Hamburger Frauenring Hamburger Frauenring (Deutscher Frauenring e.V., LV Hamburger Frauenring e.V.)
Wegenkamp 3 (Sitz des Albrecht Thaer Gymnasiums, hier: Gründungsversammlung des Hamburger Frauenrings im Jahre 1946));
Hartje-Rüter-Weg 56 (heute)
Siehe Auch. Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen (ahf)
[Bild:3578_dt-frauenring|left]Neben den antifaschistischen Frauenausschüssen:4454}} hatten sich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus auch die Frauen der alten bürgerlichen Frauenbewegung vor 1933 wieder zusammengefunden. Bereits im Juni 1945 trafen sich fünf Frauen, darunter Emmy Beckmann (1880-1967), Olga Essig (1884-1965), Alice Ree und Louise Vidal (Letztere war in den 1920er-Jahren Erste Vorsitzende der 1902 gegründeten Ortsgruppe Hamburg des {{Bio: „Deutschen Bundes abstinenter Frauen“ gewesen), im Bieberhaus, um über die Lage der Frauen in Hamburg zu diskutieren und sich beim Wiederaufbau aktiv zu beteiligen.
Die Altliberale und erste Oberschulrätin Hamburgs Emmy Beckmann unterbreitete den Plan zu einer überparteilichen Frauenorganisation. Frauen mit unterschiedlichen politischen Ambitionen schlossen sich an wie z. B. Margareta Gröwel (CDU) (1899-1979), die später neben Irma Keilhack (SPD) (1908-2001) als erste Hamburgerin Abgeordnete des Deutschen Bundestages wurde, und Paula Karpinski, 1946 Hamburgs erste Senatorin (SPD).
Die Frauen verfassten den Aufruf „Frauen rufen Frauen“ sowie eine vorläufige Satzung und formulierten für ihr Arbeitsprogramm sieben Punkte: „Im stetem Kampf gegen den Nationalsozialismus geht es uns darum:
1) Einen Friedenswillen voller und vorbehaltloser Ehrlichkeit zu wecken,
2) gegen den gefährlichen Aberglauben aufzustehen, daß Kriege unvermeidlich seien,
3) für die Erziehung der Jugend im Geiste der Völkerversöhnung einzustehen,
4) an der ehrlichen Überwindung der sozialen und politischen Gegensätze in einem demokratisch gestalteten Volksleben unablässig zu arbeiten,
5) die Wiedereinschaltung der Frauen und ihres Einflusses in das politische, berufliche und kulturelle Volksleben durchzusetzen,
6) den Müttern die ihnen gebührende Stellung in der Familie und im Volksleben zu sichern,
7) mit allen Kräften unmittelbar wie über die angeschlossenen Verbände an der Überwindung der materiellen und seelischen Nöte dieser Zeit mitzuwirken.
Mit diesen Unterlagen erbaten wir von der Militärregierung die Arbeitsgenehmigung für unseren Frauenring, die wir erhielten.“ (aus: Protokoll der Mitgliederversammlung des Hamburger Frauenrings vom 26.11.1946)
Mit der Parole “Die Welt ist uns noch verschlossen. Aber Deutschland braucht uns und wartet auf uns. Laßt uns in Hamburg anfangen!” luden am 30. April 1946 die Initiatorinnen einer überparteilichen Frauenorganisation zur Gründungsversammlung des „Hamburger Frauenrings“ in die Albrecht Thaer-Oberschule vor dem Holstentor statt, Und ca. 600 Zuhörerinnen kamen.
