Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Sophie Kloerß Sophie Kloerß, geb. Kessler, Pseudonym Wilh. von der Mühle

(5.1.1866 Wandsbek - 31.1.1927 Hamburg)
Wandsbeker Schriftstellerin
Namensgeberin für: Sophie-Kloers-Weg in Hamburg Jenfeld seit 1938


Zum Lebenslauf von Sophie Kloerß schreibt ihre Tochter: Sie war die Tochter des „Großkaufmanns Heinrich Wilhelm Kessler, Mitinhaber der Hamburger Importfirma ‚Zipperling, Kessler & Co.‘ (geb. 17. Juli 1819, gest. 24. April 1871) und von Sophie Elisabeth Johanna Kessler, geborene Dittmer (Tochter des Pastors in Rahlstedt, geb. am 28.02.1827, gest. am 1. Juli 1872). Meine Mutter war mit 6 Jahren Vollweise, ebenso wie ihre fünf Geschwister, Ludwig, Agnes, Auguste, Ernst und Hans.“ (…) Vormund wurde der Vater des Universitätsprofessors Nonne in Hamburg. (…) Der Vormund bestimmte als Familienvorstand die Großmutter Dittmer, für die in Wandsbek ein Haus gebaut wurde, da sie nicht in einer Mietwohnung wohnen wollte.(…) Als meine Mutter heranwuchs, hatte sie den lebhaften Wunsch Schauspielerin zu werden. Das entsetzte nicht nur die Familie, sondern auch die ganze weitere Verwandtschaft und führte anscheinend zu vielen lebhaften Auseinandersetzungen. Schließlich setzte meine Mutter durch, dass sie wenigstens schreiben durfte, was ihr in den Sinn kam.“[1]
Als junge Frau ging Sophie Kloerß für einige Zeit nach Berlin.
Über die Einstellung ihrer Mutter zur Heirat schreibt Sophie Kloerß Tochter: „Während die beiden älteren Schwestern meiner Mutter sehr jung heirateten, schob meine Mutter das Heiraten immer vor sich her. Auf alle Fragen antwortete sie immer: ‚Wenn ich eine alte Jungfer werde, heirate ich, dann bin ich wieder eine junge Frau. Wenn ich dann mein erstes Kind bekomme, werde ich eine junge Mutter. . .‘"[1]
1887, im Alter von 21 Jahren, veröffentlichte sie ihr erstes Buch, das für die nächsten zwanzig Jahre auch ihr einziges bleiben sollte, denn, nachdem sie 1895 nach langem Brautstand den Altphilologen und Lehrer Heinrich Kloerß geheiratet hatte, musste sie sich um den Haushalt und die gemeinsamen sechs Kinder kümmern – Zeit zum Schreiben fand sie dabei kaum. Das Paar lebte mit seinen Kindern von 1898 bis 1903 in Rostock, später in Schwerin.
Wie Sophie Kloerß wieder zum Schreiben kam, dazu schreibt ihre Tochter: „Wie meine Mutter dann allmählich wieder ihre schriftstellerische Tätigkeit aufnahm und in nie erlahmender Arbeit neben all ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter, ihre Bücher schrieb, kann ich nur heute noch bewundern.“[1]
Sophie Kloerß schrieb u. a. Bücher für heranwachsende Knaben, was damals für eine Frau nicht selbstverständlich war. Deshalb erschien ihr 1923 in der Kamerad-Bibliothek veröffentlichtes Buch „Hein Hannemann. Eine Geschichte von der Waterkant“ unter Sophie Kloerß’ männlichem Pseudonym Wilhelm von der Mühle.
Dieses Buch erfuhr gut 80 Jahre später eine Renaissance; es wurde 2006 neu aufgelegt und ist seitdem u. a. Grundlage für szenisch-musikalische Lesungen in Rostock und Umgebung. Der Protagonist des Buches, Hein Hannemann, wurde zu einem Sympathieträger für Rostock und zu einem Tom Sawyer der Ostsee. So heißt es in der Ankündigung einer Lesung in der Kleinen Komödie Warnemünde für Januar 2015: „1923 veröffentlichte Sophie Kloerß unter dem Pseudonym Wilhelm von der Mühle den Roman HEIN HANNEMANN, in dem sie die Geschichte des jüngsten Sohns eines Rostocker Kaufmannes erzählt. Hein ist ein lebenslustiger, frecher, durchaus mutiger Bursche. Aus der Warnow rettet er kühn einen jungen Hund – Rüpel wird ihm von da an ein treuer Gefährte auf seinen zahlreichen Abenteuern sein. Mit ihm und gleichaltrigen Freunden durchstreift Hein die Stadt – vom Elternhaus in der Schnickmannstraße mit den Speichern voller Rosinensäcke und Buttertonnen, den großen Lagern von Äpfeln und getrockneten Pflaumen, Mehlsäcken und Kisten voll Reis und Berge von Seife, wo die Jungen heimlich Burgen aus Heringsfässern und Pfeffersäcken bauen, um sie im heldenhaften Kampf zu verteidigen, bis nach Warnemünde. In diesem Paradies, wo sein Großvater Lotsenkommandant ist, träumt er davon, zur See zu fahren. Hier erlebt er die große Sturmflut von 1871. In Rostock und seiner Umgebung, in der Heide, in Rövershagen und Doberan erkundet er auf zahllosen Abenteuern seine kleine Welt. Und am Ende geht es für Hein doch hinaus auf die weite See, in das große und neue Leben des echten Rostocker Sympathieträgers.“
Einige Werke von Sophie Kloerß: Hamburger Blut (Erzählung, 1909), Lieder und Balladen (1909), Vaterland und Vaterhaus (1915), Jungmädelgeschichten (1918), Jan Feuerkopf (1920), Der neue Geist (Roman, 1922), Hille Hadersen (Roman, 1925), Sturm in Schmalebek (Roman, 1926), Die verhexten Sparten, Geschichten von kleinen Leuten (1928), Die silberne Orgel, Geschichten von der Insel Sylt (1931).
Text: Rita Bake