfclub auf der Wendlohe eine Sekretärin gesucht wurde, vermittelte er den Kontakt zu der erst kürzlich nach Deutschland zurückkehrten Edith. So kam Edith nach Hamburg zurück und wurde zunächst im Golfclub auf der Wendlohe als teilzeitbeschäftigte Sekretärin beschäftigt. Später wurde sie dort Mitglied und ihr gelangen wiederum viele sportliche Erfolge.
1971 - Clubmeisterin
1973 - Siegerin und Platzrekord beim Golfclub Bad Mergentheim
1974 - Hamburger Meisterin der Seniorinnen in St. Dionys
1981 - ein Hattrick: Deutsche Meisterin
Hamburger Meisterin
Club Meisterin Wendlohe
1985 - Hamburger Meisterin der Seniorinnen
1987 - Deutsche Senioren Mannschafts-Meisterschaft
1989 - 2. Platz bei der europäischen Seniorinnen Mannschafts-Meisterschaft in Montreux
7 x war sie Club Meisterin/Seniorinnen auf der Wendlohe: 1974, 1975, 1976, 1981, 1984, 1987, 1992
2009 Letzte Golfrunde im Wettspiel der Wendloher Damen im Alter von 88 Jahren. Ergebnis: 37 Punkte
2016 Ehrenmitgliedschaft für sportliche Verdienste im Golf-Club Wendlohe – als erste und bisher einzige Frau!
Ihre letzten Jahre hat sie im Elim-Seniorenheim in der Frickestraße in Eppendorf erlebt.
Zu ihrem 99. Geburtstag wurde ihre Geschichte in ihrem Golfclub auf der Wendlohe vorgestellt. Es war ihr größter Wunsch, ihre Geschichte festzuschreiben, damit sie nicht verloren geht.
Ihren 100. Geburtstag hat sie ebenfalls auf der Wendlohe feiern dürfen. Ihre Wegbegleiter/Innen und der Club haben es ihr ermöglicht.
Gestorben ist sie am 21. April 2022.
Text: Gudrun Jungblut MA