Die Eröffnung des „Hamburger Frauenrings“ am 28. Juni 1946 wurde angesichts der im Sommer 1946 begonnenen Vorbereitungen zur Wahl der Hamburgischen Bürgerschaft als dem ersten gewählten Landesparlament in der britischen Besatzungszone zu einer Wahlveranstaltung besonderer Art. In Anbetracht des Frauenüberschusses wurden Wählerinnen gezielt von den Parteien umworben. Bürgermeister Rudolf Petersen (1878-1962) und Bausenator Dr. jur. Gerd Bucerius (1906-1995) waren zu „Gesprächen über den Wiederaufbau Hamburgs und die Frauen“, die am 18. Juni 1946 begannen, eingeladen. Einleitend formulierte Dr. Olga Essig das Ziel des „Frauenrings“ als Schule für das öffentliche Leben, für Kritikfähigkeit und verantwortliche Lebensführung. Bürgermeister Petersen bekannte seine Unsicherheit in der Einschätzung von Frauenpolitik, von der er bisher nichts gehalten habe. Die „gut gemeinten“ Argumente, die er zugunsten einer politischen Tätigkeit von Frauen anführte, klingen im Nachhinein eher zynisch: Schlechter als Männer in jüngster Vergangenheit könnten Frauen „mit dem besten Willen“ das politische Geschäft auch nicht betreiben! War ihm wirklich nicht bewusst, was er da vor Frauen sagte, von denen einige im KZ gesessen hatten? Ihr macht auch keine schlechtere Politik als eure potentiellen Mörder … Es wirft jedoch auch ein Licht auf die Zuhörerinnen des „Hamburger Frauenrings“, die eine solche Äußerung ihres Bürgermeisters unwidersprochen ließen.
Dem Frauenbild der Mehrheit der im „Frauenring“ organisierten Frauen entsprach es, dass Petersen sich in seinen weiteren Ausführungen auf die „natürlichen Seelenkräfte“ der Frauen berief, die sie zur Versöhnung von weltanschaulichen Gegensätzen, zur Wiedergewinnung der Moral und zur Erhaltung der christlichen Kultur befähigten.
Weniger pathetisch, aber doch genauso dem traditionellen Bild von Weiblichkeit folgend, stellte Bausenator Bucerius konkrete Forderungen auf. Er verlangte die Zulassung von Frauen zum Architekturstudium, weil er bei Frauen eine spezifische Begabung für den Wohnungsbau vermutete, ästhetischen Sinn bei der Fassadengestaltung, Erfahrungswerte bei der praxisbezogenen Aufteilung von Wohnräumen.
Im „Hamburger Frauenring“ organisierten sich Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung, die an ihre Erfahrungen aus der Zeit der Weimarer Republik anknüpften und vor allem im sozial- und bildungspolitischen Bereich im Sinne einer „organisierten Mütterlichkeit“ wirkten. Darunter war zu verstehen: Frauen und Männer galten zwar als gleichwertig, wegen der in den Augen der bürgerlichen Frauenbewegung vorhandenen naturbedingten Verschiedenheit aber nicht als gleichartig.
In diesem Sinne interpretierten sie auch die Frage nach den Opfern und Täterinnen des Nationalsozialismus. Die zwölf Jahre Nationalsozialismus erschienen in diesem frauenpolitischen Nachkriegskonzept als Verirrung, die allein Männer verursacht hatten. Nach Meinung dieser Frauen hatten Frauen generell keine Schuld an den NS-Verbrechen, hatten die Frauen in dieser Zeit doch ihre „sittlichen, gefühlsbetonten und mütterlichen“ Eigenschaften verleugnen müssen. Frauen, die sich dem Regime zur Verfügung gestellt hatten, seien nur verführt worden und gewissermaßen als Opfer anzusehen. Nun gehe es darum, bei diesen von Männern auf die schiefe Bahn gelenkten Frauen das Verständnis für spezielle weibliche Aufgaben im demokratischen Staat zu wecken und sie dafür zu gewinnen. Dass Frauen im „Männerstaat“ des Nationalsozialismus aber nicht nur auf die Rolle von „Heldengebärerinnen“ festgelegt und von politischer Mitbestimmung ausgegrenzt worden waren, dass es sehr wohl auch Frauen gegeben hatte, die dem Unrechtsstaat gedient hatten – z. B. in der Funktion von Fürsorgerinnen an der Selektion „unwerten Lebens“ aktiv beteiligt gewesen waren oder als Aufseherinnen in Konzentrationslagern die Inhaftierten drangsaliert hatten –, wurde diesen „Frauen der ersten Stunde“ in ihrer ersten Euphorie über die Möglichkeit weiblicher Mitsprache nicht bewusst. Und so kam es, dass der neugegründete Frauenring zwar vorhatte, keine ehemaligen Angehörigen der NSDAP als Mitglieder aufzunehmen, dies aber scheinbar nicht konsequent genug durchsetzte. Denn als die Militärregierung die gewählten Vorstandsdamen des Frauenrings bestätigen sollte, gab es einige Schwierigkeiten. Nach einer Aussage der Oberschulrätin und damaligen Vorsitzenden des „Hamburger Frauenringes“, Olga Essig, ließ die Militärregierung einige Frauen wegen ihrer aktiven Rolle im Nationalsozialismus als Vertreterinnen des Hamburger Frauenringes nicht zu.
