Christel Klein Christel Erika Klein, geb. Pazdera
(27.11.1938 Gelsenkirchen - ermordet am 06.05.1981 Hamburg)
Opfer häuslicher Gewalt
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Erinnerungsstein)
Weltweit und somit auch in Deutschland ist häusliche patriarchale Gewalt die häufigste Ursache für körperliche Verletzungen bei Frauen, häufiger als Verkehrsunfälle und Krebs zusammen. Für Frauen ist das Risiko, durch einen Intimpartner Gewalt zu erfahren, weitaus höher als das, von einem Fremden tätlich angegriffen zu werden. In Deutschland ist jede vierte Frau betroffen. Dabei spielen Bildung, Einkommen, Alter, soziale Schicht, kultureller oder religiöser Hintergrund kaum eine Rolle. Sie sind keine entscheidenden Ursachen für häusliche Gewalt. Häusliche patriarchale Gewalt gegen Frauen findet in allen Gesellschaftsschichten und Ländern statt und ist unabhängig davon, ob die weiblichen Opfer einen Migrationshintergrund haben oder nicht. Das gewalttätige Verhalten von Männern wird, bewusst oder unbewusst, als Mittel zur Ausübung von Macht und Kontrolle in einer patriarchal geprägten Gesellschaft eingesetzt.
Jährlich fliehen in Deutschland rund 40.000 Frauen mit ihren Kindern in Frauenhäuser. Die Folgekosten für die Solidargemeinschaft, die Kosten für Justiz, Polizei, ärztliche Behandlung und Erwerbsarbeitsausfälle gehen in die Milliarden Euro.
Für viel zu viele Frauen endet jedoch die Flucht vor ihren gewalttätigen Ehemännern, Lebensgefährten, aber auch Vätern, Brüdern und anderen männlichen Verwandten, tödlich. Wir können davon ausgehen, dass auch auf dem Friedhof Ohlsdorf Frauen, die Opfer häuslicher patriarchaler Gewalt geworden sind – sei es, dass sie getötet wurden, an den Folgen der Verletzungen starben, sich selbst in Folge der ihnen zugefügten Gewalt das Leben nahmen, an Krankheiten starben, deren Ursache in der erfahrenen Gewalt zu suchen ist -, ihre letzte Ruhe gefunden haben. Ihnen allen ist der Erinnerungsstein, der für Christel Klein gesetzt wurde, gewidmet. Christel Klein steht symbolisch für diese Frauen.
Eingeweiht wurde der Erinnerungsstein am 25. 11. 2010. Dieser Tag ist der von den Vereinten Nationen deklarierte Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Er wird seit 1981 weltweit durch Aktionen und Veranstaltungen von Frauenprojekten und Initiativen, aber auch von staatlicher Seite zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Kinder begangen. Hintergrund für die Entstehung dieses Aktionstages war die Verschleppung, Vergewaltigung und Ermordung von drei Frauen im Jahre 1960 in der Dominikanischen Republik durch Soldaten des damaligen Diktators Trujillo.
Acht Monate Flucht vor ihrem gewalttätigen, alkoholabhängigen Ehemann endeten für Christel Klein aus Herten am 6.5.1981 tödlich. Bereits ein Jahr zuvor hatte sie ihn mit ihren drei Töchtern verlassen; nun wollte sie sich scheiden lassen. Nachdem sie in Hamburg zuerst in einem Frauenhaus untergekommen war, startete sie ein neues Leben in einer kleinen Wohnung in Hamburg-Jenfeld.
Obwohl es eine Auskunftssperre gab, spürte ihr Mann sie auf. Da sie nicht weiterhin vor ihm flüchten, sondern ein normales, menschenwürdiges Leben führen wollte, ging sie mit ihren Töchtern nach einem erneuten, kurzen Aufenthalt im Frauenhaus zurück in ihre Wohnung. Eines Nachts drang ihr Ehemann durch ein Fenster in die Wohnung ein und erschoss Christel Klein in ihrem Bett aus nächster Nähe mit drei Schüssen aus einem Kleinkaliberrevolver. Jeder Schuss war tödlich. Die Anwesenheit ihres neuen Lebensgefährten und die der drei Töchter, die im Nebenzimmer schliefen, hinderten ihn nicht an seiner Tat.
Der Täter wurde am nächsten Morgen gefasst und kurz vor Weihnachten 1981 zu acht Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung zu 15 Jahren Haft wegen Mordes gefordert.
Fünf Jahre später, im September 1986, wurde der Täter wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft entlassen. Er zog nach Gelsenkirchen, lernte dort eine Frau kennen, die sich nach wiederholtem Streit von ihm trennte. Daraufhin lauerte er ihr auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle auf. Als sie vor ihm flüchtete, schoss er von hinten mehrmals auf sie und gab dann aus unmittelbarer Nähe einen gezielten tödlichen Schuss auf den Kopf der am Boden liegenden Frau ab. Anschließend erschoss er sich auf einem nahe gelegenen Spielplatz.
Text: Dr. Verena Lappe