Paulsenstiftschule
Mädchenbildung
Pumpen 37
(siehe auch Portrait von Anna Wohlwill), langjährige Leiterin der Schule
Siehe auch Portrait von Hanna Glinzer, Schulleiterin
Siehe auch Portrait von Johanna Goldschmidt
Die Straße Bei den Pumpen lag im 19. Jahrhundert in einem Arbeiter- und Armenviertel und verlief direkt auf den Meßberg zu, auf dem ein reges Markttreiben herrschte. Nach der Choleraepidemie im Jahre 1892 wurde die damalige Wohngegend zum größten Teil abgerissen, und es entstand ein Kontorhausviertel. Heute beeindruckt das 1922/24 errichtete Chilehaus mit seiner scharfen Bugspitze und geschwungenen Südfassade und der zur selben Zeit gebaute Meßberghof mit seinem „kristallsplittrigen Dekor der Eingänge“, [1] so Ralf Lange in seinem Architekturführer Hamburg.
Schräg gegenüber dem heutigen Chilehaus befand sich damals die Paulsenstiftschule, eine Armenschule, die 1866 Hamburgs erste höhere Mädchenschule wurde. Dafür sorgten die Vertreterinnen der ersten Frauenbewegung um Emilie Wüstenfeld. Auf dem Lehrplan standen neben den so genannten typischen Fächern wie Handarbeiten und Hauswirtschaftslehre auch naturwissenschaftlicher Anschauungsunterricht und Englisch. 1867 kamen die Fächer Gymnastik, 1868 Pflichtenlehre, 1869 Maschinennähen und 1870 Französisch hinzu. Bereits 1866 und 1867 waren eine Lehrerinnen- und eine Schülerinnenbücherei und eine Zeitschriftensammlung angelegt worden.
Der 1865 maßgeblich von Emilie Wüstenfeld mitbegründete Verein zur Förderung weiblicher Erwerbsarbeit hatte sich zur Aufgabe gemacht, eine Gewerbeschule für Mädchen einzurichten. Diese wurde mit einer einzigen „Industrieklasse“ im Paulsenstift eröffnet, wechselte aber schon 1868 in größere Räume an den Großen Burstah (siehe weiter dazu unter Gewerbeschule für Mädchen sowie unter Marie Glinzer.)
Die Paulsenstiftschule verfügte 1880 über acht Klassen mit insgesamt 369 Schülerinnen. Wegen der ständigen Verbesserung ihres Unterrichts wurde die Schule 1881 in die Sektion für höhere Schulen aufgenommen. Die endgültige Anerkennung als höhere Mädchenschule erhielt die Schule 1893, als sie aus Platzmangel in die Bülaustraße 20 auf ein staatliches Grundstück gezogen war.
Ostern 1894 war die Paulsenstiftschule neunstufig, hatte 562 Schülerinnen und verfügte über vierzehn Klassen. Schon zwei Jahre später war die Anzahl der Schülerinnen auf 760 gestiegen, und es waren drei weitere Klassen hinzugekommen. Ein weiteres Jahr später konnte das zehnte Schuljahr eingeführt werden.
Mit der Anerkennung als höhere Mädchenschule war die Schule des Paulsenstiftes „halböffentlich“ geworden. Sie diente nun als Ersatz für eine fehlende staatliche höhere Mädchenschule. Auch wurde eine Freistellenstiftung gegründet, die zwanzig ganze und fünfzig halbe Freistellen an begabte Mädchen aus ärmeren Familien vergab.
Seit ihrem Bestehen bot die Schule eine Ferienerholung für ihre ärmeren Schülerinnen an. 1882 wurde deshalb die Ferienstiftung der Schule des Paulsenstiftes gegründet. Sie zahlte für 47 Schülerinnen den Ferienaufenthalt bei Bauern in der Umgebung Hamburgs. Doch weil nicht jede Unterkunft bei einem Bauern vorbildlich war, plante die Paulsenstiftschule die Errichtung eines eigenen Erholungsheims. Am 7.6.1896 war es so weit.
Frau Laura Beit, geb. Hahn (28.10.1824 Hamburg – 30.4.1918 Hamburg), Tochter des Hamburger Kaufmanns Heymann Hahn und Gattin des Hamburger Kaufmanns Siegfried Beit, hatte dem Paulsenstift ein Ferienerholungsheim am Timmendorfer Strand gestiftet. Es wurde Olgaheim genannt, nach der verstorbenen Tochter der Stifterin.
Text: Rita Bake