In der „bereinigten“ Form wurde der „Hamburger Frauenring“ dann als Neuauflage des einstigen „Stadtbundes hamburgischer Frauenvereine“ während der Weimarer Republik und als Vorläufer des späteren „Landesfrauenrings“ ein viele Frauenvereine und –verbände umfassendes Instrument der Kontinuität der Frauenbewegung. Neu war an dem Bemühen dieses parteipolitisch neutralen Frauenringes, die während der Zeit der Weimarer Republik vorherrschende Trennung von bürgerlicher und sozialdemokratischer Frauenbewegung zugunsten einer einheitlichen Interessenvertretung aufzuheben. Eine Aufarbeitung der „eliminierten“ Jahre des „Dritten Reiches“ fand in diesem Rahmen nicht statt.
Ende der 1940er-Jahre besaß der „Hamburger Frauenring“ etwa 10.000 bis 15.000 weibliche Mitglieder. In ihm waren Frauenbildungs- und Frauenkulturvereine, Frauenberufsverbände, soziale Frauengruppen sowie allgemeine Frauenzusammenschlüsse wie die „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (IFFF) zusammengeschlossen. „Der korporative Beitritt der Frauengruppen von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen war nicht gestattet“, ((Karen Hagemann/Jan Kolossa, “Gleiche Rechte – gleiche Pflichten?“, Hamburg 1990, S.216.) denn der „Hamburger Frauenring“ vertrat die Ansicht, parteipolitische Gegensätze, die unweigerlich auftreten würden, wären Frauengruppen der Parteien in „neutralen“ Frauenverbänden vertreten, würden sich negativ auf die Frauenverbände auswirken und zu „einer Schwächung der außerparlamentarischen Frauenbewegung führen“. (50 Jahre „Hamburger Frauenring“ 1946-1996.)
Allerdings gab es damals Ende der 1940er-Jahre von Seiten der britischen Militärregierung, so von Barbara Bliss, Women's Affairs Officer in Hamburg, eine andere Sicht auf den Hamburger Frauenring. Sie meinte, „daß der Hamburger Frauenring vor Ort gar nicht als überparteilich wahrgenommen, sondern als, 'shadow of the SPD' betrachtet würde. (..) Weil der Hamburger Frauenring seine Arbeit stärker auf die politische Bildung konzentriere als andere Frauenringe, habe er es schwerer 'free from politics' zu bleiben.“ (Nadine Freund: Die Verwaltungsjuristin Theanolte Bähnisch (1899-1973) und der Deutsche Frauenring. Vom reformorientierten Preußen zur bundesdeutschen Westbindung - eine Wirkungsgeschichte. Bielefeld 2018, S. 891.) Nadine Freund schreibt dazu weiter in ihrer Dissertation: „Eine Erklärung, warum der Frauenring Hamburg als SPD-dominiert hatte wahrgenommen werden können, liegt darin begründet, daß die Sozialdemokratin OLga Essig ihn leitete.“ (ebenda.)
Die Hauptziele des Frauenrings nach 1949 waren: „Heranbildung der Frau als Staatsbürgerin, ihre Gewinnung zur stärkeren Teilnahme am öffentlichen Leben, Stärkung ihres Einflusses in Politik, Wirtschaft und Kultur, Förderung eines gesunden Familienlebens, Mitarbeit in allen sozialen Fragen, Verwirklichung der im Grundgesetz garantierten gleichen rechtlichen Stellung von Mann und Frau und gleicher Wertung ihrer Arbeit, Schutz der Menschenrechte, Zusammenarbeit mit den Frauen anderer Länder, Sicherung eines dauernden Friedens.“ (50 Jahre „Hamburger Frauenring“ 1946-1996.)
„Anfang der 1980er-Jahre hielt die Informationstechnologie ihren Einzug in Wirtschaft und Verwaltung. Die Frauenerwerbslosigkeit war hoch, die Teilnahme von Frauen an Weiterbildungsmaßnahmen gering. Um diesem Mangel abzuhelfen, entstand [beim Hamburger Frauenring] die Hamburger Arbeitsgruppe ‚Technikbildung für Frauen von Frauen‘. Beim Entwerfen eines EDV-Weiterbildungskonzeptes befasste sich das Arbeitsteam zusätzlich mit zwei Forschungsergebnissen:
1. Viele Frauen gehen technische Probleme, also auch die Computertechnik eher ganzheitlich und anwendungsbezogen an.
2. Frauen erzielen in gewissen Lernphasen bessere Ergebnisse in getrennt-geschlechtlichem Unterricht.
Beide Einsichten wurden in der Didaktik und Methodik der Computerkurse des FrauenTechnikZentrums (FTZ) umgesetzt (…).“ (siehe unter: FrauenTechnikZentrum). (50 Jahre Hamburger Frauenring 1946-1996. S. 6f.)
Der Hamburger Frauenring besteht noch heute und ist Mitglied des Landesfrauenrates Hamburg. www.hamburger-frauenring.de
Als seine Ziele gibt er heute an:
„Der Landesverband Hamburger Frauenring e.V.
- ist nicht parteigebunden, sondern arbeitet überparteilich und überkonfessionell
- bietet Ihnen politische und kulturelle Vorträge, Besichtigungen, Arbeitskreise und Seminare an und vermittelt somit vielseitiges Wissen
- gibt Ihnen die Möglichkeit, zu anderen interessierten Frauen Kontakt aufzunehmen, nicht nur in Hamburg, sondern in Deutschland, Europa und der Welt
- motiviert Frauen zur Mitarbeit auf Gebieten des öffentlichen Lebens
- vertritt die Interessen seiner Mitglieder in der Zusammenarbeit mit den Abgeordneten auf Bezirks- und Landesebene.
(…) Der Hamburger Frauenring organisiert viele Veranstaltungen, die den Mitgliedern eine große Auswahl an Information in politischen und kulturellen Bereichen ermöglichen.“ www.hamburger-frauenring.de/index.php/component/content/category/9-wir-ueber-uns
Ein aktuelles Projekt ist der „Beruflicher Auf- und Umbruch für Frauen“. „Mit dem Konzept möchten wir Frauen erreichen, die sich mit ihrer eigenen beruflichen Laufbahngeschäftigen, die in Veränderungsprozessen stecken, Orientierung suchen und ihre Stärken und Ressourcen entdecken. (…) Seit 2014 findet dieser Workshop für Frauen unter dem Dach des Deutschen Frauenrings in Kooperation mit Frau und Arbeit in Hamburg statt.“ www.dfr-niedersachsen.de/hamburg
Text: Rita Bake